Ganz schön dünn

Hungerhaken Nach den Magermodels jetzt die Magerpuppen: In Großbritannien gibt es Streit um dürre männliche Schaufensterpuppen. Verleiten sie junge Männer dazu, sich totzuhungern?

Aktivisten gegen Essstörungen haben Schaufensterpuppen-Hersteller dafür kritisiert, super-dünne männliche Modelle gebaut zu haben, die labile Männer dazu verleiten könnten, sich – wie bei Frauen schon geschehen – zu Tode zu hungern. Kommenden Monat wird die britische Firma Rootstein ihre Young-and-Restless-Kollektion vorstellen, zu der eine Schaufensterpuppe mit einem Brustumfang von 35 Inch und einer Taille von 27 Inch gehört – 11 Inch weniger als der durchschnittliche britische Mann.

Das Unternehmen sagt, die Puppen seien nach dem Vorbild von Teenagern entworfen worden, die nicht an Essstörungen litten, aber hervorragend geeignet dafür seien, die hautengen Skinny-Jeans und andere schmale Schnitte zu präsentieren, die durch Stars wie Russell Brand beliebt geworden sind. Der gemeinnützigen Organisation B-eat zufolge, die sich um Menschen mit Essstörungen kümmert, leiden immer mehr Männer an Anorexie und Bulemie.

Männer sind genauso unsicher wie Frauen

Die Puppen vermittelten ein unrealistisches Bild, sagte ein Beat-Sprecher: „Immer mehr Männer kommen mit Essstörungen zu uns, die sie entwickeln, weil sie versuchen, ein bestimmtes Körpermaß und eine bestimmte Figur zu erlangen. Männer haben heute mit den gleichen Unsicherheiten in Bezug auf ihre Körper zu kämpfen wie Frauen. Unrealistische Bilder – wie eben diese Puppen – kommen in der Modewelt und den Medien immer noch sehr häufig vor und der Druck, der durch sie erzeugt wird, kann bei jungen und verletzlichen Menschen zu einem niedrigen Selbstvertrauen führen.“

Kevin Arpino, Creative Director bei Rootstein, der die Young-and-Restless-Reihe entworfen hat, wies jedoch die Vorstellung zurück, seine Puppen könnten Essstörungen Vorschub leisten. „Es handelt sich um eine Kollektion, die sich an den herrschenden Modetrends für Skinny Jeans und sehr enge Schnitte ausrichtet, wie man sie bei allen Firmen von Topman bis Gucci und in trendigeren Magazinen wie Número sehen kann. Keiner der Jungen, die wir als Modelle benutzt haben, war auch nur im entferntesten magersüchtig. Das waren ganz normale Teenager – der älteste war, glaube ich, 20. Es handelt sich um einen Trend, den man bei Rockstars und anderen Prominenten beobachten kann: Russell Brand ist da nicht ganz unschuldig. Aber ich bin mir sicher, dass auch die Zeit für muskulösere Typen wieder kommen wird.“

Keine Jeans für muskulöse Männer

In der vergangenen Saison, so Arpino, seien die Maße noch größer gewesen, 38 Inch Brustumfang und 30 Inch Taille, doch die Nachfrage nach dünneren Modellen steige zunehmend. Dov Charney, Geschäftsführer der Jugendmode-Marke American Apparel, sagt, es sei zunächst äußerst schwierig gewesen, Schaufensterpuppen zu finden, denen die Kleidung seiner Marke gepasst hätten. „All die Puppen da draußen sind Muskelpakete, denen nicht einmal unsere größten Größen passen“, zitiert ihn das New York Magazine.

Nur für kurze Zeit!

12 Monate lesen, nur 9 bezahlen

Geschrieben von

Helen Pidd | The Guardian

Der Freitag ist Syndication-Partner der britischen Tageszeitung The Guardian

The Guardian

Freitag-Abo mit dem neuen Roman von Jakob Augstein Jetzt Ihr handsigniertes Exemplar sichern

Print

Erhalten Sie die Printausgabe zum rabattierten Preis inkl. dem Roman „Die Farbe des Feuers“.

Zur Print-Aktion

Digital

Lesen Sie den digitalen Freitag zum Vorteilspreis und entdecken Sie „Die Farbe des Feuers“.

Zur Digital-Aktion

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Unabhängiger und kritischer Journalismus braucht aber Unterstützung. Wir freuen uns daher, wenn Sie den Freitag abonnieren und dabei mithelfen, eine vielfältige Medienlandschaft zu erhalten. Dafür bedanken wir uns schon jetzt bei Ihnen!

Jetzt kostenlos testen

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden