Das erste mal, als ein Mann die Tricks eines Pick-up-Artists an mir ausprobierte, reagierte ich in keinster Weise so, wie sein Pick-up-Guru es ihm versprochen hatte. Ich war nicht "fasziniert". Ich empfand keinerlei Drang, ihm "zu gefallen". Und ich sank nicht sofort auf die Knie, um ihn sexuell zu befriedigen – was, kein Witz, als mögliches Ergebnis vorausgesagt wurde. Stattdessen bin ich weggegangen. Dem Jargon der Pick Up Artists nach zeigte ich mein "Bitch-Shield".
Es war 2010 und ich war Single in New York, was bedeutete, dass auf jeder Party mindestens einer meiner Freunde drauf bestand, mich mit irgendwelchen Leuten bekanntzumachen, die ich "definitiv toll finden würde", selbst wenn unsere einzige Gemeinsamkeit aus der gleichen Arbeits-Branche bestand. So stieß ich auf einer einer Party auf einen 30-jährigen Typen, der bei GQ arbeitete. Er fragte mich nach meinem Job. Ich antwortete und er lachte. Er fragte, wo ich wohnte. Ich antwortete und er machte sarkastische Kommentare. Als er danach fragte, wo ich aufgewachsen bin, dachte ich auf seine Reaktion schon vorbereitet zu sein. Doch ich lag falsch.
"Ah, die Ecke kenne ich“, feixte er. „Da habe ich eine Zeitlang Kinder unterrichtet. Aber ich konnte mich nicht dazu durchringen, diesen verwöhnten Kids unter die Arme zu greifen und mich mit diesen absolut dummen Eltern auseinanderzusetzen. Und, kann ich deine Nummer haben?“ Ich sagte ihm, er solle meinen Butler fragen und ging weg.
Ich dachte, er sei einfach ein einzelner Idiot gewesen, aber wieder lag ich falsch. Da war dieser 50-jährige Nachrichtenredakteur ("Du arbeitest für eine britische Zeitung? Tut dir dein Handgelenk schon weh, vom ganzen Abtippen der New York Times-Webseite?"). Der 25-Jährige von einem hippen Literaturmagazin ("Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du ein Gesicht wie ein Kaninchen hast?“). Der 45-jährige Kunstkritiker ("Ich mache eine Party. Vielleicht solltest du lieber nicht kommen – es wird ziemlich intellektuell"). Irgendwann meinte ich zu einer Freundin, dass alle Männer dieser Stadt Idioten zu sein schienen. Sie rollte mit den Augen: „Das ist dieses Negging-Ding. Alle machen das jetzt.“
"Negging" ist ein verbaler Seitenhieb, eine Negativ-Anmache – oder, wie wir sagen würden, eine Beleidigung. Pick-Up-Artist lehren ihrem Gefolge, dass wenn man eine Frau ordentlich beleidigt, sie fasziniert sei und in dir eine Herausforderung sähe – oder, wie wir sagen würden, einen Volldeppen. Die PUA-Mentalität sieht vor, dass Frauen psychisch (manchmal auch physisch) dahingehend manipuliert werden, mit den Männern Sex zu haben.
Nach all den Geschichten über Dapper Laughs, eine vom Komiker Daniel O’Reilly kreierte Figur, die als Satire auf Pick-Up-Artists gelesen werden kann (aber nicht eindeutig eine ist), und dessen Show nach tausenden Beschwerden eingestellt wurde und nach Julien Blanc, einem richtigen Pick-UP-Artist, der nach Protesten gegen seine Seminare Australien verlassen musste, scheint der richtige Zeitpunkt gekommen, unsere Aufmerksamkeit woanders hinzulenken: Von den wahren und lächerlichen O’Reillys und Blancs (Blanc besonders, denn er sieht aus wie ein menschliches Arschloch) und ihren vielen Fans, die nicht so leicht von der Hand zu weisen sind.
Es ist einfach, Männer nicht ernst zu nehmen, die zu Dapper Laughs aufschauen, ihn um Rat bitten oder 3000 Dollar bezahlen, um eins von Blancs "Bootcamps" zu besuchen. Das sind alles Sci-Fi-Idioten und Warcraft-Weirdeos. Natürlich denkst du das von Leuten, die sich sprüchetechnisch auf einer Skala von „Sagt ihr, dass sie ihre Fotze auspacken soll!“ (Dapper Laughs) bis hin zu „Befehlt ihr, auf die Knie zu fallen, euch Master zu nennen und nach Küssen anzubetteln!“ (Julien Blanc) bewegen. (Ihr habt vielleicht die gewisse Übereinstimmung der Einstellungen zu Frauen bemerkt, die von diesen zwei Herren gepflegt werden). O'Reilley versuchte sogar, sich von seinen Fans zu distanzieren, als er bei der Newsnight mit seinem schwarzen Ich-nehme-das-alles-sehr-Ernst-Rollkragen auftrat. "Diesen Humor fanden bestimmte Bevölkerungsgruppen gut", grübelte er ernst. "Ich dachte nicht, dass so viele das sehen würden." Tatsache. Ein Publikumsgast, der zu dieser bestimmten Bevölkerungsgruppe gehört, war O'Reillys Vater. Er twitterte seinem Sohn, dass eine weibliche Autorin, die ihn kritisierte, "zu hässlich ... zum vergewaltigen" sei. Man kann sich seine Familie nicht aussuchen, stimmt's Daniel?
Wie O'Reilley kann ich mir vorstellen, dass eine ganze Menge Leute über den Erfolg Dapper Laughs und dem Rest des Stalls überrascht ist. Sie alle liegen falsch. Ich würde mein "Bitch-Shield" darauf verwetten, dass es in jedem Büro dieses Landes eine Handvoll Männer gibt, die zumindest mit dem Gedanken gespielt haben, die Strategien der Pick-Up-Artists anzuwenden. Das sind die Männer, die es Frauen mit einem freien Willen übel nehmen, wenn sie bei ihnen abblitzen. Und die sie gerne entsprechend manipulieren würden. Noch sehen sie aus wie ganz normale Männer. Natürlich gibt es Extreme, wie den 22jährigen Elliot Roger, der Anfang des Jahres sechs Menschen ermordet hat und dessen Manifest sich wie eine PUA-Anweisung liest. "Ihr Mädchen findet mich nicht attraktiv, aber dafür werde ich euch bestrafen". Das ist nicht weit entfernt von den Sprüchen, die man auf PUA-Seminaren zu hören bekommt.
Er war zweifelsohne ein Extrem. Die meisten Männer, die sich an Pick-Up-Artists orientierten, sind nur normal aussehende Typen mit einer inneren Wut auf selbstbestimmte Frauen. Die Popularität der Pick-Up-Artistst und Dapper Laughs ist ein Rückschlag für den Feminismus. In dieser Entwicklung zeigt sich zunehmend ein infantiler Frauenhass.
Glücklicherweise funktionieren diese Techniken, trotz der 3.000 Dollar-Preise und Versprechungen, bei der überwiegenden Mehrheit der Frauen nicht. Eine Frau postete kürzlich eine Konversation auf Tinder, die sie mit Julien Blanc hatte und in welcher er sie in einem Monolog wiederholt um Sex anbettelte:
„Ich verspreche normal zu sein.“
„:)“
„Bitte Antworte.
„Du solltest froh, dass ich deine Existenz bemerke du Hure Lass dir einen Bart wachsen, pffff “
„Bitte ignorier das :)“
„Entschuldige, ich bin einfach sehr verzweifelt.“
„Warum willst du nicht mir schlafen?“
„Ist irgendetwas falsch mit mir?“
Und, schwupps, beantwortete er seine eigene Frage.
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