Trotz des spektakulären Widerstandes, den Laurent Gbagbo von seinem Bunker aus geleistet hat, dürfte die Gefangennahme des ehemaligen Präsidenten – verglichen mit der Aufgabe, die Elfenbeinküste aus ihrer gegenwärtigen Krise zu führen – ein Kinderspiel gewesen sein. Gbagbos siegreicher Rivale Alassane Ouattara findet sich in einer äußerst unangenehmen Lage wieder: Das Land ist politisch und militärisch gespalten, vom Bürgerkrieg halb zerstört und die Wirtschaft liegt am Boden, weil Investoren seit über zehn Jahren einen weiten Bogen um die Elfenbeinküste machen. Ouattara wird alle seine alten Kontakte beim Internationalen Währungsfonds (IWF) ausschöpfen müssen, wo er über Jahre hinweg immer wieder gearbeitet hat, um genügend Hilfe zu organisieren.
Die Last der Gräuel
Lange wurde darüber spekuliert, ob Ouattara überhaupt Präsident werden wollte. Nach dem Tod von Félix Houphouët-Boigny, des ersten Staatschefs nach der Unabhängigkeit, der eine Politik der Integration gepredigt und praktiziert hatte, brachen für die Arbeitsmigranten aus dem Norden im südlichen Kakao-Gürtel härtere Zeiten an. Als Houphouët starb, war Ouattara Premierminister. Damals unterstützten ihn vorrangig die Moslems aus dem Norden und die Intellektuellen aus dem Süden. Von den Wahlen 1995 wurde er durch ein Gesetz ausgeschlossen, woraufhin Ouattara das Land verließ und Karriere beim IWF machte. Dadurch, dass sie eine Partei gründeten, setzten ihn seine Anhänger unter moralischen Druck, in sein Heimatland zurückzukehren.
Für für den Augenblick bieten sich für Ouattara nicht gerade die besten Aussichten. Da er seine größte Unterstützung aus dem überwiegend muslimischen Norden rekrutiert, kann der designierte Staatschef davon ausgehen, dass man ihn für jedes Problem verantwortlich machen wird, das in den vormals von den Rebellen gehaltenen Gebieten auftaucht. Es gibt immer wieder Berichte, die seine Unterstützer für Gräueltaten im Westen verantwortlich machten und auf gärende Konflikten bei der Verteilung von Land verweisen. Der Zusammenbruch der inneren Sicherheit spielt ebenfalls eine Rolle. Man macht es sich jedenfalls zu einfach, Ouattara für das jüngste Aufflammen von Konflikten verantwortlich zu machen, die schon seit einer Generation bestehen.
Marionette des Auslands
Der Norden wird seit 2002 von Rebellen kontrolliert, die locker mit Ouattara verbunden sind. Sie unter die Kontrolle einer Zentralregierung zu bringen, dürfte nicht einfach werden. Der Süden misstraut dem Norden, weshalb Initiativen einer Zentralregierung zur Lösung regionaler Probleme äußerst unbeliebt sein werden. Es ist schwer, sich vorstellen, wie es einem Politiker, der bislang nicht allzu viel mit der ivorischen Bevölkerung in ihrer Gesamtheit zu tun hatte, gelingen sollte, das Land zu einen.
Für die Anhänger Gbagbos bleibt Ouattara auf absehbare Zeit wegen seiner ethnischen Zugehörigkeit verdächtig. Für sie ist er eine Marionette des Auslands – aber seine eigenen Anhänger setzen große Erwartungen in ihn.
Thalia Griffiths ist ehemalige Reuters-Korrespondentin in Abidjan und heute Redakteurin bei .
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