Wie der Klimawandel den Untergang einer Kultur beschleunigt

Kenia Seit Jahrtausenden lebt die Ethnie der El Molo am Turkana-See. Doch jetzt verschlingt der ihre heiligen Stätten
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 09/2022

Bevor Mombasa Lenapir in sein wackeliges Kanu steigt, streicht er kurz über die Wasseroberfläche des Turkana-Sees. Am Ohrläppchen des 70-Jährigen baumelt ein Stück von einem Nilpferdzahn, es wird auch „Kalate“ genannt und soll der Beweis dafür sein, dass er als junger Mann ein Nilpferd getötet hat. Wenn es zutrifft, handelte es sich um einen Initiationsritus.

Lenapir sieht älter aus als 70 und gehört zur Volksgruppe der El Molo, die seit Tausenden von Jahren an den südlichen Ufern von Lake Turkana im Nordwesten Kenias lebt. Im Januar 2020 stieg der Pegel des Gewässers plötzlich so stark an, dass der Ortskern des Dorfes jäh auf einer Insel lag. Damals sah sich Lenapir gezwungen, seinen Wohnort zu verlassen. Aus Angs