Hell's Girls

Musik Mit Heavy-Metal-Cover-Bands verbinden die meisten vermutlich Testosteron und Einfallslosigkeit. AC/DShe, Misstallica oder auch Vag Halen strafen dieses Image lügen
The Ramonas
The Ramonas

Foto: Presse

Früher hätten weibliche Tribute-Bands in der testosteron-gesteuerten Welt des Budget-Rock noch für Gelächter gesorgt. Heute gewinnen sie in der Szene zunehmend an Ansehen. Lez Zeppelin war die erste Tribut-Band überhaupt, die auf dem Download-Festival in Großbritannien gespielt hat, 2007 spielten sie bei Rock am Ring und Rock im Park.

Es ist nicht leicht, sich in dieser Nische zu halten. Diese Frauen sind Virtuosinnen, die sich geweigert haben, ihre Sechssaiter frustriert an den Nagel zu hängen, als es darum ging, Jimmy Pages schwierigste Soli zu meistern. Sie verfügten über perfekte Skills an der Gitarre und eine loyale Anhängerschaft. Ihr enzyklopädisches Wissen im Bereich des Alphamänner-Rocks dürfte selbst den größten, B-Seiten-sammelnden männlichen Fan beschämen. Für diese Damen ist das Nachspielen der Songs mehr als reine Helden-Verehrung. Es handelt sich um eine Riff-getreue Hingabe an die Musik, die über die Imitation des Gegenstandes weit hinausgeht. Satan zum Gruß und hört ihre Schreie!

Lez Zeppelin

Lez, die seit 2004 zusammen rocken, gelten als die Königinnen des Genres. Sie haben ganze Alben mit den ehemaligen Tontechnikern von Led Zeppelin aufgenommen. Ihre Hingabe geht so weit, dass sie für ihr zweites Album Lez Zeppelin I Equipment aufstöberten, das bis ins Detail dem gleicht, das ihre Vorbilder 1968 verwendet haben. Das Theremin-Solo auf Whole Lotta Love macht ihnen so schnell keiner nach. Als Tribute-Act sollte man die Damen aber nicht bezeichnen: Sie sehen sich lieber als „weibliche Inkarnation“ der heiligsten Vier des Rock.

Judas Priestess

Gitarristin D Mercedes spielte zwei Jahre lang in der Mötley- Crüe-Tribute-Band Girls Girls Girls!. 2009 gründete sie dann zusammen mit der NYC-Punk-Legende Gyda Gash den Orden der Priesterinnen. Priestess klingen episches Riff für Riff exakt genauso wie ihre Helden und haben den offiziellen Segen von Rockgott Rob Halford höchst persönlich. Priestess-Frontfrau MilitiA – die für AFROPUNK.com schreibt und schon bei Dee "Twisted Sister" Sniders Rockoper Van Helsing's Curse mitgemacht hat – schert sich nicht darum, dass „nicht-weiße“ Frauen im machohaften, von weißen Männern dominierten Heavy Metal traditionell in ganz besonderem Maße ausgegrenzt wurden und werden (vgl. Laina Dawes What Are You Doing Here? ). Die charismatische und hartgesottene Sängerin wird mit jedem Publikum fertig und ist Herrin über jede Bühne.

Vag Halen

Dachten Sie feministische Rockerinnen seien grimmige, prüde Spielverderberinnen? Dann sollten Sie sich einmal Vag Halen anhören – danach können Sie sagen, Sie wüssten Bescheid. Trotz der Anspielung auf Eddie V in ihrem Namen ist diese queer-feministische Truppe aus Toronto zu launisch und sprunghaft, um sich einer einzigen Band vergangener Tage zu verschreiben und stürzen sich bei ihren chaotischen Auftritten, die meistens ein lesbisch dominiertes Publikum anziehen, auf das ganze Repertoire schwanzgesteuerter Cock-Rock-Klassiker. Man merkt der lasziven, halb-nackten Frontfrau Vanessa Dunn an, wie viel sapphische Freude es ihr bereitet, die geheiligsten Hymnen des heterosexuellen weißen Mannes zu interpretieren. Wer einmal ihre Version von Claptons "Leila "gehört hat, für den wird der Refrain des Originals nie wieder so klingen wie zuvor.

Misstallica

Dieses smarte Quartett aus Philadelphia begann einst als King-Diamond-Tribute-Act mit dem Namen Queen Diamond. Doch eine Leidenschaft für 80er-Jahre-Trash-Metal ließ sie zu einem einpeitschenden Metallica-Tribute-Act werden, dem die gewandte Schredderin Gina Gleason vorsteht. Die könnte James Hetfield locker in einem Grunz-Wettbewerb schlagen. Mit ihren Gitarrenskills, die denen der ehemaligen Michael -Jackson-Lead-Gitarristin Jennifer Batten gleichen, drängte sie sich für die Cirque-du-Soleil-Produktion von Michael Jacksons ONE geradezu auf. Fans, die befürchten, sie könnten mit Nummern des vielgeschmähten St.Anger-Album belästigt werden – oder schlimmer noch, mit Stücken aus der Kollaboration mit Lou Reed – haben bei einem Misstallica-Konzert nichts zu befürchten: Sie spielen nur Stücke von den ersten vier Alben und weigern sich, irgendetwas zu covern, was Ulrich und Co nach 1988 auf den Markt gebracht haben …And Justice For All.

Iron Maidens

Iron Maidens sind fünf Schwermetallerinnen aus Los Angeles. Ihr Credo? "Bring your daughters to the slaughter" – was sonst. Präsentiert von Frontfrau Kirsten "Bruce Chickinson" Rosenberg und angetrieben von dem Wettstreit der Gitarristinnen Courtney "Adriana Smith" Cox und Nita "Mega Murray" sind die Jungfrauen schon als Vorband der mächtigen Kiss aufgetreten und haben beim Heavy-Metal-Festival Gillmanfest in Venezuela vor 40.000 Leuten eine stürmische Interpretation von The Trooper zum Besten gegeben. Außerdem haben sie bereits eine ganze Reihe von Preisen abgegriffen, unter anderem bei den L.A. Music Awards.

AC/DShe

AC/DShe aus San Francisko haben sich einen Titel ihrer Vorbilder zum Programm gemacht: Shake you all night long! Die seit 1997 existierende Band huldigt dem Material der Bon-Scott-Ära so gekonnt, dass sie schon von Bands wie Pat Benatar, Cheap Trick und Girlschool als Support eingeladen wurden. Leadgitarristin Pamela Ausejo trägt die legendäre Kombination aus Blazer und kurzen Hosen mit ebenso viel Finesse wie Agnus Young und hat auch die Soli des Meisters Note für Note drauf. „Unser Ziel besteht letztlich darin“, sagt Sängerin Amy Ward mit ihrem an Scott erinnerndem Timbre und dem gewaltigen Lungenvolumen – „das Evangelium von AC/DC zu verkünden“.

The Ramonas

The Ramonas sind Cloey, Margy, Rohnny & Pee Pee Ramona, Londons rein weibliche Antwort auf die am meisten verehrten und einflussreichsten Ahnen des Punkrock. Die Band gründete sich 2004 auf Geheiß von Clare Pproduct (von der UK Glamrockband AntiProduct), die sich damit rühmen kann, in Marky Ramones Band Blitzkrieg Bass zu spielen. Sie haben Anfang Mai einen starken Auftritt beim Mockfest in Manchester hingelegt und gehören auch beim diesjährigen Blackpooler Rebellion Festival zum Line-up.

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Geschrieben von

Charlotte Richardson Andrews | The Guardian

Der Freitag ist Syndication-Partner der britischen Tageszeitung The Guardian

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