Geschäfte mit dem Satan

Iran Geld stinkt nicht. Während Mahmud Ahmadinedschads erster und George Bushs zweiter Amtszeit blühten die Wirtschaftsbeziehungen Iran-USA, seit Obama sind sie eingebrochen

Als politische Todfeinde waren Mahmud Ahmadinedjad und George W. Bush doch Geschäftsleute durch und durch, wenn es ums Kaufen und Verkaufen ging. Jetzt bekannt gewordene offizielle Zahlen zeigen, dass der Handel zwischen dem Iran und den USA zwischen 2005 und 2009, Ahmadinedschads erster Amtszeit, trotz aller feindseligen Rhetorik um fast 600 Prozent stieg. Sie konterkarieren die auf Konfrontation bedachte, antiwestliche Haltung des iranischen Präsidenten, sie sind aber ebenso wenig dazu angetan George W. Bushs häufige Erklärungen über die Islamische Republik als Teil der „Achse des Bösen“ im nachhinein mit besonderer Glaubwürdigkeit auszustatten. Ironischerweise ist das Handelsaufkommen zwischen beiden Staaten eingebrochen, seit Bush das Weiße Haus für Barack Obamas Iran-Politik räumen musste, obwohl der doch stets beteuert hatte, auf den Iran zugehen zu wollen.

Bullensamen und Weizen

Der Handelskammer in Teheran zufolge erstanden iranischen Außenhändler im Jahr 2008 von den USA Güter im Wert von 563 Millionen Dollar, verglichen mit einem Volumen von 98 Millionen im Jahr 2005, als die erste Amtszeit Ahmadinedjads begann. Und das trotz der seinerzeit lauten amerikanischen Forderungen nach schärferen Wirtschaftssanktionen gegen den Gottesstaat, weil der keine Abstriche an seinem Nuklearprogramm machen wollte. Finanziert wurden die wachsenden Importe aus den Vereinigten Staaten durch die Einnahmen aus dem Verkauf von Rohöl, dessen Preis ab 2005 in Schwindel erregende Höhen stieg.

Wegen der großen Zahl von iranischen Kriegsversehrten, den Opfern des Krieges mit dem Irak zwischen 1980 und 1988, nahmen die Einfuhren unter anderem bei medizinischem Gerät, bei Medikamenten und Prothesen zu. Aber auch Computer-Ausrüstungen oder Flugzeug-Ersatzteile wurden gern bei US-Herstellern erworben – oder 735 Kilogramm Bullensamen, die für 5,6 Millionen Dollar gekauft wurden, um daraus Medikamente und Kosmetik herstellen zu können. Den größten Posten stellte allerdings die Einfuhr von Weizen dar.

Seeblockade im Golf

Nun freilich ist der Handel zwischen beiden Ländern stark rückläufig, seit die Obama-Administration im Januar die Amtsgeschäfte übernommen hat. In den ersten fünf Monaten des Jahres hat der Iran aus den USA gerade noch Güter im Wert von 92,6 Millionen Dollar eingeführt. Mit Sicherheit ein Indiz dafür, dass die neue Administration ihr Heil in einer härteren Sanktionspolitik sucht und sich bemüht, dabei Russland und China einzubinden sowie den UN-Sicherheitsrat für eine Embargo-Politik zu gewinnen, nachdem der Iran im September die Existenz einer zweiten Urananreicherungsanlage in der Nähe der heiligen Stadt Qom bekannt gegeben hat. Zugleich muss der Iran selbst die Importe zurückfahren, weil sie die wirtschaftliche Lage des Landes verschlechtert hat und die Rohölpreise in einem Maße sinken, dass weniger Spielraum bleibt als zwischen 2005 und 2009.

„Früher konnte Ahmadinedjad viel ausgeben, jetzt aber sind die Einnahmen aus dem Ölexport gefallen und das Parlament wirft ihm vor, zu viel Geld aus dem Öl-Stabilitätsfonds, der eigentlich als Reserve für schlechte Zeiten gedacht ist, entnommen zu haben, ohne sie – die Parlamentarier – um Erlaubnis zu fragen“, sagt Jamshid Assadi, Ökonom an der Wirtschaftsschule der ESC-Gruppe im französischen Dijon. „Gleichzeitig muss der Iran Sanktionen, die von Obama ausgehen, viel mehr fürchten. Denn der nimmt sowohl Sanktionen als auch diplomatische Kontakte wesentlich ernster, weil er den Iran nicht militärisch angreifen will. Sollte Teheran den Forderungen der internationalen Gemeinschaft im Hinblick auf sein Atomprogramm nicht nachkommen, wird das Land sich ernsthaften Wirtschaftssanktionen gegenübersehen, die bis zu einer Seeblockade im Persischen Golf gehen könnten.“

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Übersetzung: Holger Hutt
Geschrieben von

Robert Tait, The Guardian | The Guardian

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