Die erste Landung irdischen Lebens auf einem anderen Himmelskörper stellte nicht nur für unsere Generation, sondern für die gesamte Geschichte unseres Planeten ein epochales Ereignis dar. Neil Armstrong stand an der Speerspitze des Apollo-Programms. Es war zwar eine kollektive technologische Leistung, aber Armstrongs Name ist jener, an den man sich noch jahrhundertelang erinnern wird.
Armstrong war jahrelang Testpilot, machte aber nie den Eindruck, ein Draufgänger zu sein. Sein Auftreten erinnerte eher an das eines reservierten zivilen Luftfahrtkapitäns. Er selbst beschrieb sich als „nerdigen Ingenieur“, sein späteres Leben verbrachte er ruhig als Professor für Ingenieurswissenschaft.
Die Apollo landete nur zwölf Jahre nach dem Start der Sputnik und nur 66 Jahre nach dem ersten Flug der Wright-Brüder auf dem Mond. Hätte man mit der selben Geschwindigkeit weitergemacht, fänden sich nun menschliche Fußabdrücke auf dem Mars. Doch das Rennen zum Mond war bereits ein Ziel für sich. Man wollte die Russen überholen, danach gab es keinen Grund mehr, weiteren Aufwand zu betreiben.
Ikone der Bewegung
Im Gegensatz zur sterilen Mondlandschaft, auf der die Astronauten ihre Fußabdrücke hinterließen, sind die stehenden Bilder der empfindlichen Biosphäre der Erde zu Ikonen der Umweltbewegung geworden: Das ist das vielleicht bleibendste Erbe des Apollo-Programms.
Es ist inzwischen 40 Jahre her, dass Harrison Schmidt und Eugene Ceran, die letzten Menschen auf dem Mond, zur Erde zurückgekehrt sind. Für diejenigen, die heute jung sind, ist das längst vergangene Geschichte. Sie lernen, dass Amerika Menschen auf den Mond gebracht hat, wie sie lernen, dass die Ägypter Pyramiden gebaut haben. Die Beweggründe scheinen aber in dem einem wie dem anderen Fall ähnlich bizarr. Die Gerätschaften und Werte aus den Filmen und Nachrichtenbeiträgen jener Zeit wirken so antiquiert wie die des traditionellen Western.
Die bemannte Raumfahrt hat ihren Glamour verloren – 40 Jahre nach Apollo ist für Astronauten die Vorstellung, im Space Shuttle oder der internationalen Raumstation einfach nur um die Erde zu kreisen, nicht besonders attraktiv. Wir brauchen die Raumtechnologie, ganz abgesehen von den wissenschaftlichen Erkenntnissen, die sie uns gebracht hat, für die Kommunikation, für Wettervorhersagen, Kartografie, Positionsbestimmung und vieles mehr. Astronauten braucht es dafür aber nicht.
Flottillen im All
Großaufnahmen der Marsoberfläche, vom Jupiter, dem Saturn und ihren Monden verdanken wir Ansichten unterschiedlichster Welten in verschiedensten Ausprägungen. In den kommenden Jahrzehnten wird das gesamte Solarsystem von Flottillen unbemannter Raumfahrzeuge ausgekundschaftet werden. Es ist sogar realistisch, davon auszugehen, dass Roboter große Bauten auf anderen Himmelskörpern errichten oder etwa auf Asteroiden Rohstoffe abbauen werden.
Doch werden wieder Menschen zum Mond oder sogar weiter reisen? Die Notwendigkeit sinkt mit jedem Fortschritt in der Roboter- und Miniaturentechnik. Dennoch bleiben die Tiefen des Alls ein langfristiges Abenteuer zumindest für ein paar Menschen.
Vielleicht werden die Chinesen sich auf ein prestigeträchtiges Raumfahrtspektakel begeben. Dann wäre eine Rückkehr auf den Mond aber nicht genug. Könnten sie 50 Jahre später Armstrongs Leistung wiederholen, würden sie damit lediglich zeigen, dass China auf diesem Gebiet mit den USA gleichgezogen hätte. Deshalb müssten die Chinesen versuchen, das Apollo-Programm durch einen Marsflug zu übertrumpfen.
Nationale Traumata
Doch hätte es abgesehen von Prestige einen Sinn, Menschen auf den Mars zu bringen? Es ist nicht zu bestreiten, dass ein aufmerksamer Geologe erstaunliche Entdeckungen machen könnte, die die kürzlich auf dem Mars gelandete Nasa-Sonde Curiosity übersieht. Doch die Kostendifferenz zwischen bemannten und unbemannten Missionen ist derzeit gewaltig. Das liegt zum Teil daran, dass die öffentliche und politische Meinung die Nasa dazu gebracht haben, Risiken scheuen. Die zwei gescheiterten der insgesamt 135 Starts der beiden Space Shuttles waren in den USA nationale Traumata, auch wenn ein solches Risiko für Astronauten durchaus akzeptabel wäre.
Neil Armstrong, der die winzige Eagle-Mondfähre landete und dabei nicht mehr Computerleistung zur Verfügung hatte, als heutzutage in jeder Waschmaschine steckt, schätzte seine Aussichten auf eine sichere Landung nicht höher ein als 50 Prozent. Dabei war die Landung noch nicht einmal das beängstigendste Risiko: Die Rakete, die die Astronauten schließlich auf den Heimflug brachte, hätte versagen können. Der Stab des damaligen Präsidenten Richard Nixon hatte für den Fall, dass Armstrong und Buzz Aldin auf dem Mond stranden und verenden würden, sogar schon eine alternative Rede vorbereitet.
Künftige Expeditionen zum Mond und weiter wären finanziell und politisch nur durchführbar, wenn die Kosten sinken würden und Leute vorangehen würden, die aus dem selben Zeug gemacht sind, wie die Apollo-Astronauten. Die bereit sind, hohe Risiken – vielleicht sogar „One-way-Tickets“ – in Kauf zu nehmen. Das könnten privat finanzierte Abenteurer sein. Die Firma Space X des Unternehmers Elon Musk hat erfolgreich eine Nutzlast in den Orbit befördert und an die Internationale Raumstation angedockt.
Es wäre töricht zu behaupten, dass die Emigration ins All eine langfristige Perspektive darstellen würde, den Problemen auf der Erde zu entkommen. Nirgendwo in unserem Solarsystem ist eine Umwelt zu finden, die auch nur vergleichsweise so milde wäre, wie die der Antarktis oder des Gipfels des Mount Everest. Dennoch werden in ein oder zwei Jahrhunderten kleine Gruppen unerschrockener Abenteurer in Unabhängigkeit von der Erde leben. Welche ethischen Restriktionen wir hier auf Erden auch immer verhängen – diesen Pionieren sollten wir viel Glück dabei wünschen, ihre Nachkommen genetisch so zu verändern, dass sie sich den außerirdischen Bedingungen anpassen können. Damit hätte das postmenschliche Zeitalter begonnen. Und der stille Held Neil Armstrong, hätte dann tatsächlich „einen riesigen Sprung für die Menschheit“ vorweggenommen.
Martin Rees ist der königliche Astronom Großbritanniens und Leiter des Trinity College in Cambridge
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