Warum es im Kampf gegen die Klimakrise auch Gründe für (vorsichtigen) Optimismus gibt
Klimakatastrophe Ob Dürre, Hitze oder die Flut in Pakistan: Wir erleben täglich, wie groß die Gefahr der Klimakatastrophe ist. Aufgeben sollten wir jedoch nicht. Denn einige Entwicklungen machen auch Hoffnung
Das macht Hoffnung: Das Solarkraftwerk Cerro Dominador in Chile
Foto: John Moore/Getty Images
Es gibt viel dazu zu sagen, was alles schief läuft. Die Schäden durch den Anstieg der Erderwärmung um 1,2 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Niveau sind größer als von Klimawissenschaftler:innen noch vor kurzem angenommen. Die katastrophalen Auswirkungen der historischen Flut in Pakistan ebenso wie Hitzewellen und Dürren im Sommer auf der Nordhalbkugel deuten auf eine Eskalation hin. Laut einer Studie sind mehrere katastrophale Klimakipppunkte womöglich unausweichlich, darunter der Zusammenbruch der grönländischen Eiskappe und des Golfstroms im Atlantik.
Es gibt aber auch Anzeichen dafür, dass – wenn auch mit Verspätung – die Maßnahmen zur Bekämpfung der Klimakrise an Fahrt aufnehmen. Geht man davon aus, dass j
roms im Atlantik.Es gibt aber auch Anzeichen dafür, dass – wenn auch mit Verspätung – die Maßnahmen zur Bekämpfung der Klimakrise an Fahrt aufnehmen. Geht man davon aus, dass jeder vermiedene Bruchteil eines Grades der globalen Erderwärmung von Bedeutung ist, gibt es einige positive Nachrichten.In China sinken die EmissionenWährend Australiens CO₂-Ausstoß laut den jüngsten Daten angestiegen ist, ist er in China – dem Land mit den weltweit höchsten CO₂-Emissionen im Jahr – rückläufig. Im zweiten Quartal dieses Jahres wurde ein Rückgang um acht Prozent und im Jahresvergleich um drei Prozent verzeichnet.Wie der Analyst Lauri Myllvirta auf der britischen Klimawandel-Website Carbon Brief berichtet, machte der Rückgang im Vergleich zum gleichen Quartal des Vorjahres 230 Millionen Tonnen aus. Das entspricht fast der Hälfte der jährlichen Emissionen Australiens und war die stärkste Verringerung des chinesischen Co2-Ausstoßes seit mindestens einem Jahrzehnt.Angetrieben wurde der Rückgang von kurzfristigen wie langfristigen Faktoren: der Immobilienmarktkrise im Land, Corona-Beschränkungen, einem schwachen Anstieg der Stromnutzung sowie dem anhaltenden Ausbau der erneuerbaren Energien.Es ist noch zu früh, um zu sagen, ob es sich hierbei um einen andauernden Trend handelt. Ein kürzlich angekündigtes Konjunkturpaket könnte die Bautätigkeit und die Nutzung sowohl sauberer als auch dreckiger Energie in China ankurbeln. Aber die Verschmutzung durch CO₂ ist nun schon das vierte Quartal in Folge zurückgegangen.Es wird zwar viel darüber geredet, dass China weiterhin Kohlekraftwerke baut. Aber die Stromerzeugung aus dem schmutzigen Brennstoff ging in den ersten sechs Monaten des Jahres um vier Prozent zurück. Wie bei fast der gesamten Infrastruktur baut das Land mehr Kohlekapazität aus, als es tatsächlich braucht.Allerdings könnte sich diese Tendenz auch wieder umkehren, zumindest vorübergehend. In den letzten Wochen wurde wieder mehr Strom aus Kohle erzeugt, da wegen der extremen Trockenheit und Hitze die Wasserkapazitäten einbrachen. Gegenüber der UNO verpflichtete sich China aber, den Emissionshöchststand vor 2030 zu erreichen.Solar in Sicht: Erneuerbare Energien sind auf dem VormarschLaut einem Bericht der Internationalen Energieagentur (IEA) arbeiten heute mehr Menschen im Saubere-Energie-Sektor als in der fossilen Brennstoff-Industrie. Einbezogen wurden dabei die Bereiche Erneuerbare Energien, Elektro-Fahrzeuge, Energie-Effizienz-Maßnahmen und Atomkraft. Ein Problem ist, dass Jobs in diesem Sektor nicht so gut bezahlt sind, zum Teil, weil sie tendenziell weniger oft gewerkschaftlich organisiert sind. Das Argument, dass es im Bereich der sauberen Energie keine Arbeitsplätze gebe, ist aber damit widerlegt.Die Investitionen in saubere Energie sind seit 2020 jährlich um 12 Prozent gestiegen, zum Teil, weil sich immer mehr Privatpersonen und öffentliche Einrichtungen für nachhaltige Finanzwirtschaft starkmachen – insbesondere in den reichen Ländern. Mehr als 80 Prozent der gesamten Investitionen in den Energiesektor gingen in erneuerbare Energie, neue Stromnetze und Energiespeicher. Nach IEA-Schätzung steigen die Ausgaben für Solarenergie, Batterien und Elektrofahrzeuge heute in einem Tempo, mit dem das Ziel, die Emissionen weltweit bis 2050 auf Netto-Null zu bringen, erreichbar wäre.In Europa hat die russische Invasion der Ukraine die Energieversorgung auf den Kopf gestellt. Das hat den erneuerbaren Energien großen Auftrieb gegeben, auch wenn die Länder kurzfristig fossile Brennstoffe nutzen, damit Licht und Heizung anbleiben. Die britische Denkfabrik Ember kam zu dem Ergebnis, dass Europa Ausgaben in Höhe von 29 Milliarden Euro für Gas sparen konnte – allein durch die für einen Sommer im Norden Rekord-Solarstromerzeugung. Im Durchschnitt wurden in den 27 EU-Ländern 35 Prozent der Elektrizität durch erneuerbare Energien gedeckt, dagegen 16 Prozent durch Kohle.Laut einer Analyse von Bloomberg NEF geht die Herstellung von solarem Polysilicium – dem Halbleiter, der in Photovoltaik-Paneelen benutzt wird – so schnell voran, dass die gesamte Lieferkette, die nötig ist, um die Emissionen zu stoppen, bereits im Aufbau begriffen ist. Allerdings liegt sie fast ausschließlich in China – was nur eine von vielen potenziellen Komplikationen ist, die Bloomberg-Kolumnist David Fickling aufzeigt. Und doch sagt es etwas darüber aus, was erreichbar ist.Reiche übernehmen endlich Verantwortung – zumindest teilweiseBei den UN-Klimagesprächen wurde bisher kein Abkommen geschlossen, in dem sich die wohlhabenden Länder verpflichten, die Entwicklungsländer dabei zu unterstützen, mit den unvermeidlichen, durch den Klimawandel verursachten Verlusten und Schäden fertig zu werden. Dennoch bewegen sich die Reichen endlich und versuchen, in einigen bedeutenden Ländern den Übergang zu sauberer Energie zu fördern.Das Ziel ist recht einfach: Länder, die absehbar deutlich mehr CO₂-Ausstoß produzieren werden, sollen finanziell und anderweitig die nötige Unterstützung erhalten, um ihre ökonomische Expansion von fossilen Brennstoffen unabhängiger zu machen. Beim Klimagipfel Cop26 in Glasgow ging Südafrika in einem Musterdeal eine Partnerschaft mit Deutschland, Großbritannien, den USA und der EU ein. In den kommenden drei bis fünf Jahren sollen 8,4 Milliarden Euro an globalem Kapital investiert werden, während das Land seine kohleabhängige Energieversorgung umstrukturiert.Im Juni bestätigten die G7 ein noch größeres Ziel. Über einen Zeitraum von fünf Jahren sollen bis zu 600 Milliarden US-Dollar an öffentlicher und privater Finanzierung in die Energie-Infrastruktur von Ländern wie Indonesien, Indien, Senegal und Vietnam fließen. Zusammen mit anderen Schritten, etwa dem Versprechen der G20-Länder, keine neuen Kohlekraftwerke in Übersee mehr zu finanzieren, und dem Energiewende-Mechanismus der Asiatischen Entwicklungsbank, könnte das neu definieren, was möglich ist. Dabei ist für den Erfolg ausschlaggebend, dass die Communities vor Ort im Laufe des Prozesses nicht ausgebeutet oder abgehängt werden.USA: lang verfolgtes Ziel endlich in trockenen TüchernDas ist wohl der größte Grund für Optimismus in diesem Jahr. Nach jahrelangem Versuchen und Scheitern wurde in den USA – historisch gesehen das Land mit dem größten CO₂-Ausstoß – eine bedeutende Klimawandel-Gesetzgebung durch den Kongress gebracht. Laut Analysen könnte der Inflation Reduction Act (IRA) dazu führen, dass die USA bis 2030 im Vergleich zu 2005 43 Prozent weniger Emissionen ausstoßen – das wäre eine sprunghafte Verbesserung. Wenn das politische System des Landes stabil bleibt, dürften das nationale Ziel einer Senkung um 50 Prozent in diesem Jahrzehnt und weitere Senkungen darüber hinaus in Reichweite sein.Dabei ist ein wichtiger Punkt zu beachten: Das US-Gesetz unterstreicht, dass die Bestrafung der fossilen Brennstoff-Industrien durch CO₂-Preisgestaltung zwar nicht tot, aber aus der Mode ist. Im IRA geht es vor allem um Investitionen – in Höhe von 370 Milliarden US-Dollar –, die sauberen Lösungen helfen sollen, das alte, schmutzige Modell zu ersetzen. Ein Großteil des Geldes wird nur für in den USA hergestellte Produkte zur Verfügung stehen. Laut Experten könnte das nicht nur die lokale Umweltverschmutzung verringern, sondern auch den Wettbewerb steigern und die Kosten auf den internationalen Märkten senken.Australien ist nicht mehr der allerletzte NachzüglerVerglichen mit den USA ist die Verabschiedung von Australiens erstem Klimawandelgesetz seit einem Jahrzehnt keine große Nachricht. Das Land ist kleiner und das Gesetz bescheidener. Dennoch handelt es sich ohne Zweifel um eine der positiven Geschichten, die es derzeit zu erzählen gibt.Jahrelang wurde Australien als globaler Nachzügler in eine Reihe mit Russland und Saudi-Arabien gestellt. Dagegen wird die Regierung von Anthony Albanese beim nächsten großen UN-Klimagipfel im November in Ägypten für ihr neues Ziel gelobt werden: Bis 2030 soll der Ausstoß im Vergleich zu 2005 um 43 Prozent reduziert sein.Aber die Regierung muss sich auch auf Fragen einstellen. Die relevanteste ist wahrscheinlich die gleiche, die sie zu Hause gestellt bekommt: Wird sie wirklich ihre neue Verpflichtung und die globalen Anstrengungen untergraben, indem sie den Export fossiler Brennstoffe weiter ausbaut? Vielleicht findet sie bis dahin ja eine bessere Antwort.