Mann trägt Augenbraue wild

Schminktipps Make-Up ist Frauensache? Das sieht die Kosmetikindustrie aber anders. Nun will sie Schminke und Lipgloss an den Mann bringen. Na, viel Glück!

Mit Anbruch des Jahres stellt sich wohl jeder Mann die eine Frage: Wie sollten 2009 meine Augenbrauen aussehen? Seid beruhigt, Jungs, die aktuelle Ausgabe der Vogue Homme International weiß Rat: "Dieses Jahr," heißt es dort „werden Augenbrauen dicht, nervös und wild getragen. Vielleicht ein winziges bisschen in Form gebürstet, ohne danach auszusehen." Gott sei Dank, höre ich euch, liebe Geschlechtsgenossen, aufseufzen: Bevor ich dies gelesen habe, hatte ich fälschlicherweise angenommen, 2009 würde das Jahr der radikalen „Statement“- Augenbraue werden und wusste nicht, ob ich meine nun Magenta färben oder doch lieber eine abrasieren sollte.

Was heißt hier Abschied vom Kompaktpuder?

Dargeboten wird diese Hilfestellung in einem Artikel, der Männern Make-Up-Tipps für das kommende Jahr liefert. Hierzu hat die Vogue Homme-Redaktion einen Autoren ausfindig gemacht, der in einer alternativen Realität zu leben scheint: "Make-Up ist kein riskantes Stil-Accessoire mehr, das ein paar wenigen egozentrischen Charakteren vorbehalten ist." An anderer Stelle wird dem Leser nahe gelegt, den naturfarbenen Lipgloss sein zu lassen („schlichtweg lächerlich“). "Foundation," wird weiter verraten, "sei out" und überhaupt sei es an der Zeit "sich vom Kompaktpuder zu verabschieden."

Ich kann gar nicht sagen, wie erleichtert ich bin: War ich doch bestimmt nicht der einzige, dem es entschieden auf den Zeiger gegangen ist, dass auf Geschäftsterminen, in der Kneipe oder im Fußballstadion alle anderen Männer rumliefen wie Barbara Cartland.

Es bräuchte schon eine grundlegende Neuverkabelung des männlichen Gehirns

Dankenswerterweise erinnert dieser Artikel daran, dass eine ganze Reihe von Firmen inzwischen Make-Up für Männer produziert - auch wenn kein Mann einen anderen kennt, der es trägt. Dior hat sogar das für Männer entwickelte Äquivalent zum legendären Abdeckstift Touche Éclat von YSL im Programm. Die schiere Fülle an Produkten verrät, dass irgendjemand in den Marketingabteilungen dieser Firmen wohl daran glaubt, dass in der nicht allzu fernen Zukunft traditionelle Vorurteile bezüglich Männern und Schminke über den Haufen geworfen werden.

Eine schwierige Vorstellung. Es bräuchte schon eine grundlegende Neuverkabelung des männlichen Gehirns. Trotzdem gibt man bei den Kosmetikherstellern offensichtlich die Hoffnung nicht auf, und wir werden weiter mit Artikeln dieser Art beglückt. Die haben allerdings weniger mit dem männlichen Bedürfnis nach Schönheit zu tun, als mit dem Interesse, Männer etwas glauben machen zu wollen.

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Übersetzung: Zilla Hofman
Geschrieben von

Alex Petridis, The Guardian | The Guardian

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