General „Hemedti“ fordert als Außenseiter das sudanesische Establishment heraus
Reportage Die Bevölkerung Sudans hat jahrzehntelang versucht, die Militärherrschaft abzuschütteln. Nun findet sie sich in einem tödlichen Machtkampf zwischen ehemaligen Verbündeten wieder, die zu erbitterten Gegnern wurden
Als ich Ende Februar in Khartum landete, wirkte die Stadt angespannt. Auf der kurzen Fahrt zu meinem Elternhaus in einem Vorort wurde unser Auto zweimal an Checkpoints angehalten, die erst kurz zuvor entstanden waren. Aber ein Fahrzeug voller Frauen – meine Mutter, meine Schwester und ich – konnte eindeutig keine Bedrohung sein, nach der die Posten Ausschau hielten. So durften wir denn passieren. Dabei hinterließ die Besatzung des Kontrollpunkts nicht unbedingt den Eindruck einer regulären Einheit. Einige der Männer waren in Zivil, andere in Militäruniform, wieder andere schienen Polizisten zu sein. Man wusste weder genau, mit wem man es zu tun hatte, noch wovor sie womöglich Angst hatten.
Die einzige Gemeinsamkeit bestand offenkundig in einem Zustand n
ffenkundig in einem Zustand nervöser Aufmerksamkeit. Keinem in der Stadt konnte entgehen, wie die Spannungen zwischen den beiden mächtigsten Männern des Landes unablässig zunahmen – zwischen General Abdel Fattah al-Burhan, dem Chef der Armee, und seinem Stellvertreter, General Mohamed Hamdan Dagalo – bekannt als „Hemedti“ –, Kommandeur der paramilitärischen Rapid Support Forces (RSF). Beide hatten sich im Oktober 2021 auf eine Art Machtteilung geeinigt, nachdem sie einen Putsch betrieben hatten, der alle zivilen Politiker aus der Übergangsregierung vertrieben hatte, die sich nach dem Sturz von Langzeitdiktator Omar al-Baschir am 11. April 2019 gebildet hatte. Schuss in die Brust Aber die Allianz der Obristen sollte bald zerbrechen. Beide begannen, einander mit Argwohn zu beobachten und sich mit Schmähung zu überziehen. Bereits im Februar wuchs die Angst, dass es zwischen den Kontrahenten zu einem Schlagabtausch kommen würde, der das Land in einen bewaffneten Konflikt stürzen könnte. Trotzdem ging das Leben weiter. Neben der starken Präsenz von Sicherheitskräften existierte eine resistente Hauptstadt. Sie wurde von tatkräftigen Familien und Gemeinschaften über Wasser gehalten, die ihre Ressourcen dann vereinten, wenn die öffentliche Infrastruktur zusammenzubrechen drohte. So leuchteten Khartums Geschäfte und Restaurants weiter bis spät in die Nacht hinein, warf der Überlebensmut seine Farben auf die zahlreichen Checkpoints. Als wir seinerzeit kurz vor Tagesanbruch unser Viertel erreichten, hing ein einzelnes helles, provisorisches Licht über einem Tisch am Straßenrand, um den sich einige Teenager aus der Nachbarschaft versammelt hatten und Karten spielten.In den Wochen danach wurde die Verunsicherung spürbarer. Die Proteste gegen die Militärherrschaft, zu denen es seit dem Putsch vom 25. Oktober 2021 immer wieder gekommen war, gingen weiter. Anfang März wurde in Khartum durch ein Video festgehalten, wie ein Armeeoffizier einem Demonstranten aus nächster Nähe in die Brust schoss und ihn tötete, ein Drama, wie es sich seit dem Putsch mehrfach abgespielt hatte. Nicht zuletzt ein Indiz dafür, wie die Spannung und Nervosität innerhalb und zwischen verschiedenen den Sicherheitskräften weiter zunahmen. Placeholder image-1Den Einheimischen blieb nicht verborgen, was sich zusammenbraute. Über WhatsApp und durch Telefonate wurde gewarnt und dazu aufgefordert, bestimmte Viertel und Straßen zu meiden, die von wütenden Bürgern und patrouillierenden Sicherheitskräften blockiert waren. Es mussten alternative Routen gefunden werden, wenn Menschen zu Hochzeiten oder Beerdigungen, zur Arbeit oder zu Freunden unterwegs waren.Unterdessen steigerten sich die beiden Generäle in Wortgefechte hinein und versuchten, den Volkstribun zu geben. Hemedti griff die auf Video festgehaltene Schießerei auf und forderte, den Offizier, der den Demonstranten getötet hatte, in einem ordnungsgemäßen Verfahren vor Gericht zu stellen. Und Hemedtis Bruder ergänzte, dass „seine Streitkräfte von jetzt an“ die Tötung oder Festnahme von Demonstranten nicht mehr zulassen würden. General Burhan behauptete, indem er den Finger auf einen machthungrigen Hemedti richtete, dass die Armee nun bereit sei, sich vollständig aus der Politik zurückzuziehen und den Kreislauf der „Unterstützung diktatorischer Regierungen“ zu durchbrechen. Keiner glaubte daran. Scheinbar über Nacht Ich verließ den Sudan Mitte März. Etwas mehr als sechs Wochen, nachdem ich an den Karten spielenden Jungen vorbeigekommen war, wurde die Straße, die wir seinerzeit entlanggefahren waren, von einer Rakete getroffen, die ein Militärflugzeug abgefeuert hatte. Und dann ging alles sehr schnell. Beide Konfliktparteien behaupten, sie seien provoziert worden und hätten keine Wahl mehr. Die entscheidenden Schritte jedoch wurden von den Rapid Support Forces (RSF) unternommen. Am 15. April erhielt ich Nachrichten von Freunden und meiner Familie in Khartum, aus denen hervorging, dass ständig Schüsse zu hören seien. Innerhalb weniger Stunden hatten die RSF den Flughafen eingenommen. Zivilflugzeuge auf der Asphaltpiste wurden getroffen. Zwei Passagiere starben in ihren Sitzen. RSF-Truppen posteten Videos von anderen Flughäfen und Orten im Land, auf denen zu sehen war, dass sie ihre Maschinengewehre triumphierend in die Höhe hielten. Kurz nach Beginn der Gefechte, als der Schrecken den Bürgern in die Glieder fuhr, gab Hemedti dem Sender Al Jazeera ein Interview. Er schmähte Burhan als einen Verbrecher, der das Land zerstören wolle. Er werde verhaftet, vor Gericht gestellt oder „wie jeder Hund sterben“.Hemedti, der vier Jahre zuvor das erste Mal auf der nationalen politischen Bühne in Erscheinung getreten war, zog in kurzer Zeit die Armee und das gesamte Land in eine beispiellose Konfrontation. Die regulären Streitkräfte standen im Krieg mit einer großen paramilitärischen Macht, die sie nicht beherrschen, und einem militärischen Führer, den sie nicht kontrollieren konnten. Die Seiten gewechseltWie war es dazu gekommen, dass Hemedti scheinbar über Nacht die Politik des Sudan in seinen Bann zog? Dieser Mann, damals 44 Jahre alt, wurde erstmals nach der sudanesischen Revolution von 2019, die Präsident Omar al-Bashir stürzte – einen Militärdiktator, der fast 30 Jahre lang regierte – zu einer national bekannten Persönlichkeit. Bis dahin war er ein Milizionär, der für al-Bashir und im Auftrag der Zentralregierung mit einer Privatarmee Rebellionen im Westen des Landes niederschlug. Im Februar und März 2019, als sich die Proteste gegen al-Bashir nicht länger wie gewohnt unterdrücken ließen, wurde Hemedti mit seinen Leuten herbeigerufen, um die Armee in Khartum zu unterstützen. Der entschloss sich im April 2019 zu einem nicht erwarteten Schritt, der zum Anfang eines bemerkenswerten politischen Aufstiegs werden sollte. Als Demonstranten das Militärhauptquartier in Khartum belagerten, um die Demission al-Bashir zu verlangen, kündigte Hemedti am 11. April 2019, gemeinsam mit dem Militär, seinem Gönner und Förderer die Gefolgschaft auf und schob ihn beiseite. Hemedti wechselte von der Rolle eines Milizenführers außerhalb von Khartum in die eines Führers der postrevolutionären Übergangsregierung in Khartum, die sich maßgeblich auf General Abdel Fattah al-Burhan, den Oberbefehlshaber der Armee, stützte. In den zwei folgenden, weiter angespannten Jahren teilte Hemedti die Macht mit der Armee und den politischen Parteien unter einem zivilen Premierminister, ein Zweckbündnis, das den Weg für demokratische Wahlen ebnen sollte. Dann aber kam es am 25. Oktober 2021 zum Putsch, bei dem die nichtmilitärischen Kräfte aus der Regierung entfernt wurden, was die Macht von Hemedti erneut wachsen ließ. Mit Auflösung der Übergangsregierung wurde er de facto sudanesischer Vizepräsident, ohne zivile Kontrollen und ohne Puffer zwischen sich und der Armee. Das verschaffte ihm eine enorme Exekutivgewalt, er hatte Zugang zum Haushalt des Landes und das Recht, den Sudan weltweit zu vertreten, sei es um Allianzen oder Handelsabkommen auszuhandeln.Dabei blieb Hemedti stets ein Außenseiter mit dem Anspruch, ein nationaler Anführer zu sein, der seinen Stil und eine persönliche Aura pflegt. Im Gegensatz zu allen anderen Führern oder Politikern äußert er sich fast ausschließlich in der Umgangssprache. Sein Arabisch ist von einem Akzent geprägt, der für die westlichen Stämme charakteristisch ist, die weit entfernt von den üblichen Domizilen sudanesischer Führer leben – den Militärquartieren und Elitesalons in Khartum. Hemedti ist volkstümlich, mit einem Funkeln in seinen Augen und einem teils schalkhaften Verhalten, das seinen Ruf als Schlächter Lügen zu strafen scheint. Sein Spitzname „Hemedti“, eine Verniedlichung von Mohammed, gilt als Anspielung auf ein kindlich wirkendes Gesicht.Goldminen in DarfurHemedtis unkonventioneller Hintergrund bedeutet auch, dass er zwar wenige Verbündete unter den politischen Eliten und hohen Militärs des Landes hat, aber Eigentümer attraktiver Goldminen ist und mit etwa 70.000 Kombattanten die größte Privatarmee Afrikas führt. Hemedti besitzt zusammen mit einem Familienclan ein Goldbergwerk, das in einem von ihm 2017 unter Kontrolle genommenen Gebiet in der Region Darfur ausgebeutet wird. Im Jahr 2018 erteilte Präsident Omar al-Bashir Hemedti die Erlaubnis, Gold abzubauen und zu verkaufen. Es handelte sich um Rechte, die bald auch auf andere goldreiche Gebiete im Süden, außerhalb von Darfur, ausgedehnt wurden. Laut einer Untersuchung von Reuters aus dem Jahr 2019 wurde das Gold unter Umgehung von Kapitalverkehrskontrollen exportiert und zu einem Vorzugskurs an die sudanesische Zentralbank verkauft. Was als Gewinn erwirtschaftet wurde, soll Hemedti und seine Familie zugeflossen sein oder wurde verwendet, um eine Expansion der RSF zu finanzieren. Ein Sprecher von Hemedti hat das gegenüber Reuters freilich energisch bestritten.Tatsache ist, der Sudan ist Afrikas drittgrößter Goldproduzent und zugleich eines der ärmsten Länder der Welt. Dabei ist es keineswegs so, dass Hemedti oder der Rest seiner Familie diskret mit dem angehäuften Vermögen umgeht. Hemedti sieht keinen Konflikt zwischen seiner politischen Rolle und seinen Geschäftsinteressen. „Ich bin nicht der erste Mann, der Goldminen hat“, sagte er 2019 der BBC. Und in einem 2022 veröffentlichten Video prahlte ein Cousin Hemedtis damit, dass aus den Dagalos „eine der reichsten Familien Afrikas“ geworden sei.Hemedti ist auch im Geschäft mit Söldnern tätig. Die RSF selbst ist eine undurchsichtige Söldnertruppe, die aus der Janjaweed-Miliz hervorging, die für ihre Gräueltaten im Darfur-Krieg bekannt ist, und sich zu einem gefürchteten Partner des sudanesischen Militärs entwickelt hat. In den vergangenen zehn Jahren hat er seine Soldaten, darunter einige Kinder, an arabische und afrikanische Regierungen vermietet, die Truppen für ihre eigenen Kriege benötigten.RSF-Soldaten im Jemen-KriegDie RSF ist nicht nur ein innenpolitisches Instrument und dient zum Geldverdienen, sie verleiht Hemedti auch geopolitische Macht. Durch die Entsendung seiner Truppen in den Jemen zur Unterstützung des Krieges Saudi-Arabiens und der Vereinigten Arabischen Emirate gegen die Houthi-Rebellen – 2017 waren Berichten zufolge bis zu 40.000 RSF-Soldaten im Jemen – sicherte sich Hemedti mächtige Verbündete. Nach der Revolution, die Bashir stürzte, schickten Saudi-Arabien und die VAE drei Milliarden US-Dollar, um die Militär-RSF-Junta zu stabilisieren. Diese Allianz erstreckte sich auch auf Libyen, wo 2019 1.000 RSF-Soldaten zur Unterstützung der mit den VAE verbündeten Truppen von Khalifa Haftar bei seiner Offensive auf Tripolis entsandt wurden.Die RSF hat Hemedti über Jahre hinweg scheinbar unantastbar gemacht. „Wenn man versucht, ihn mit Gewalt zu beseitigen“, sagte mir Amjed Farid, ein sudanesischer politischer Aktivist, als wir im Februar miteinander sprachen, „bedeutet das nur eines: Bürgerkrieg“. Zwei Monate später demonstrierte Hemedti in aggressiver Manier, dass er seine Truppen tatsächlich losschicken würde, wenn er sich bedroht fühlte.Niemand weiß, wann oder wo genau Hemedti geboren wurde. Wie bei vielen, die aus den Randgebieten des Sudan stammen, wurde sein Geburtsdatum nicht offiziell festgehalten, man schätzt ihn jedoch auf Ende 40. Er behauptet, im Sudan geboren zu sein, aber seine Familie, Mitglieder eines arabischen Stammes von Kamelhirten und Händlern, soll in den 1980er Jahren in die westsudanesische Region Darfur gekommen sein, nachdem sie vor Konflikten und Dürre im Tschad geflohen war.Unter KamelhändlernHemedti wuchs in Süd-Darfur auf, wo sich seine Familie schließlich niederließ. Er brach die Schule in der dritten Klasse ab und begann später, an den durchlässigen Grenzen des Sudan zu Libyen und Ägypten Geschäfte zu machen. Er behauptet, in seinen frühen Jahren Kamelhändler gewesen zu sein, obwohl es daran begründe Zweifel gibt. „Sie werden in ganz Darfur keine einzige Person finden, die Ihnen sagt, dass er Kamelhändler war“, sagt Neimat al Mahdi, der zu der Zeit, als Hemedti behauptet, mit Kamelen gehandelt zu haben, in Nord-Darfur lebte und jetzt in den USA wohnt, nachdem er vor dem Krieg in der Region geflohen ist. „Er war ein Wegelagerer. Mein Vater war ein leitender Verwaltungsbeamter in der Region. Alle Kamelhändler kamen in unsere Stadt, um ihre Waren zu versichern, bevor sie sie nach Ägypten und Libyen verkauften. Es waren bekannte Namen und Familien.“ Alle Kamele, die Hemedti schließlich besaß, so behauptete sie, „wurden bei Überfällen auf Kamelzüge auf ihrem Weg zur Grenze gestohlen“.Nach seinen Anfängen im Kamel- und Schafhandel expandierte er schließlich in den Verkauf von Möbeln und Schnickschnack. Irgendwann besaß er ein großes Möbelgeschäft in Nyala. Damit hätte Hemedtis Geschichte enden können – Schulabbrecher, nomadischer Reisender, Kamelhändler und Kleinunternehmer. Doch der Beginn der Rebellion in Darfur veränderte den Lauf der Dinge.Die große, landumschlossene Region liegt in einem Spannungsfeld verschiedener Klimazonen und Topografien. Im Süden gibt es Niederschläge und eine üppige Savanne, das Zentrum ist eine von Bergen umgebene Hochebene, und der Norden ist eine ausgedehnte Wüste. Die Geschichte und Identität Darfurs, das 1596 als islamisches Sultanat gegründet worden war, ist älter als der Staat Sudan, und wurde nie vollständig in den Sudan integriert. Die Region wird von der Zentralregierung nur wahrgenommen, wenn sie rebelliert und dann unterdrückt wird, bis sie sich unterwirft. Die einheimischen, sesshaften afrikanischen Völker von Darfur und die nomadischen Araber haben unterschiedliche Kulturen, Identitäten, religiöse Rituale und ethnische Hintergründe, haben aber jahrhundertelang weitgehend koexistiert. In den frühen 2000er Jahren jedoch führte der durch Klimawandel und Wüstenbildung ausgelöste Kampf um Ressourcen zu Konflikten zwischen den lokalen Gruppen. Der Zustrom von Waffen in den späten 1990er und frühen 2000er Jahren, zum Teil aus dem Bürgerkrieg im Tschad entlang der Grenze zu Darfur, ließ den Konflikt noch blutiger werden. Infolge der anhaltenden Dürre, aber auch der jahrzehntelangen Misswirtschaft der Zentralregierung, die arabische Stämme gegenüber anderen bevorzugte, wandten sich die verärgerten Mitglieder der nicht-arabischen Bevölkerung Darfurs 2003 der bewaffneten Rebellion gegen die Regierung zu.Bashirs Regime, das gerade erst einen langen Bürgerkrieg im Süden des Landes hinter sich gebracht hatte, beschloss, sich nicht direkt mit der Rebellenbewegung anzulegen. Stattdessen wandte es sich an eine berüchtigte Truppe arabischer Krieger, die Janjaweed, die dafür bekannt waren, afrikanischen Stämmen in der weitgehend gesetzlosen Region gewaltsam Land und Ressourcen abzunehmen. Die Janjaweed stammten aus demselben Milieu wie Hemedti – kamelhütende Nomaden aus dem Grenzgebiet zwischen Sudan und Tschad. In der sudanesischen Regierung fanden sie einen mächtigen Sponsor, der sie mit Waffen und Macht versorgen konnte.Ein Emir der JanjaweedIm Jahr 2003 schloss sich Hemedti, damals Ende 20, den Janjaweed an. In einem späteren Interview mit dem sudanesischen Fernsehen behauptete er, dass Mitglieder seiner Familie von Rebellen in Darfur getötet worden seien, was ihn dazu veranlasst habe, die Regierung zu kontaktieren und sich als Rekrut gegen die Rebellen anzubieten. Sein Wunsch sei es, die Kamelhandelsrouten seines Volkes zu schützen – und Araber, die seiner Meinung nach von afrikanischen Stämmen verfolgt würden.Hemedti, der bereits durch Familienmitglieder mit arabischen Milizen und durch das Kamelgeschäft mit anderen arabischen Interessen in der Region verbunden war, stieg in den Reihen der Janjaweed zu einem „Emir“ auf, der Einheiten anführte, die nichtarabische Bevölkerungsgruppen angriffen.„Die Zeit bis 2005 war eine sehr schwierige Zeit“, sagte mir Neimat al Mahdi. Sie lebte damals in der Stadt Kabkabiya und erlebte die Gräueltaten der Janjaweed aus erster Hand. Sie seien in ein Dorf eines afrikanischen Stammes eingedrungen, hätten alle Männer auf der Stelle getötet und die Frauen vergewaltigt. Dann sagten sie zu den Frauen: „Du solltest feiern, du Sklavin. Du wirst einen Araber zur Welt bringen.“Als Kommandeur der Janjaweed pflegte Hemedti ein Image, das dem Mythos des Wüstenkriegers entsprach: Er zog sich einen Turban über das Gesicht, trug Wüstenkleidung und präsentierte sich als charismatische Figur, die stammesübergreifend rekrutiert und für die Rechte der Menschen kämpft. Die Wahrheit ist vielleicht etwas prosaischer. Es gibt kaum Anzeichen dafür, dass Hemedti jemals leidenschaftlich für das Ideal der Selbstbestimmung eingetreten ist. Er scheint schon immer ein gewiefter Stratege gewesen zu sein, und als er sich dem bewaffneten Kampf anschloss, bediente er sich der Politik, um seine wirtschaftlichen Interessen zu verfolgen.In den folgenden Jahren nutzte Hemedti seine Macht in der Region, um immer mehr Unterstützung aus Khartum zu erhalten. Im Jahr 2007 erpresste er die Regierung mit der Drohung, sich der Rebellenbewegung anzuschließen, damit sie ihm mehr Mittel zur Verfügung stellte. Die Regierung kapitulierte, und nachdem ein Abkommen besiegelt war, war Hemedti auf dem besten Weg, nicht nur ein Emir in einer informellen Bande, sondern der Chef einer paramilitärischen Truppe mit Waffen, Uniformen und Budget zu werden. Später gab er zu, dass seine Drohungen nur ein taktischer Trick gewesen waren. „Wir sind nicht wirklich Rebellen geworden“, sagte er 2009 dem Journalisten und Forscher Jérôme Tubiana. „Wir wollten nur die Aufmerksamkeit der Regierung auf uns lenken und ihr sagen, dass wir hier sind, um unsere Rechte zu bekommen: militärische Ränge, politische Positionen und Entwicklung in unserem Gebiet.“Pragmatiker, nicht FreiheitskämpferDiese Herangehensweise unterscheide ihn von den übrigen Janjaweed, sagte mir Tubiana. Hemedti war ehrgeizig und hatte eine Begabung für Absprachen. Andere ranghohe Anführer waren weniger und eher rebellisch. Nach Tubianas Ansicht war Hemedti kein Freiheitskämpfer, sondern ein Pragmatiker, der die sich überschneidenden Konfliktlinien im Sudan nutzte, um seine Interessen durchzusetzen.Hemedti bekam von der Regierung, was er wollte: den Titel eines Brigadegenerals, offizielle Dienstgrade für seine Offiziere und eine große Finanzspritze – Startkapital für sein Unternehmen. Seine Truppen wurden dem mächtigen Nachrichtendienst der Regierung, dem National Intelligence and Security Service, unterstellt. Nur sechs Jahre nach seinem Beitritt zu den Janjaweed war Hemedti kein sonnenverbrannter freiberuflicher Söldner mehr, sondern ein Regierungsbeamter mit einem klimatisierten Büro. Im Laufe der nächsten Jahre vervielfachten sich Hemedtis Macht und Ressourcen. Doch sein bei weitem größter Trumpf wurde seine paramilitärische Armee, die RSF.Nach dem Wiederaufflammen der Aufstände gegen die sudanesische Zentralregierung in Darfur und anderswo beschloss Bashir 2013, aus der RSF unter Hemedtis Kontrolle eine offizielle Einheit zu machen. Zu diesem Zeitpunkt verfügte Hemedti bereits über eine große Truppe von Janjaweed, Söldnern und Stammesangehörigen. Mit diesem Schritt wollte Bashir diese Truppen legalisieren, was es ihm erleichterte, die militärischen Aktivitäten der Regierung an eine separate Armee mit einem eigenen Budget auszulagern. Für Bashir hatte die RSF zwei Funktionen: erstens als Prätorianergarde, die ihn vor Bedrohungen aus seinem eigenen inneren Kreis schützte, und zweitens als Instrument zur Unterdrückung abweichender Meinungen in den Randgebieten des Sudan. Dabei griff die RSF auf dieselbe brutale Taktik zurück, die die Janjaweed während des Darfur-Krieges angewandt hatten. Diesmal hatten sie jedoch mehr Waffen und Luftunterstützung durch die sudanesische Armee. In einem Bericht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch heißt es, dass die RSF im Jahr 2015 bei zwei Operationen gegen Zivilisten, die mit Rebellenstämmen in Verbindung stehen, „ein breites Spektrum an schrecklichen Übergriffen“ begangen hat, darunter „Folter, außergerichtliche Tötungen und Massenvergewaltigungen“.Die Attacke auf Demonstranten in KhartumIm Juni 2019 ging die RSF mit ähnlich brutalen Methoden gegen Demonstranten in Khartum vor. Nach der Absetzung von Bashir im April weigerten sich Tausende von Menschen, die an einem Sitzstreik vor dem militärischen Hauptquartier der Regierung im Zentrum Khartums teilgenommen hatten, sich zu rühren. Die Demonstranten gaben sich nicht mit dem zufrieden, was ihnen angeboten wurde: eine Regierung, die sich aus Bashirs Überresten in der Armee, der RSF und den Geheimdiensten zusammensetzt. Sie forderten die sofortige Einsetzung einer rein zivilen Regierung, die Rückkehr der Armee in die Kasernen und die Auflösung der RSF. Zu diesem Zeitpunkt hatten das Militär und die RSF die Geduld verloren und wollten eine weitere große, langwierige Protestbewegung, die auch ihre Macht bedrohen würde, nicht mehr dulden. Bashir war entbehrlich, sie aber nicht.In den frühen Morgenstunden des 3. Juni fiel der Strom aus, und das Sit-in-Camp wurde angegriffen, während die Demonstranten schliefen. Die von der RSF angeführten Sicherheitskräfte fuhren schnell in Pick-ups vor. Augenzeugenberichte und Hunderte von Smartphone-Videos hielten das Massaker fest. „Sie begannen zu schießen und Zelte in Brand zu setzen“, sagte mir einer der Demonstranten, Mohamed Madani. „Die Schüsse hörten nicht auf.“ Tage nach dem Angriff wurden Dutzende von Leichen, die mit schweren Gewichten behangen worden waren, aus dem Nil gezogen. „Ihr habt immer gerufen, das ganze Land sei Darfur“, sagte die Miliz nach dem Angriff und verspottete damit die Aufrufe der idealistischen Revolutionäre zur Solidarität mit Darfur in den berauschenden Anfangstagen des Aufstandes in Khartum. „Jetzt haben wir Darfur zu euch gebracht.“ (Hemedti hat bestritten, die Tötungen angeordnet zu haben.)Die Gesamtzahl der Opfer ist noch unbekannt. Es war ein traumatisches Ereignis in der jüngeren politischen Geschichte des Sudan, aber vom Ausmaß her war es klein im Vergleich zu dem, was die RSF und ähnliche Milizen mit Unterstützung der Regierung der sudanesischen Zivilbevölkerung in Darfur, Südkordofan und Blue Nile angetan hatten, ohne dass dies näher untersucht worden wäre.Abdalla Hamdok wird PremierministerDie Wochen nach dem Massaker vom Juni 2019 waren eine Zeit hektischer Verhandlungen zwischen der RSF, der Armee und den von den Kräften für Freiheit und Wandel (FFC) vertretenen zivilen Führern, die versuchten, eine Übergangsregelung auszuhandeln, die die Demonstranten besänftigen, das Land stabilisieren und einen neuen Kurs für den Sudan einschlagen sollte. Im Juli wurde eine Vereinbarung über die Teilung der Macht getroffen, und im August wurde ein ziviler Premierminister, Abdalla Hamdok, ernannt, der mit Hemedti und Burhan zusammenarbeiten sollte, um das Land in drei Jahren zu demokratischen Wahlen zu führen.Die Regierung stand auf wackligen Beinen. Nach einigen anfänglichen Erfolgen, wie der Streichung des Sudan von der US-Liste der Terrorstaaten und der Zusage eines Schuldenerlasses durch die Weltbank Ende 2020, wurden die RSF und das Militär der von Burhan so genannten „internen Kämpfe“ zwischen ihnen und der Zivilbevölkerung sowie zwischen den zivilen Parteien selbst müde. Mitte 2021 sagte mir jemand, der damals eng mit dem Premierminister zusammenarbeitete, dass die zivile Komponente „schwach“ und zersplittert sei und dass die Soldaten immer noch die letzte Kontrolle hätten. Zur gleichen Zeit erzählte mir ein anderer ziviler Regierungsmitarbeiter, dass Hamdok, ein sanfter Technokrat, der sich in internationalen Organisationen einen Namen gemacht hatte, nicht aggressiv genug war, um den beiden Generälen die Stirn zu bieten, und deshalb langsam an Glaubwürdigkeit verlor. Im Oktober 2021 hatten die Generäle genug, übernahmen die Macht und verhafteten den Premierminister und andere Mitglieder seines Kabinetts.Treffen mit Sergej LawrowDer Staatsstreich war kein Erfolg. Es kam zu Protesten, die gewaltsam niedergeschlagen wurden und dann wieder ausbrachen, Woche für Woche. Die internationale Gemeinschaft, die begonnen hatte, dem Sudan aus der Krise zu helfen, stellte ihre Unterstützung und Finanzierung ein. Die Afrikanische Union setzte die Mitgliedschaft des Sudan aus, und die Generäle sahen sich mit der Führung eines heftig unruhigen Landes und einer sich verschlechternden Wirtschaft konfrontiert, wobei sie sich auch gegenseitig nicht mehr voll vertrauen konnten. Hemedti begann zu vermuten, dass Islamisten aus Bashirs Regime die Armee infiltrierten. Er knüpfte enge Kontakte zu Russland und traf am ersten Tag der Invasion in der Ukraine mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow zusammen, aber das reichte eindeutig nicht aus, um seine Position gegenüber der Armee entscheidend zu stärken, weder durch umfangreiche Waffenkäufe noch durch finanzielle Unterstützung.Mitte 2022 begannen beide Generäle, erneut bei der zivilen Führung vorstellig zu werden, in der Hoffnung, dass ein neues Abkommen mit der Zivilbevölkerung ihnen etwas Zeit und Optionen verschaffen würde. Burhan musste herausfinden, wie er die Bedrohung durch die RSF beseitigen und sie unter das Dach der Armee bringen konnte. Hemedti musste einen Weg finden, wie er sich sicherer in den höheren Ämtern des Staates verankern konnte, z.B. indem er sich zur Wahl stellte, ohne Angst vor einem militärischen Hinterhalt zu haben, aber auch ohne seine Soldaten aufzugeben. Der FFC kehrte an den Verhandlungstisch zurück, und im Dezember 2022 unterzeichneten die zivilen Parteien ein Rahmenabkommen, das im April fertiggestellt werden sollte. Darin wurde der Zivilbevölkerung versprochen, dass die Generäle entgegen allen Geschehnissen der vergangenen zwei Jahre die Macht abgeben würden. Hemedti sollte jedoch bald erkennen, dass dies eine Falle war.Im Februar war ich in der Hoffnung nach Khartum gekommen, Hemedti zu treffen. Über ehemalige Mitglieder der Zivilregierung hatte ich Kontakt zu seinem Team aufgenommen, wurde aber gewarnt, dass Hemedti mir wahrscheinlich keine Audienz gewähren würde, weil ihn frühere Begegnungen mit der Presse verstimmt hatten. Nach der Revolution von 2019, die ihn ins Rampenlicht gerückt hatte, hatte Hemedti eine Medienkampagne gestartet, um sein Image aufzupolieren, aber er war mit den Ergebnissen nicht zufrieden. Er beauftragte eine kanadische PR-Firma für sechs Millionen Dollar im Voraus und öffnete sein großes Hauptquartier im Süden Khartums für Medienbesucher, bot ihnen Mahlzeiten an und erzählte ihnen, wie er und seine Truppen das Land vor der Anarchie gerettet hatten. Die Charmeoffensive hat nicht funktioniert. „Alles, was die Leute drucken wollten, war, dass er ein Mörder ist und keine Ausbildung hat“, sagte mir ein Mittelsmann, der ihn in der Vergangenheit einem westlichen Journalisten vorgestellt hatte.Spott-Memes über HemedtiWenn Hemedti empfindlich auf seinen Status als Außenseiter reagiert, ist der Spott, dem er im Sudan und insbesondere in Khartum ausgesetzt ist, wahrscheinlich nicht hilfreich. Eine Welle von Memes in den sozialen Medien verfolgt seine öffentlichen Reden und macht sich über seinen Akzent und seine Ausdrucksweise lustig. In Whatsapp-Gruppen kursieren Bilder von ihm, die ihn in seinen alten Tagen in Darfur zeigen, wie er verwahrlost aussieht und mit spöttischen Kommentaren versehen ist. Hemedti war ein Dorfclown im Hinterland der arabischen Eliten des Zentralsudan, der so genannten „Flussstämme“, Nachkommen von Arabern, die im 12. Jahrhundert von der arabischen Halbinsel einwanderten und sich mit der einheimischen Bevölkerung an den Ufern des Nils vermischten, der durch das Zentrum des Sudan fließt. Diese Gruppen, die seit der Unabhängigkeit 1956 die Regierung und die staatliche Bürokratie dominieren, sind nicht daran gewöhnt, dass Menschen wie Hemedti an der Spitze stehen. Indem er Bashir zum Rücktritt zwang, setzte Hemedti ein Abkommen außer Kraft, das die sudanesische Politik seit Generationen prägt. Die Eliten im Zentrum haben die politische Macht, und ihre Partner in der Peripherie setzen ihre Agenda durch, bleiben aber im Hintergrund.Ende Februar erhielt ich von meinen Kontakten eine überraschende Nachricht: Hemedti würde nun doch mit mir sprechen, aber nur in einem bestimmten Rahmen – auf seinem Bauernhof am Rande von Khartum und nicht in der RSF-Zentrale in der Stadt. Die Spannungen zwischen ihm und Burhan nahmen zu, als die Frist für den Abschluss des Rahmenabkommens im April näher rückte, und sie waren sich in einem wichtigen Punkt nicht annähernd einig – wann und wie die RSF in die Armee integriert werden sollte. Vor diesem Hintergrund wurde mir gesagt, dass Hemedti sehr daran interessiert war, seine Sicht der Dinge darzulegen. Doch Anfang März brach er plötzlich zu einer Reihe ungeplanter Auslandsreisen in die Vereinigten Arabischen Emirate und nach Eritrea auf – im Nachhinein betrachtet vielleicht ein Versuch, in der Region Unterstützung für seine Kampagne gegen die Armee zu gewinnen.In den nächsten Tagen, in denen wir auf Hemedtis Rückkehr warteten, verbrachte ich Zeit mit seinem engsten Kreis, der sich in plüschigen Büros und Villen in wohlhabenden Teilen der Stadt aufhielt, in Gebäuden, die allesamt hastig und teuer eingerichtet und erst seit kurzem bewohnt zu sein schienen. Die Personen, die ich traf, wurden von Leibwächtern, Fahrern und jungen weiblichen persönlichen Assistenten großzügig unterstützt. Trotz dieser Zurschaustellung von Reichtum schienen Hemedtis enge Verbündete sich selbst als mutige Außenseiter zu betrachten, die sich in den Schmelztiegeln der sudanesischen Kriege die Zähne ausgebissen haben, weit weg von der dekadenten Hauptstadt und ihrem korrupten Netzwerk der traditionellen politischen Eliten. Einer von ihnen erzählte mir, er sei vom Schauplatz eines Massakers in Darfur geflüchtet, um dann nach Khartum zu kommen und von der Dissonanz überwältigt zu sein, die Menschen essen, feiern und ihrem Leben nachgehen zu sehen, ohne zu wissen, was nur wenige Stunden entfernt in ihrem eigenen Land geschah.Die Eskalation in der HauptstadtSie alle bezeichneten Hemedti als missverstandene Figur, als großzügigen Mann, der sparsam lebte, sich um die Interessen des sudanesischen Volkes kümmerte und gegen die hinterhältige Propaganda von Burhan und seiner schattenhaften Kabale islamistischer Verbündeter ankämpfte. Sie behaupteten, dass ein „tiefer Staat“, bestehend aus den mächtigen Überresten von Bashirs Regime und der Armee, daran arbeitete, ihn zu beseitigen. Trotz all der Macht, die Hemedti angehäuft hatte, war er ein gestresster Mann, der belagert wurde, sagten sie. Er hatte erkannt, dass Truppen, Geld und Waffen nicht ausreichten, um ihn an der Macht zu halten.Anfang April, als die Frist für den Abschluss des Abkommens mit der Zivilbevölkerung und den Militärs näher rückte, wurde deutlich, dass das Engagement für das Abkommen nachließ. Die Armee machte einen Rückzieher gegenüber früheren Erklärungen und erklärte, sie werde die Macht nicht an eine zivile Behörde abtreten, solange diese nicht gewählt sei. Entscheidende Punkte wie der Zeitpunkt der Eingliederung der RSF in die Armee und Hemedtis eigene Position innerhalb der Armee wurden zu Streitpunkten. Hemedti warf der Armee vor, zu zögerlich zu sein und sich „an die Macht zu klammern“. Im Gegenzug erklärte ein Armeesprecher: „Wir können keine Vereinbarung treffen, wenn es zwei Armeen im Land gibt.“Es ist nicht klar, wann genau das letzte Fünkchen Vertrauen verschwand oder wer zuerst schoss, aber drei Tage vor Beginn der Feindseligkeiten hatte die RSF damit begonnen, mehr Truppen nach Khartum zu verlegen und ihre Stellungen in der strategisch wichtigen nördlichen Stadt Merowe zu verstärken. Am Samstag, dem 15. April, dem ersten Tag der Feindseligkeiten, eroberten die RSF-Truppen den Flughafen und den Luftwaffenstützpunkt von Merowe und schienen den Flughafen von Khartum und den Präsidentenpalast zu übernehmen. Auch das militärische Hauptquartier der Armee wurde angegriffen, und am Sonntagmorgen stand das Gebäude in Flammen. Die Armee nutzte ihren größten Vorteil gegenüber der RSF, die Feuerkraft aus der Luft, und setzte Düsenflugzeuge ein, die im gesamten Stadtzentrum Raketen auf RSF-Stellungen, Gebäude und Ansammlungen von Milizionären in der Nähe von Zivilgebieten abfeuerten. Gleichzeitig flammten die Kämpfe in anderen Teilen des Sudan auf, nicht nur im Norden, sondern auch in Darfur, in den Städten Nyala und Al Fashir. Hemedti hatte den Deal als Möglichkeit zur Konsolidierung seiner Macht verworfen und sich auf das besonnen, was er am besten kann: den Kampf.Diese Kämpfe scheinen zum Teil durch Hemedtis Verbitterung über die Art und Weise, wie er von seinen ehemaligen Partnern in der Armee behandelt wurde, und von Burhan persönlich, dem Mann, dessen Tod er in jenem ersten Interview nach Beginn des Konflikts begrüßte, motiviert zu sein. Ab dem dritten Tag des Konflikts drangen die RSF-Truppen in Khartum in Häuser ein, plünderten, brandschatzten und griffen die Zivilbevölkerung an. Solche Aktionen lassen auf eine Truppe schließen, die nicht nur der Armee feindlich gesinnt ist, sondern auch den Bewohnern einer Stadt und eines größeren ethnischen Kerngebiets, das sie nie willkommen geheißen hatte, ein blutiger Ausdruck der Rache von Hemedti.Nicht einmal eine Woche nach Beginn der Feindseligkeiten ist die Zahl der Opfer unter der Zivilbevölkerung auf fast 300 gestiegen, wobei sich die Todesfälle auf Khartum konzentrieren, dem Ort der intensivsten Kämpfe. Einige starben durch Kugeln, die in ihren Häusern abprallten, andere versuchten, sich quer durch die Stadt in Sicherheit zu bringen. Dem Rest der Stadtbevölkerung gehen Lebensmittel und Wasser aus, und sie schlafen, wenn sie können, weit weg von den Fenstern, während vor ihren Häusern ein ständiger Beschuss zu hören ist. In der Zwischenzeit bombardiert die Armee wahllos sowohl Hemedtis Miliz als auch das sudanesische Volk, während sie einen existenziellen Kampf im Namen einer herrschenden Klasse führt, die verzweifelt versucht, einen Mann zu beseitigen, der sowohl ihre Schöpfung als auch ihre Strafe ist.
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