Herr im Haushalt

Hausmann Moderne Väter möchten nach einer neuen Studie mehr Zeit zuhause und mit ihren Kindern verbringen. Bloß bei ihren Arbeitgebern ist das noch nicht angekommen

Musik in den Ohren der berufstätigen Mütter dieser Welt: Laut einer groß angelegten neuen Studie sind Väter glücklicher, wenn sie mehr im Haushalt erledigen, mehr Zeit mit den Kindern verbringen und mit Partnerinnen zusammen sind, die genauso viel arbeiten wie sie selbst. Die beste Möglichkeit, einem Vater den Stress zu nehmen, läge demnach schlichtweg darin, die Bürden der Hausarbeit mit ihm zu teilen, anstatt ihm die Socken zu bügeln, das Frühstück zu machen und die Kinderbetreuung abzunehmen.

Wissenschaftler hoffen, dass die Erkenntnisse der Studie mit dem Titel Work Life Balance: Working for Fathers? Arbeitgeber dazu veranlassen werden, bestimmte Mythen der Arbeitswelt zu hinterfragen, Männern mehr Möglichkeiten zu geben, ihre Work-Life-Balance zu verändern und Frauen nicht länger mit der Unterstellung das berufliche Fortkommen zu blockieren, sie würden sich in erster Linie um ihre Kinder kümmern. "Die Art, wie wir heute Familie leben hat sich verändert und das nicht nur, weil Frauen heute viel selbstverständlicher arbeiten gehen, sondern auch, weil sowohl Mütter als auch Väter gleichermaßen ein enges Verhältnis zu ihren heranwachsenden Kindern haben möchten", sagt Dr. Caroline Gatrell von der Management School der Lancaster University, die das zweijährige Projekt für den Wohlfahrtsverband Working Families hauptverantwortlich leitete.

Nicht genug Zeit für den Job?

Gatrell und ihr Team sprachen mit über 1.100 berufstätigen Vätern, um herauszufinden, wie diese Arbeit und Familienleben in Einklang bringen. 82 Prozent der Männer, die in Vollzeit arbeiteten, gaben an, sie würden gerne mehr Zeit mit der Familie verbringen.“Es wird zunehmend deutlich, dass sich die Ansprüche von Vätern in Bezug auf die Zeit, die sie mit ihren Kindern verbringen, verändern. Väter verbringen mehr Zeit mit ihren Kindern und kümmern sich mehr um sie“, so Gatrell. Damit einher gehe auch eine Veränderung der gesellschaftlichen Beurteilung der Kinderbetreuung. So seien zum Beispiel mittlerweile weniger Väter als Mütter der Auffassung, es sei allein die Aufgabe der Mutter, sich um die Kinder zu kümmern.

"Das Problem besteht darin, dass die Arbeitgeber diese Veränderungen in den Familien komplett ignorieren", fügte Gatrell hinzu. "Daraus erwächst für Frauen wie für Männer ein enormes Problem. Frauen kommen im Beruf nicht weiter, weil ihre Arbeitgeber davon ausgehen, dass sie nicht mehr genügend Zeit für den Job haben werden, wenn erst einmal Kinder unterwegs sind. Alleinerziehende Väter sind von diesem überholten Bild ebenso sehr betroffen, da ihre Arbeitgeber ihnen keine alternativen Arbeitszeitmodelle anbieten. Es ist höchste Zeit, dass die Einstellungen am Arbeitsplatz sich ändern und die massiven Veränderungen erkannt und berücksichtigt werden, die das praktische Familienleben im 21. Jahrhundert erfahren hat."


John Crace, ein moderner Vater, schreibt:
Zwei Kinder: abgehakt. Mehr habe ich bestimmt nie gewollt. Ich selbst war das dritte Kind meiner Eltern und meine Frau und ich konnten das Risiko nicht eingehen, uns noch so einen wie mich in die Familie zu holen. Außerdem schienen die zwei, die wir hatten, bereits sämtliche finanziellen und emotionalen Reserven aufzubrauchen.
Eine berufstätige Frau: abgehakt. Weder mir noch meiner Frau wäre je die Idee gekommen, sie könnte zuhause bleiben. Wir hätten schlicht nicht genug zu essen gehabt, wenn wir uns bei der Geburt unseres ersten Kindes vor 18 Jahren auf mein Einkommen hätten verlassen müssen. Als ich dann genug verdiente, um die ganze Familie ernähren zu können, hätten die Kinder etwas dagegen gehabt, wenn ihre Mutter zuhause gesessen und ihnen ihr Leben organisiert hätte. Mehr als das.
Im Haushalt mithelfen: abgehakt. Unter uns gesagt: Ich wäre nicht traurig, wenn ich hier keinen Haken machen könnte. Ich könnte mich durchaus damit anfreunden, von oben bis unten bedient und bekocht zu werden, keine Wäsche waschen und kein Geschirr spülen zu müssen und nicht darüber diskutieren zu müssen, was wir uns im Fernsehen ansehen. Aber Personal ist heutzutage sehr teuer und meiner Frau brauche ich mit so etwas gar nicht erst zu kommen. So wasche ich also den Großteil der Wäsche, obwohl ich, seit ich denken kann, Weißwäsche in graue verwandle. Und auch in der Küche bin ich kein Fremder.

Es scheint, als hätte ich völlig zufällig die exakt richtige Mischung getroffen, um glücklich zu sein, wobei weder meine Frau, meine Kinder, noch sonst irgendjemand mich als glücklich bezeichnen würde, assoziiert das Wort doch viel zu viel Beständigkeit und Optimismus, was ich beides nur flüchtig erfahre/ andeutungsweise besitze? Muffelig hört sich schon besser an. Neurotisch, pflegeintensiv, an Schlaflosigkeit leidend. Ich glaube, wir kommen der Sache näher. Was aber meine Frau, meine Kinder und meinen Beruf angeht, so würde ich nicht das Geringste ändern wollen. Außer mehr Kohle. Das wäre nett.

Der digitale Freitag

Mit Lust am guten Argument

Übersetzung: Holger Hutt
Geschrieben von

Amelia Hill | The Guardian

Der Freitag ist Syndication-Partner der britischen Tageszeitung The Guardian

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