Helfer unter falschem Verdacht

CIA in Pakistan In Pakistan suggeriert ein von der CIA engagierter Arzt Verbindungen zur Hilfsorganisation Save the Children. Wie Geheimdienst-Operationen die Entwicklungshilfe gefährden

Im Juli musste die Hilfsorganisation Save the Children, wie der Guardian berichtete, acht ihrer ausländischen Mitarbeiter aus Pakistan ausfliegen, weil befürchtet wurde, dass diese vom pakistanischen Geheimdienst Inter-Services Intelligence (ISI) festgenommen werden könnten. Nun stellt sich heraus, dass der Fall ein klassisches Beispiel für den so geannten Blowback-Effekt (http://de.wikipedia.org/wiki/Blowback) ist - ein Begriff, den die CIA erfunden hat.

Wie der Guardian im Juli berichtete, hatte die CIA in Abbottabad ein Impfprogramm vorgetäuscht, um DNA der Bin Laden-Familie zu erhalten und so beweisen zu können, dass der Gesuchte Al-Qaida-Chef sich tatsächlich in der pakistanischen Stadt befand. Shakil Afridi, der pakistanische Arzt, mit dessen Hilfe das falsche Programm aufgezogen wurde, hatte in den Jahren 2008 und 2010 an zwei Schulungen der NGO Save the Children teilgenommen. In Verhören hat Afridi ausgesagt, er habe gegenüber seiner Frau behauptet, er arbeite für Save the Children, obwohl er tatsächlich für die CIA tätig war.

Danach richtete der ISI sein Augenmerk auf die große westliche Hilfsorganisation, die in Wirklichkeit weder mit dem Arzt in Verbindung steht, noch mit dem vorgetäuschten Impfprogramm in Abbottabad. Vielmehr hat sie im vergangenen Jahr, unter anderem während der Flut, sieben Millionen Menschen in Pakistan geholfen.


Man könnte argumentieren, dass der Zweck die Mittel heiligt und dass die CIA vor dem Einsatz alles tun musste, um herauszufinden, ob es wirklich Bin Laden war, der sich in dem Anwesen aufhielt. Es lässt sich aber nicht abstreiten, dass es einen immensen Kollateralschaden mit sich bringt, Mitarbeiter von Hilfsorganisationen als Spione einzusetzen. Die meisten Mitarbeiter von Save the Children - 2000 davon in Pakistan - sind Einheimische, die vor Ort angestellt werden und mutige Arbeit in Kriegsgebieten wie dem Swat-Tal leisten.

Wenn Geheimdienste Hilfsorganisationen für verdeckte Operationen benutzen, dann ist das nicht nur zutiefst zynisch, sondern auch gefährlich. Es gefährdet das Leben von tausenden Entwicklungshelfern, die anders als die acht nicht-pakistanischen Mitarbeiter von Save the Children nicht von jetzt auf gleich fliehen oder ausgeflogen werden können. Im Fall Pakistans spielt die Wut, die Dronenangriffe und verdeckte CIA-Operationen erzeugen, in die Hände der Taliban. Wenn der pakistanische Politiker Imran Khan sagt, dass sein Land das „einzige in der Geschichte“ sei, „das immer wieder bombardiert wird, mit Dronenangriffen und von unserem Verbündeten“ und dass 35.000 Menschen in einem Krieg gestorben seien, mit dem sie nichts zu tun hätten, bringt er damit sicherlich nicht nur die Gefühle seiner Partei zum Ausdruck. Es lässt sich kaum vorstellen, wie sich das Gute, das die Entwicklungshilfe leistet, schneller untergraben ließe, als durch ihre Militarisierung.

Gefangen zwischen Taliban und CIA wird den in Pakistan arbeitenden internationalen Hilfsorganisationen Unmögliches abverlangt. Sie arbeiten unter unglaublichem Druck. Sie müssen aber auch mit Argusaugen über ihre Unabhängigkeit und ihre Neutralität wachen, damit sie nicht als Handlanger der westlichen Mächte gesehen zu werden. Dabei spielt nicht nur eine Rolle, wer sie finanziert. Den Maßstab setzen in Pakistan das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) und die Ärzte ohne Grenzen. Sie haben den Militärbehörden den Zugang zu Kriegsgebieten abgerungen, in denen noch gekämpft wird. Hilfsorganisationen müssen nicht nur zu ihren eigenen Bedingungen arbeiten. Man muss auch sehen können, dass dem so ist.

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Übersetzung: Zilla Hofman
Geschrieben von

Editorial | The Guardian

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