Die USA und einige andere westliche Staaten haben aufgrund der Gefahr eines terroristischen Anschlags Botschaften in Nordafrika und dem Nahen Osten geschlossen. Vor nicht allzu langer Zeit wäre diese Entscheidung wohl kaum auf etwas anderes gestoßen, als unhinterfragte Akzeptanz.
Dass die Reaktion dieser Tage ganz anders ausfallen kann, wissen auch die Mitglieder des Geheimdienstausschuss des US-Senats. Sie beeilten sich zu erklären, die Schließung von 25 US-Vertretungen zeige, wie wichtig es für den Schutz der Sicherheit der Amerikaner sei, dass die NSA die Möglichkeiten habe, enorme Mengen von Kommunikationsdaten abzufangen.
Derart mussten sie sich überschlagen, um die NSA zu verteidigen. Geschuldet ist das den wachsenden Bedenken, mit denen viele andere Kongressmitglieder – und Umfragen zufolge auch die amerikanische Öffentlichkeit – dem Ausmaß der Ausspähung privater Kommunikation von Bürgern der USA und anderer Staaten durch die NSA seit den Enthüllungen Edward Snowdens gegenüberstehen.
Der Gedanke mag einem verziehen werden, die Botschaftsschließungen wegen Terrorwarnungen kämen da nur allzu gelegen – auch wenn Anschläge auf Gefängnisse unter anderem im Irak und in Libyen vorhergingen, bei denen Berichten zufolge viele von al-Quaida inspirierte Extremisten entkamen.
Das US-Außenministerium in Washington sagte, die am Montag verkündete Entscheidung, die Botschaften weiterhin geschlossen zu halten, sei „aus großer Vorsicht“ getroffen worden. Das mag angesichts der politischen Konsequenzen des Angriffs auf das US-Konsulat in Benghazi im vergangenen September, bei dem US-Botschafter Chris Stephens getötet wurde, nachvollziehbar sein. Angeheizt wird die Debatte in den USA aktuell von Berichten, damals hätten sich bis zu 35 CIA-Beamte in der libyschen Stadt aufgehalten, um Waffen für die syrischen Rebellen zu besorgen.
Skepsis ist gesund
Skepsis ist gesund. Viel zu lange konnten die Geheimdienste der USA und Großbritanniens sich hinter einer Mauer der Geheimhaltung verstecken, indem sie die Flagge der „nationalen Sicherheit“ hissten. Vor der muss jeder niederknien. US-amerikanische Geheimgerichte und Kongressausschüsse, aber auch britische Parlamentarier, die beauftragt waren, die Aktivitäten der Geheimdienste zu überwachen, konnten allzu leicht durch das Privileg verführt werden, in diese Geheimnisse einbezogen zu sein.
Dass die Skepsis zu potenziell gefährlichem Zynismus auswachsen kann, liegt daran, dass versäumt wurde, die Geheimdienste adäquat und überzeugend rechenschaftsschuldig zu machen. Details über gewisse Operationen, jedenfalls solche, die erst kurz zurück liegen oder für die Zukunft geplant sind, müssen vielleicht durch Verheimlichung geschützt werden. Doch es ist bereits darauf hingewiesen worden, dass die US-Regierung sich im Umgang mit Geheimhaltung und insbesondere mit WikiLeaks und Bradley Manning, nicht fähig gezeigt hat, zu unterscheiden: Etwa zwischen der Crew eines US-Apache-Helikopters, die im Irak unbewaffnete Männer, darunter auch einen Reuters-Journalisten, erschießt und der Aufdeckung von Operationen, durch die das Leben unschuldiger Amerikaner bedroht sein könnte.
Ebenso wenig vermochten die „Sekurokratien“ USA und Großbritannien zwischen der Invasion der Privatsphäre und dem legitimen Schutz ihrer Bevölkerung vor terroristischen Bedrohungen zu unterscheiden. Doch solange sie dies nicht tun, opfern sie den Vertrauensbonus der Öffentlichkeit, auf den sie künftig angewiesen sein werden.
Richard Norton-Taylor arbeitet regelmäßig für BBC News und schreibt für den Guardian über Verteidigungs- und Sicherheitsthemen
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