Am Sonntag sind kurdische Einheiten, unterstützt durch ausländische Spezialkräfte, unter anderem auch ein türkisches Kontingent, auf die Stadt Bashiqa in der Nähe von Mossul vorgerückt, während der Daesh einen weiteren Entlastungsangriff auf die im Westen gelegene Stadt Rutba unternahm.
Die Offensive der IS-Gegner konzentrierte sich darauf, Baschiqa einzukreisen, das sowohl für seine religiöse Vielfalt wie für die Produktion des Anislikörs Arak bekannt war, bevor der Daesh sie im August 2014 unter seine Gewalt brachte.
Immer wieder Selbstattentäter
Ihre Befreiung war schon in der vergangenen Woche erwartet worden, als Peschmerga-Kommandos in die Gegend vordrangen, dann aber von Selbstmordattentätern und mit Sprengfallen versehene Straßen und Gebäude aufgehalten wurden. Auch existieren weitläufige Tunnelsysteme in bereits „gesäuberten“ Gebieten, durch die IS-Kämpfer wieder auftauchten, um anzugreifen.
„Die Selbstmordanschläge mit Autos waren gewaltig und haben uns viele Opfer gekostet“, erzählt der 60-jährige Peschmerga Jamal Bayaz, der sich in den Osten von Baschiqa vorgekämpft hat, nachdem er sich vor einer Woche wieder zurückziehen musste. „Wir hatten panzerbrechende Munition, aber die Gegend war hügelig und wir verpassten die IS-Einheiten. Wenigstens einmal hatten wir Glück, als uns ein Selbstmordattentäter angriff, dessen Wagen dann aber liegenblieb, bevor er uns erreicht hatte.“
Die kurdischen Einheiten und ihre Verbündeten gingen bei der Wiederaufnahme der Operation kein Risiko ein. Die ganze Kraft und Breite der Koalition, die den IS aus seiner letzten Hochburg im Irak vertreiben will, zeigte sich auf der Anhöhe bei Baschiqa im Norden der Stadt. Zwei Apache-Kampfhubschrauber schwebten über dem Gelände, obwohl eine dicke Rauchwolke in der Luft hing. Der Daesh hatte Reifen in Brand gesetzt, um die Sicht aus der Luft zu behindern.
Tolerante Amerikaner
In einem nahegelegenen Stützpunkt der US-Spezialkräfte bauten Soldaten zur Absicherung Erddämme, während ihre Artillerie stets auf die IS-Stellungen darunter gerichtet war. In der Nähe des äußersten Vorpostens der einheimischen Kämpfer suchten britische Spezialkräfte das Tal nach feindlichen Kombattanten ab, bevor Salven von Mörsergranaten auf IS-Stellungen niedergingen.
Am Himmel zogen US-Kampfjets vorbei und flogen regelmäßig Angriffe. Dabei schalteten die Flugzeuge nach Angaben von Peschmerga-Kommandeuren mindestens drei Selbstmordattentäter in ihren PKW aus. Fünf weitere Autobomben und drei Selbstmordattentäter auf Motorrädern konnten ebenfalls getötet werden.
An einem Punkt war die Frequenz der Luftschläge so hoch, dass kurdische Kämpfer an einem Vorposten schon fürchteten, ihre eigenen Leute seien getroffen worden, und britische Spezialkräfte ihnen durch die Zielkoordinaten das Gegenteil beweisen mussten.
Türkische Einheiten, deren Anwesenheit von Iraks Premierminister, Haider al-Abadi, scharf kritisiert worden war, beobachteten die Stadt Bashiqa ebenfalls von einem in der Höhe gelegenen Stützpunkt aus, der gut mit Radar und gepanzerten Fahrzeugen ausgestattet ist.
500 türkische Soldaten hatten sowohl sunnitische als auch kurdische Kräfte in dem Stützpunkt in Baschiqa auf die Offensive vorbereitet. Der türkische Premierminister, Binali Yıldırım, erklärte am Sonntag, nachdem sie um Unterstützung gebeten worden seien, hätten türkische Panzer und Artillerie ebenfalls in die Schlacht eingegriffen.
Die Regierung in Bagdad erklärte jedoch, es habe keine Erlaubnis für die Türken gegeben, in den Irak einzudringen. Er forderte Ankara auf, diese Kontingente wieder zurückzuziehen. Aber von dort kam eine Weigerung, unterlegt mit der Begründung, man spiele ebenfalls eine Rolle im Kampf gegen den IS. US-Verteidigungsminister Ashton Carter, der am Sonntag in der kurdischen Provinzhauptstadt Erbil eintraf, versuchte die Wogen zwischen Türken und Irakern zu glätten, was nur mäßig gelang.
Daraufhin gab er eine prinzipielle Vereinbarung bekannt, wonach den türkischen Truppen eine Rolle in der Operation zugestanden werden sollte. Seitdem bezeichnet Premier Abadi die Mossul-Offensive demonstrativ als „irakische Schlacht“.
Noch vereint die Operation eine breite Koalition aus nationalen und regionalen Fraktionen, von denen viele nur der Wunsch eint, den IS aus Mossul zu vertreiben. Alle sind sich jedoch darin einig, dass die Kämpfe Wochen, wenn nicht gar Monate dauern werden.
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