Der Feind meines Feindes ist mein Freund

Iran/USA Dass die Vereinigten Staaten im Irak-Konflikt auf Hilfe angewiesen sind, könnte der Türöffner für eine respektvollere Außenpolitik sein
Der iranische Präsident Hassan Rohani auf einer Pressekonferenz am 14. Juni 2014
Der iranische Präsident Hassan Rohani auf einer Pressekonferenz am 14. Juni 2014

Foto: Atta Kenare/ AFP/ Getty Images

Chaos schafft merkwürdige Bettgenossen. Plötzlich ist den Amerikanern jeder willkommen, der im Irak für Stabilität und Widerstand gegen den Vormarsch radikaler Islamisten sorgen kann. Wie schon in Syrien und dem Libanon kommt diese Rolle erneut dem Iran zu. Zweifellos würde man sich in Teheran freuen, wenn Präsident Barack Obama und die „beste Streitmacht, die die Welt je gesehen hat“, angekrochen kämen, um Hilfe zu erbitten.

„Wie sollen wir das verstehen, Amerika? Sind wir denn kein Terrorstaat mehr? Gehören wir nicht mehr zur "Achse des Bösen"? Sind wir nicht Emporkömmling und Möchtegern-Atommacht? Du bist in unsere Einflusssphäre eingedrungen und hast unsere Grenzen zum Irak und Afghanistan destabilisiert. Du hast Sanktionen gegen uns verhängt, um deinen Club von Atommächten zu beschützen. Jetzt sitzt du in einer Falle fest, die du dir selbst gestellt hast, und brauchst unsere Hilfe“, heißt es in Teheraner Zeitungen

Der militante sunnitische Aufstand wird sich nicht auf den Iran ausbreiten, und es ist höchst unwahrscheinlich, dass die Dschihadisten Bagdad einnehmen oder – was für den Iran wichtig ist – die heiligen schiitischen Schreine um Kerbala im Süden.

Dennoch könnte der Iran sich auf eine Zusammenarbeit mit den USA einlassen, wenn diese sich zu einer größeren Zurückhaltung im syrischen Bürgerkrieg bereiterklären. Und man würde es in Teheran bestimmt auch sehr zu schätzen wissen, wenn die Amerikaner in Anbetracht der israelischen und pakistanischen Atom-Arsenale weniger paranoid auf das iranische Anreicherungsprogramm reagieren würden und zu einer Lockerung der Sanktionen bereit wären.

Zu welchem Preis?

„Was also ist dein Preis, Washington, für drei Bataillone der Revolutionsgarden, die der Regierung in Bagdad helfen?“, fragt man sich in Teheran. Man kann sich kaum vorstellen, dass die Invasion von 2003 doch noch ein gutes Ende nehmen könnte, schließlich war verglichen mit den ISIS-Leuten selbst Saddam die Mäßigung in Person. Die zarten diplomatischen Annäherungen zwischen Iran und den USA sind da ein äußerst willkommener Hoffnungsschimmer.

Iran ist bei weitem der mächtigste Player im heraufziehenden sunnitisch-schiitischen Konflikt. Und der mittelbare Gegenspieler der sunnitische Phalanx, die Saudi-Arabien aufbietet.

Während der amerikanischen Präsidentschaftswahlen 2012 wetteiferten die Kandidaten miteinander, wer mehr Bomben auf Iran abwerfen würde. Es war kaum mehr zu erkennen als die blanke Kriegslust. Sollte die Realpolitik endlich einmal dem Respekt für die Integrität und Souveränität anderer Länder gerecht werden, sollten wir dafür dankbar sein.

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Geschrieben von

Simon Jenkins | The Guardian

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