Die meisten Leute verstehen nichts von Offshore-Steuersparmodellen. Das brauchen sie auch nicht, weil sie nicht genug Geld haben, um diese Steueroasen zu nutzen. „Normale“ und Offshore-Welt haben jahrzehntelang nebeneinander her existiert, schön getrennt von der Geheimhaltung, die weiter eine wichtige Attraktion der Branche ausmacht.
Geheimhaltung– und inkonsequente Kontrolle – haben dem Sektor gute Dienste geleistet. In den vergangenen 40 Jahren ist die Zahl der ausländischen Steuerparadiese exponentiell angewachsen; in den 70ern boten sie Einzelnen die Möglichkeit, ihr Geld vor korrupten und verbrecherischen Regierungen in instabilen Ländern zu verstecken, oder ermöglichten es Banken, Geld zu verschieben, um Währungsfluktuationen zu vermeiden.
Später wurden die Offshore-Finanzplätze bevorzugter Investitionsort für die Reichen und Berühmten, die legale, aber Steuern sparende Investitionsmöglichkeiten für ihren Reichtum suchten. Die Branche wuchs und es gab wenig politischen Ehrgeiz zu untersuchen, was dort vor sich ging.
Legalität ist nicht der Punkt
Das änderte sich mit der Veröffentlichung der Panama Papers im April vergangenen Jahres. Die Papiere bewiesen, dass einige der reichsten Menschen und Unternehmen der Welt ihr Geld in Firmen retten konnten, die nicht ihren Namen trugen, Luxusgüter und Immobilien erwerben oder in „Mittel“ investieren konnten, die ihre Steuerlast auf ein Minimum reduzierten. Das Meiste davon war komplett legal, aber das ist nicht der Punkt. Wie der damalige US-Präsident Barack Obama befand: „Das Problem ist, dass ein Großteil dieser Dinge legal ist, nicht illegal.“
Die Panama Papers warfen die grundlegende ethische Frage auf: Ist das fair? Mehr als elf Millionen Dokumente waren durch ein Leak aus der Offshore-Kanzlei Mossack Fonseca gesickert. Das panamaische Offshore-Unternehmen holte das Bestmögliche für seine Kunden heraus und vernachlässigte gleichzeitig seine vorschriftsmäßigen Pflichten, die Geldwäscher und korrupte Politiker daran hindern soll, ihr Geld beiseite zu schaffen.
Nach der Veröffentlichung der Informationen aus den Panama Papers in internationalen Medien begannen Politiker, Akademiker und die Finanzwelt die moralische Legitimität von ausländischen Steueroasen und ihre Überwachung ernsthafter zu diskutieren. Quer durch das politische Spektrum wurde größere Transparenz gefordert, letztlich aber nur kompromisshafte Regelungen erreicht. Vertreter der Branche versicherten, Mossack Fonseca sei eher die Ausnahme als die Regel. So argumentierte etwa der Branchenverband „International Financial Centres Forum“ (IFC), dass die britischen Überseeterritorien und Kronbesitze den „höchsten Regelungsstandards“ unterstünden. Mehr Transparenz würde nur zu mehr Geldwäsche führen und allein Kriminellen, NGOs und investigativen Journalisten etwas bringen, hieß es weiter.
Ein wichtiges Mitglied des IFC ist die Offshore-Kanzlei Appleby, die jetzt durch das Paradise Papers-Leak in der Kritik steht.
Appleby hat einen Ruf als renommiertes Unternehmen. Mit Büros weltweit gehört es zum „magischen Zirkel“ von Offshore-Kanzleien und wurde mehrfach als „Offshore-Firma des Jahres“ ausgezeichnet. Zu seinem Blue-Chip-Klientel gehören einige der reichsten Unternehmen und Privatkunden der Welt. Im vergangenen Jahr bezeichnete einer der Kanzlei-Partner Kritik an der Branche als unfair: „Nur weil Harold Shipman seine Patienten ermordet hat, würde man auch nicht alle Ärzte ins Gefängnis werfen.“ Dieser Vergleich muss sich jetzt daran messen, was das Datenleck zutage gebracht hat, das führenden internationalen Medien – darunter unter anderem Süddeutsche Zeitung, New York Times, BBC und Le Monde – Einblick in die Geschäftspraktiken der Kanzlei gewährt.
Die Papiere werfen erneut Zweifel an der Offshore-Industrie und ihren Regulierungsinstanzen auf. Zudem stellt sich die Frage, ob ihnen genug Aufmerksamkeit gewidmet wird. Die Akten zeigen zahllose rechtmäßige Möglichkeiten auf, mit denen die superreichen Kunden des Unternehmens ihre Steuern minimieren können: ungewöhnliche, teils verwirrend komplexe Methoden, die der ursprünglichen Philosophie des Offshore-Branche zuwiderlaufen, von Institutionen wie der Europäischen Kommission und der OECD verurteilt wurden und zunehmend für den Normalbürger inakzeptabel sind.
Zusätzliche politische Dimension
Im Vergleich zu den Panama Papers hat das neue Datenleck eine zusätzliche politische Dimension. In den Dokumenten berichtet der IFC von seiner einflussreichen „Durchdringung“ der britischen Regierung durch die Lobbyarbeit bei Ministern und Staatsbeamten. Der Verband rühmt sich, hinter den Kulissen dazu beigetragen zu haben, dass beim G8-Gipfel 2013 keine weitergehenden Maßnahmen für mehr Transparenz beschlossen wurden.
Appleby wollte sicher nicht mehr Transparenz. Intern hieß es, Veränderungen wären finanziell „extrem schmerzhaft“ für das Geschäft. Das offengelegte Lobbying ist insbesondere von Bedeutung, weil die Akten zeigen, dass Applebys Bermuda-Büro 2013 von der Finanzaufsichtsbehörde Bermuda Monetary Authority (BMA) geprüft wurde. In einem kritischen Bericht verwarnte sie Appleby in neun Bereichen und forderte, „mit hoher Prioriät“ Veränderungen umzusetzen. Bemängelt wurde etwa die Risikobeurteilung zur Vermeidung von Geldwäsche und Finanzierung terroristischer Gruppen.
Die Akten zeigen auch, dass Appleby nicht zum ersten Mal im Konflikt mit den Bestimmungen stand. Das Unternehmen wurde innerhalb von zehn Jahren bei zwölf vertraulichen Prüfungen auf der Isle of Man, den Cayman-Inseln, Bermuda und den British Virgin Islands wegen Nichteinhaltung von Vorschriften kritisiert.
Bestimmte Fragen werden nicht beantwortet
Zur gleichen Zeit also, als Appleby sich gegen größerer Transparenz in Steueroasen einsetzte und sie als unnötig und kontraproduktiv bezeichnete, hielt die Kanzlei ständig Standards nicht ein, die Kritiker sowieso für viel zu lax halten. In einem öffentlichen Statement erklärte Appleby, nach Prüfung aller Vorwürfe sehe die Kanzlei bei sich keine Fehler. Allerdings verweigerte sie die Antwort auf bestimmte Fragen, etwa über Kunden wie den Rohstoffkonzern Glencore und wie es ihm gelang, sich Bergbaurechte in der Demokratischen Republik Kongo zu sichern, einem der korruptesten und ärmsten Staaten der Welt.
Und was wusste Appleby wirklich über ein Unternehmensnetzwerk, das die Kanzlei fürdem angolanischen Präsidenten nahestehende Kunden aufgebaut hat, dem wiederholt Korruption und Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen wurden?
Die Dokumente bringen weitere beunruhigende Fakten ans Licht, darunter einen milliardenschweren Kunden, der als PEP – politisch exponierte Person – eingestuft war und daher besonders sorgfältig hätte geprüft werden müssen. Der betroffene Milliardär wollte ein Geschäft über Applebys Bermuda-Büro abwickeln. Die dortige Aufsichtsbehörde forderte aber eine schärfere Überprüfung ein, weil der Kunde auf einem wichtigen Formular irreführende Angaben gemacht hatte. Appleby schlug offenbar statt einer Überprüfung vor, den Antrag auf einem anderen Weg zu stellen, „wo nicht dieselben Probleme auftauchen“.
Die Dokumente zeigen, dass einige der Appleby-Partner die Sache problematisch sahen: „Das ist merkwürdig“, sagte einer. „Lasst mich aus der Gruppe heraus, für den Fall dass es etwas gibt, was ich nicht wissen sollte.“
Auch ein weiterer PEP, der seit 1984 Jahren Kunde der Firma war, wurde zum Problem. 2013 entdeckte Appleby, dass der Kunde nicht der war, wofür man ihn hielt. Er hatte offenbar Verbindungen zu einem Wissenschaftler, dem vorgeworfen wird, einer der Architekten von Saddam Husseins Nuklearwaffenprogramm zu sein, und sein Unternehmen soll Anfang der 1990er als Fassade für Saddam gedient haben.Als Appleby darauf aufmerksam gemacht wurde, reagierten die Manager mit Panik: „Gibt es irgendeinen Hinweis darauf, dass wir das schon einmal entdeckt haben? Wie kann es sein, dass wir das nicht früher wussten?“
Verstörende Vielfalt
Was aber am stärksten verstört, ist die ans Licht gebrachte Vielfalt und Art der Steuervermeidungsmodelle – zumindest, wenn man nicht zur Elite gehört, die sie nutzen. Von Möglichkeiten, Mehrwertsteuer auf Riesenyachten und Privatflugzeuge zu umgehen, bis hin zu Kopfschmerzen bereitenden, komplexen Strukturen, diemultinationalen Unternehmen dienen – das alles ist in den Akten zu finden.
2012 beschrieb der damalige britische Chancellor George Osborne einige Steuermodelle als „moralisch widerwärtig“. Der damalige Premierminister David Cameron nannte sie „nicht fair und nicht richtig“. In jüngerer Zeit waren sich beim Thema Steueroasen sogar US-Präsident Donald Trump und der Demokrat Bernie Sanders einig. Sanders traf einen Nerv, als er sagte, es sei Zeit, dass die größten Konzerne in den USA „ihren fairen Anteil an den Steuern zahlen, damit unser Land das nötige Einkommen hat, um Amerika wieder aufzubauen“. Trump blies ins gleich Horn und versprach, „Billionen von Dollar aus amerikanischen Unternehmen zurückholen, die im Ausland geparkt sind“. Peinlicherweise scheinen aber einige seiner Unterstützer und Geldgeber selbst an Offshore-Anlagemodellen beteiligt zu sein. Und die Paradise Papers zeigen, dass die amerikanische Geschäftswelt keine Eile hat, das Geld zurück nach Hause zu holen. Das Gegenteil scheint der Fall zu sein.
In Großbritannien kündigte das Wahlkampfprogramm der Konservativen „starkes Durchgreifen gegen Steuervermeidung und Hinterziehung“ an. Bisher ist noch nichts passiert. Labour hat eine öffentliche Untersuchung der Steueroasen-Problematik gefordert. Und Parteiführer Jeremy Corbyn provozierte kürzlich Theresa May: „Hält es die Premierministerin für akzeptabel, dass bei Steuern für die Superreichen andere Regeln gelten als für den Rest von uns?“
Dank des Leaks der Paradise Papers wird nun die Weltöffentlichkeit die Möglichkeit bekommen, das Geflecht an Plänen und Netzwerken zu prüfen und abzuurteilen, das Politiker inakzeptabel und vielegewöhnliche Bürger abstoßend und unfair finden.
Kommentare 18
solange der staats-haushalt aus den taschen mehrwert-steuer
zahlender, wehrloser habenichtse bedient wird,
ist steuer-gerechtigkeit doch luxus.
oder?
Weil das so ist haben die kriminellen Mitesser des Steuersystems das sog. Karusselgeschäft entwicklet um sich die Mehrwertsteuer zigfach wieder zu holen. Die amoralsichen Steuervermeider der uppper-classes der Welt lassen halt ihre Schäfchen in Länder bringen, wo die Sonne scheint aber selten was ans Licht der Sonne kommt. Die dafür vorgesehenen "Bearbeiter" in den Kontrollsystemen, (die die Dinge ja kennen) gehen ungern an die Dinge dran.
Warum wohl ?
Es muss ein generelles Umdenken stattfinden, wie nachfolgend, aus integraler Perspektive, aufgezeigt wird:
GELD ALS ZIVILISATORISCHE CHANCE UND INITIATIVE NEUE GELDORDNUNG
Raimund Dietz Impulsreferat am SERI – Projekt N21 5.10.201
Die Bürgergesellschaft muss endlich Kompetenz über eines ihrer zentralen Medien erlangen.
Geld wird schon seit Jahrtausenden mit dem Bösen assoziiert. Genauso wie das Mittelalter dem Menschen durch Geißelungen die Sexualität auszutreiben versuchte, so versucht die Philosophie seit Aristoteles Geld verächtlich zu machen. Besondere Geldfeinde waren Plato – von der Philosophie wurde gesagt, sie sei nur eine Fußnote zu Plato –, und natürlich Marx, der Geldfeind per se, der sich allerdings, als einer der wenigen Ökonomen, sehr mit dem Thema Geld auseinandersetzte. Das Beispiel von Marx zeigt im Übrigen: Wissen schützt vor Irrtum nicht.
Diese Austreibungstechniken funktionieren gar nicht. Im Mittelalter definierten sich Heilige durch sexuelle Enthaltsamkeit und durch Armut. Die Vorbildfigur war der Mönch. Die revolutionäre Bürgerschaft hoffte auf Erlösung vom Kapitalismus durch die Herrschaft des Proletariats – und die Eliminierung aller Formen, die die Bürgergesellschaft ausmachen: Tausch, Geld und Privateigentum. Dieser Ideologie wurden im 20. Jahrhundert, in welchem sich die Geldwirtschaft weltweit durchsetzte, mehr als 100 Millionen Menschen geopfert.
Der Mainstream ist zwar nicht gerade geldfeindlich eingestellt, aber er ist „geldvergessen“. Er baut Modelle ohne Geld, erklärt es für neutral, und hat keine Ahnung von seiner Wirkungsmächtigkeit.
Wie werden wir „heil“? Indem wir abwehren, was wir sind? Nein, indem wir akzeptieren, was wir sind!
Wir sind freie, verantwortliche, schöpferische, sinnliche und für Sinn begabte Wesen! Und unsere Freiheit, negativ und positiv, Freiheiten von … und Freiheiten für etwas haben wir nur, weil es Geld gibt. Das auszusprechen stellt bis heute einen Tabubruch dar.
Der Umgang mit Geld ist sehr einfach. Aber gerade weil es die täglichen Operationen des Lebens in so unglaublicher Weise vereinfacht, ist es eine so große Verführung.
Am Nachdenken über Geld sind schon viele verrückt geworden. Nur wenige haben bisher gefragt, warum das Nachdenken über Geld so schwierig ist. Aber vielleicht sollten wir lieber fragen: Was ist an unserem Denken falsch, dass wir es so schwierig mit Geld haben?
Beginnen wir mit einem Vergleich von Butter und Geld. Butter hat einen wunderbaren Geschmack, Geld hat gar keinen. Dafür aber ist es reines Potential. Beiden, Butter und Geld ist gemeinsam, dass sie Dinge sind – sind sie verbraucht, die Butter gegessen, das Geld ausgegeben, besitzen wir sie nicht mehr. Aber Geld ist mehr als nur ein Ding. Es ist auch Medium.
Menschen lieben es nicht nur, wenn sie gerade genießen, sondern bewahren und bauen auch gerne Potentiale auf. Wir leben nicht nur jetzt, sondern leben in der Zeit und (ent)werfen uns in die Zukunft.
Potentiale sind: Vorräte jeder Art, die Sprachfähigkeit, die Denkfähigkeit, die Bildung, Organisationen wie Polizei und Feuerwehr und Versicherungen, die in Notfällen einspringen können. Geld ist das abstrakteste aller Potentiale. Es macht möglich, was noch nicht ist. Wer Geld hat, muss nichts mehr anderes haben. Denn er kann jederzeit alles erhalten. Das ist die eigentliche, nicht-dingliche Leistung des Geldes.
Geld ermöglicht Verbindungen und damit Zugriffe, die ohne Geld kaum denkbar sind. Es macht die Welt „liquide“ und öffnet hierdurch Räume. Lokales wird auch Globales. Durch Geld wächst die Welt zusammen. „Alles“ (freilich nur Erwerbbares) wird durch Geld (fast) gleichzeitig möglich – für uns ist dies heute in einem Maß zur Selbstverständlichkeit geworden, dass wir uns schon fast mehr damit beschäftigen, was wir nicht brauchen (sollen).
Wir sichern unsere Zukunft, indem wir Geld sammeln, aufbewahren, es für einen Zweck einsetzen, dessen Realisierung oft weit in der Zukunft liegt. Wir können Geld aus allen Erdteilen und Ecken zusammentragen und für einen einzigen Zweck einsetzen. Crowdfunding, z.B. ist eine Möglichkeit, Unwahrscheinliches und Großes zu realisieren. Wir können gleichzeitig viele Ziele verfolgen, und gehen jeweils nur ein minimales Risiko ein.
Wir können auch Geld schöpfen – aus dem Nichts. Früher mussten die Menschen Geld zuerst produzieren, Gold und Silber aus der Erde mühsam graben (dabei die Umwelt schwer belasten). Heute wird Geld frei geschöpft – durch einen (immateriellen) Rechtsakt.
Die natürlichen Geldschöpfer wären die Zentralbanken, die sich im staatlichen Eigentum befinden (sollten). Wer aber schöpft Geld tatsächlich? 85% der sich im Umlauf befindlichen Geldmenge (Banken-Giralgeld) wird heute durch Geschäftsbanken geschöpft.
Das widerspricht der Bürgerordnung: Bürger müssen anderen dienen, um zu verdienen, sie dürfen nicht Geld „drucken“. Banken haben sich dieses Privileg der Schöpfung von Kaufkraft zugeschanzt.
Geldreformbewegungen kämpfen gegen dieses ungerechtfertigte und krisenerzeugende Privileg an und treten für das Vollgeldsystem ein – und auch für weitere, begleitende Maßnahmen, wie z.B. das Trennbankensystem.
Weil Geld ein so großartiges Mittel ist, wird es für viele zum Zweck und eigentlichen Ziel des Lebens. Ein Sprichwort sagt: „Geld ist ein guter Knecht, aber ein schlechter Herr.“ Wie lässt sich Geld auf seine Mittelfunktion begrenzen, auf dass es eben nur als „Knecht agiert? Ist dies überhaupt möglich? – Nicht wirklich! Denn der Mensch ist ein Kulturwesen. Er schafft diese Kultur nicht nur, er ist Teil der Kultur. Nur weil er „überpersönliche Gebilde der Kultur“ (Georg Simmel) hervorbrachte, ist er Mensch. Er erzeugt Artefakte und macht sich von diesen abhängig: vom Faustkeil, von Sprache, von Institutionen, von Staatsgebilden, von Geld, usw. Diese Artefakte dringen tief in unsere Lebenswirklichkeiten ein. Ohne Sprache können wir nicht denken, ohne Staat würden wir im Chaos versinken, ohne Geld würden wir in Clans als Selbstversorger leben und weiterhin durch Kämpfe Reviere sichern. Ohne jene Artefakte kann der Mensch gar nicht sein – er ist aufgrund dieser Artefakte Mensch – und sollte keine Gedanken an ein Zurück verlieren. Aber er muss achtsam sein: Die Artefakte kolonialisieren ihn (Habermas) und machen ihn oft auch von sich in übermäßiger Weise abhängig. Sigmund Freud spricht vom Unbehagen an der Kultur, Georg Simmel vom Überhandnehmen der objektiven über die subjektive Kultur.
Wir verdanken Geld den Aufstieg. Es geht ohne Geld nicht. Es geht nur mit Geld! Die Schlussfolgerung kann also nur heißen: Wir müssen lernen, mit Geld zu leben.
Geld sollten wir nicht als notwendiges Übel begreifen, sondern als große Chance. Aber es verlangt viel von uns ab. Wer aufsteigt, muss sich für die Höhe rüsten. Weil Geld das perfekteste Mittel und absolut sinnentleert ist, stellt sich dringend die Frage nach dem Sinn unseres Tuns und unseres Seins. Wenn ich alles leicht haben kann, also von der Mühsal des Alltags befreit bin, muss ich erst recht die Frage stellen: Wozu bin ich da? Wie kann ich dienen? Wir könnten auch sagen: Der Geld-Gott zwingt uns zu unserer inneren Göttlichkeit. Sonst erwischt uns der Teufel. Nur so können wir uns aus der Tretmühle befreien, in welche wir uns durch die verlogene Verdrängung von und gleichzeitige Hingabe ans Geld begeben haben.
Raimund Dietz baut mit Gleichgesinnteneine Geldreformbewegung auf.
www.raimunddietz.com
Initiative Neue Geldordnung
(Quelle: Raimund Dietz)
Basisaussagen und Forderungen
A. Basisaussagen
Die Menschheit hat mit Geld ein Werkzeug erhalten, welches ihr ermöglicht, Großgesellschaften zu bilden, in relativem Frieden zu leben, gesellschaftlichen Wohlstand zu bilden, der noch vor wenigen Jahrhunderten undenkbar erschien. Außerdem eröffnet es den Einzelnen große Spielräume bei der Entfaltung ihrer Lebenspläne. Der durch Geld ermöglichte und durch Geld getriebene Prozess ist aber nicht nur mit großen Chancen, sondern auch mit großen Risiken verbunden. Beispiele sind die Umweltzerstörung, verursacht vom permanenten im Geldsystem angelegten Wachstumsdruck, und die Finanzkrise, ausgelöst durch unsinnige aufgeblähte Vermögenswerte, denen entsprechend große Schuldenbelastungen gegenüberstehen. Der nötige Solidarzusammenhang wird auch durch die permanente Umverteilung zugunsten der bereits übermäßig Wohlhabenden zerstört.
Der Volksmund sagt: „Geld regiert die Welt“. Aber dem Geld darf die „Regierung“ nicht überlassen werden, da es aus sich heraus zur Verselbständigung neigt und aus sich heraus weder Rücksicht auf Natur noch auf Verteilungsgerechtigkeit nimmt.
Auch wenn Geld das Gesicht der Welt radikal ändert, ist die Menschheit der Herausforderung, die Geld praktisch und geistig darstellt, bisher nicht gerecht geworden. Mit wenigen, aber bisher verkannten Ausnahmen reagierte die Menschheit mit Ignoranz und Ablehnung auf Geld. Im letzten Jahrhundert, als sich Geld als Medium der Gesellschaftsbildung endgültig gegen feudale Verhältnisse durchgesetzt hatte, gab es mit dem Kommunismus und Faschismus zwei mächtige Gegenbewegungen. Der erste behauptete, eine bessere Gesellschaft ohne Geld schaffen zu können – das Opfer dieser Idee etwa 100 Millionen Tote. Letzterer versuchte „die Juden“, denen die Gesellschaft die Erledigung „schmutziger“ Geldfunktionen übertragen hatte, auszurotten.
Die Geldignoranz bzw. Geldhass sind Ausdruck des Widerstands der Bürgergesellschaft gegen sich selbst. D.h., die Bürgergesellschaft hat noch keine Identität mit sich gefunden.
In Anlehnung an das Weltbild der klassischen Naturwissenschaften tut die Wirtschaftstheorie so, als ob die Wirtschaft ein geschlossenes mechanisches System wäre. Dem aber ist nicht so. Wirtschaft ist zwar ein spontanes Gebilde, aber wir haben durchaus Gestaltungsräume, ja, um das System – die Bürgergesellschaft, das Beste, was die Menschheit bisher entwickelte – zu erhalten und weiterzuentwickeln, müssen wir gestalten. Dazu muss man aber wissen, wie das Wirtschaftssystem als Geldsystem funktioniert. An diesem Wissen aber hapert es. Jeder will zwar mehr Geld verdienen, aber kaum jemand interessiert sich dafür, wie das Geldsystem funktioniert und wie die Wirtschaft als Geldwirtschaft funktioniert. Die Wirtschaftswissenschaften modellieren Wirtschaft im Allgemeinen so, als ob Geld keine Rolle spielen würde.
Die Geldvergessenheit der Theorie paart sich mit der Geldversessenheit der Individuen. Trotz der Wirkungsmächtigkeit des Geldes ist Geld eines der großen Tabus. Je mehr wir es verdrängen, desto mehr aber beherrscht es uns.
Die Bürgergesellschaft – wir alle sind Bürger (!) – muss (endlich) Kompetenz über eines ihrer zentralen Medien erlangen. Zur Erhaltung, Humanisierung und einem ökologisch verantwortlichem Umgang mit unseren Lebenswelten darf man an Geld nicht vorbeigehen. Geldreform ist daher Teil der Gesellschaftsreform. Die Bürgergesellschaft braucht ein funktionierendes, d.h. nicht hypertrophes Geldwesen. Geldreform ist für die Bürgergesellschaft eine permanente Aufgabe.
Dazu haben wir die Initiative „Neue Geldordnung“ gegründet. Wir konzentrieren uns auf die Geldfrage, denn
Geld spielt eine zentrale Rolle in der modernen Gesellschaft.Die Sozialwissenschaften weichen dem Thema Geld beharrlich aus.
Wir sind eine Plattform, die Ansätze zu sinnvollen Geld- und damit zusammenhängenden Gesellschaftsreformen formuliert, bündelt und zur Kräftigung der Bürgergesellschaft beitragen möchte. Wir lassen nicht locker, die Reform des Geldwesens als zentrale Aufgabe der Ordnungs- und Gesellschaftspolitik einzufordern. In diesem Prozess sind wir selbst Lernende.
Wir befassen uns mit
den Chancen und Gefahren (Eigenschaften) des heutigen Geldsystemsseinen Funktionsprinzipien undnotwendigen Veränderungen im Geld- und Finanzwesen
Wir verstehen uns in erster Linie als Initiative, die eine Veränderung des europäischen Geld- und Finanzsystems im Rahmen einer internationalen Finanzarchitektur anstrebt.
Wir suchen mit anderen Initiativen (auch aus anderen Ländern) Schnittstellen und Schnittmengen und bemühen uns um einen breiten Konsens quer durch die Parteien- und andere politische Landschaften. Wir treten für eine freiheitliche, bürgerliche und demokratische Ordnung ein, und möchten durch eine Reform des Geldsystems die volle Entfaltung einer solchen Ordnung befördern.
B. Ziele1. Generelle Orientierung Wege aus der Krise aufzeigen.Erarbeitung von Vorschlägen für eine der Bürgergesellschaft angemessene Geld- und Finanzordnung samt den damit dazugehörigen Aufsichts- und Regelungssystemen. Einbringen dieser Vorschläge in den öffentlichen Diskurs.Oder negativ formuliertdie (im System angelegte) Neigung zur Hypertrophie durch geeignete Regelungen zu unterbindendas hypertrophe Finanzsystem auf seine angemessene Funktion zu begrenzen/das Finanzsystem in seine Schranken zu weisen. 2. Allgemeine Forderungen
Der öffentliche Diskurs hat eine Reihe von Möglichkeiten aufgezeigt, der Hypertrophie des Finanzsystems zu begegnen bzw. diese abzubauen und damit eine besser funktionierende Bürgerwirtschaft zu etablieren. Es gilt diese Möglichkeiten systematisch zu erforschen und auf ihre Praktikabilität hin zu prüfen. Dazu fordern wir und streben an: Die Errichtung einer wissenschaftlichen Akademie zur Erforschung einer funktionierenden Geldordnung
(als Teil moderner Gesellschaftspolitik)
Die Akademie hat die Aufgabe, eine generelle Orientierung zu geben. Die derzeitige Zersplitterung des Wissens (wie es sich auch in verschiedensten wissenschaftlichen Ansätzen und der Geldreformbewegung selbst zeigt) ist eines der größten Hindernisse für eine verantwortliche Gestaltung.
Die Forschung über Geld, Geldsystem insbesondere und Wirtschaft im Allgemeinen leidet derzeit unter einem wissenschaftlichen Paradigma, welches der Tendenz nach die Wirkung des Geldes auf die Gesellschaft bestreitet. Dieses Paradigma ist zu überwinden. Ein neues Paradigma sollte die evidente Einsicht zu vermitteln in der Lage sein, dass eine Geldwirtschaft (oder Geldgesellschaft) andere Qualitäten aufweist als das Modell der „reinen“ Wirtschaft („pure economics“), etwa, dass die Bürgergesellschaft nur auf der Basis einer gewissen Gegenseitigkeit funktioniert: Man kann nur verdienen, wenn man (a) dient und wenn man (b) ordentlich zahlt. „Ausbeutung“ (die es im reinen Modell nicht gibt) untergräbt das System. Diese Grundtatsache sollten Vermögensbesitzer zur Kenntnis nehmen und die Leistenden selbstbewusster machen.
Die wichtigste Aufgabe der Akademie könnte darin bestehen, systematisch zu erkunden, wo im bestehenden System Freiheitsgrade und Gestaltungsräume vorhanden und wie sie sinnvollerweise zu nutzen und weitere Gestaltungsräume zu gewinnen sind. Dazu ist ein integraler, die Einzeldisziplinen (Ökonomik, Soziologie, Kulturtheorie) übergreifender Ansatz notwendig.
3. Konkrete Forderungen
Gegenstand des öffentlichen Diskurses über Ordnungspolitik ist eine Reihe von Maßnahmen, darunter: das Vollgeldsystem, Beschränkung der Größe der Banken (too big to fail, oder auch too big to function), Trennbankensystem, Auflösung von Schattenbanken, Unterbindung des Hochgeschwindigkeitshandels, ein TÜV für Finanzprodukte, Einrichtung sog. Sicherheitskonten außerhalb der Geschäftsbankenbilanzen, Komplementär- und Sektoral-„Währungen“; in weiterer Folge und Ferne: eine neue internationale Finanzordnung mit einer nicht mehr nur von den USA emittierten und von ihr manipulierbaren Währung, die Anbindung einer solchen Währungsemission an CO²-Certifikate, und dergleichen.
Als dringlichste und zentrale Maßnahme erscheint uns derzeit die Einführung eines Vollgeldsystems
Begründung: Mit der Entmaterialisierung (Befreiung) des Geldes von der Gold- bzw. Silbersubstanz – der letzte Schritt erfolgte 1971 durch Nixon – kann Geld beinahe kostenlos und in beliebiger Menge erzeugt werden. Wirtschaften funktionieren aber nur, wenn die Geldmenge hinreichend knapp gehalten wird. Wem kann die Knapphaltung von Geld anvertraut werden, wenn nicht dem staatlichen Souverän in der Gestalt unabhängiger Zentralbanken? Tatsächlich aber erzeugen profitorientierte Geschäftsbanken 80-90% der Geldmenge (Bargeld + Giralgeld = M1). Das Geschäftsbanken-Giralgeld ist zum hauptsächlichen Zahlungsmittel geworden.
Eine Geldverfassung, bei der Zahlungsmittel sowohl durch die Zentralbank als auch durch Geschäftsbanken hergestellt werden, nennt man fraktionale Geldverfassung. Diese hat nicht nur wirtschaftspolitisch erhebliche Nachteile, sondern verletzt auch den Gleichheitsgrundsatz. Der Grundsatz lautet: Private Subjekte müssen Geld durch verkäufliche Leistungen an andere verdienen. Nur der demokratisch legitimierte Souverän darf Geld produzieren. Derzeit aber produzieren die Banken die Hauptmasse an Zahlungsmitteln. Dadurch üben sie eine Macht aus, die ihnen nicht zusteht und die die Bürgergesellschaft bis in ihre Grundlagen gefährdet.
Es ist widersinnig, Staaten zu verpflichten, sich über das Bankensystem zu finanzieren. Der Gedanke dahinter ist, dass die Finanzmärkte den Staat disziplinieren sollen. Tatsächlich aber führt(e) die systemisch inhärente fehlende Disziplin des Banken- und Finanzsystems zur Finanzkrise. Die Bankenbilanzen sind in wenigen Jahren auf ein Vielfaches des Sozialproduktes angewachsen. Die Folge war die Finanzkrise. Da das Bankensystem systemnotwendig ist, führen Rettungsversuche zum Ruin der Staatsfinanzen (Staat in Geiselhaft). Das fraktionale Geldsystem bedroht die Stabilität beider: des Staats und der in großem Konkurrenzdruck untereinander stehenden Banken.
Deshalb fordern wir:
Die Geldschöpfung muss in die öffentliche Hand. Die alleinige geldschöpfende Instanz muss die Zentralbank sein. Sie ist eine öffentliche, dem Gesamtwohl verpflichtete Einrichtung. Da die Stabilität des Geldwertes von einer funktionierenden Realwirtschaft abhängt, darf die Geldwertstabilität nicht das einzige Ziel sein.Um die absolute Unabhängigkeit (bei gleichzeitiger Gemeinwohlorientierung) der Zentralbank zu gewährleisten, erhält die Zentralbank den Rang einer verfassungsmäßigen Stellung im Sinne der Gewaltenteilung. Neben der Legislative, Jurisprudenz, Exekutive steht eine „Monetative“. Die Monetative soll berechtigt sein, den Staat direkt im Rahmen der Geldschöpfungserfordernisse zu finanzieren. Hierdurch wird ein Teil des umlaufenden Geldes schuldenfrei emittiert.Von verschiedenen Seiten wird vorgeschlagen, Bargeld abzuschaffen. Wir sind strikt dagegen: aus zwei Gründen:Bargeld ist Privatgeld. Die Abschaffung von Bargeld würde den Bürger völlig gläsern machen.Die Abschaffung von Bargeld würde den Geschäftsbanken die alleinige Hoheit über die Produktion von Geld verschaffen. Versuche der Abschaffung des Bargelds machen die Vollgeldreform umso dringlicher.Geld ist ein öffentliches Medium. Der Vertreter der Öffentlichkeit ist nicht Google etc., sondern unser Staat. Der Bürger muss den Staat gegen die Aushöhlung durch (international operierende) Privatorganisationen schützen.Das Bankgeschäft kann nie ganz sicher sein. Der Geldverkehr muss aber sicher sein. Daher müssen eigene Sicherheitskonten geführt werden, auf denen das Giralgeld außerhalb der Bankbilanzen verbucht wird. Sparkonten sind immer Risikogeld.Nachdem die gemeinsame Währung eingeführt wurde, müssten die EURO-Staaten ihre Wirtschaftspolitik viel besser aufeinander abstimmen, als sie es tun, um ein Divergieren der nationalen Lohnstückkosten und damit ausufernde Zahlungsbilanzdefizite (und folgende Finanzkrisen) zu verhindern (Produktivitätsregel). Nur so können die Kosten der Rettung des EURO in Grenzen gehalten werden.
Begleitende oder andere, zusätzliche Maßnahmen sind oder könnten bzw. sollten sein:
Förderung des traditionellen (regionalen und sektoralen) BankengeschäftsDie konsequente Durchsetzung des TrennbankensystemsDie Begrenzung der Größe der Banken (nach Bilanzsumme)Die Einführung von TransaktionssteuernEine hinreichende Haltedauer bei den Wertpapieren (kein Hochfrequenzhandel!)Ein TÜV für Finanzprodukte (Unterbindung hybrider Konstruktionen, Verbot von Leerverkäufen, etc). Die Beweispflicht, dass das Produkt nicht schädlich ist, obliegt dem Entwickler.Faire Zins und Renditebesteuerung. Eine Ökosteuerreform.Die Gründung und das Betreiben eigener, unabhängiger europäischer Ratingagenturen. Die Vereinfachung des Finanzsystems soll die illegitime Stellung der Ratingagenturen abbauen helfen. (Heute existiert man nicht, wenn man nicht geratet wird.)Eine Vereinfachung des Regulierungssystems. Die jetzigen Regeln sind so kompliziert, dass sie das normale Bankengeschäft behindern und die Wirtschaft abwürgen.
In weiterer Perspektive:
Da Geldschöpfungsmacht reale Macht ist, und das internationale Zahlungsmittel zu etwa 70% der US-Dollar, verschaffen sich die USA als Nationalstaat ungerechtfertigte Vorteile, die sie durch unziemliche Maßnahmen (Interventionen) sicherstellen. Dieses ungerechtfertigte Privileg sollte beseitigt und an Stelle der jetzigen Unordnung ein neues und gerechteres System der Geldschöpfung gesetzt werden. Das Geldschöpfungsverfahren (ein Freiheitsgrad im System) könnte dazu eingesetzt werden, ökologische und soziale Anliegen zu berücksichtigen.
Literaturhinweise
1. Zur Rolle des Geldes in Wirtschaft und Gesellschaft
Binswanger, Hans C. Die Wachstumsspirale – Geld, Energie und Imagination in der Dynamik des Marktprozesses. Marburg: Metropolis, 2006.
Dietz, Raimund. Geld und Schuld - eine ökonomische Theorie der Gesellschaft, 4. Auflage. Marburg: Metropolis-Verlag, 2015.
2. Wie die Banken derzeit Geld schöpfen und wie es sein sollte
Huber, Joseph. Monetäre Modernisierung. Marburg: Metropolis, 2013.
Seiffert, Horst. Geldschöpfung - Die verborgene Macht der Banken. Nauen: Horst Seiffert, 2014.
3. Zur Finanzkrise und Bankenkrise
Peukert, Helge. Die große Finanzmarkt- und Staatsschuldenkrise. Marburg: Metropolis, 2015, 5.te Auflage.
4. Zu Zivilisation, Umwelt und Bewusstsein
Rifkin, Jeremy. Die empathische Zivilisation – Wege zu einem globalen Bewusstsein. Frankfurt a.M: Campus, 2010.
Wer bei den Steuervermeidern auf dem Schoß sitzt und sich n8chts Schöneres vorstellen kann, als von ihnen zum Cocktailempfang oder gar zu e8ner Wohltätigkeitsveranstaltung eingeladen zu werden, der wird sie nicht bekämpfen.
Und wer genau diese Schoßhündchen wählt, der sollte freudig und devot die Ste7ern zahlen, die von den Schmarotzern vermieden werden.
Zitat:
Dank des Leaks der Paradise Papers wird nun die Weltöffentlichkeit die Möglichkeit bekommen, das Geflecht an Plänen und Netzwerken zu prüfen und abzuurteilen, das Politiker inakzeptabel und viele gewöhnliche Bürger abstoßend und unfair finden.
Zitatende
Schön wäre es. Aber wer soll die Arbeit machen? Schließlich erwarten wir ja schon in zwei Wochen die nächste Sau, um sie durch's Dorf zu treiben. Wir können nicht die Säue durch das Dorf treiben und außerdem auch noch ein Geflecht an Plänen und Netzwerken prüfen und aburteilen. Dazu reicht unsere Kraft nicht. Schließlich sind wir auch nur Menschen, wenn auch keine guten. Es ist wie Bert Brecht sagte: Die Menschen sind schlecht; wer könnte sie schelten?
Dümmliche Phrase eines Hörfunkmoderators
Auch den WDR 2 | Radio beschäftigte heute Morgen das Thema »Paradise Papers«. Dabei stellte der Moderator Johannes Simon die launige Frage: „Sind wir nicht alle ein bisschen Paradise?“
Das hat mich zu folgender Email an den WDR veranlasst:
Wieder so ein untertäniger und flapsiger Lapsus, eine dümmliche Phrase, der bzw. die offensichtlich suggerieren soll, dass wir ordinäre Bürgerinnen und Bürger von ähnlicher Abstauber-Gesinnung sind und keinen Grund haben, uns kritisch zu Wort zu melden.
Ich jedenfalls kann nicht daran denken, den Mund zu halten:
Während der deutsche Staat, während Herr Schäuble, die gigantischen Steuermanipulationen von Firmen und Einzelpersonen begünstigt und aktiv unterstützt, hat er mir mit Datum vom 01.09.2017 einen „Vorauszahlungsbescheid über Einkommenssteuer und Solidaritätszuschlag“ in Höhe von 489 EURO für 2017 zugesandt. Ab 2018 bin ich verpflichtet, pro Quartal 122 EURO an Steuervorauszahlungen zu leisten. – Begründung: „Vorauszahlungen wurden festgesetzt, weil sie mindestens 400 € / Jahr betragen.“
So viel zur Steuergerechtigkeit in Deutschland bzw. im immer wieder angepriesenen global organisierten Kapitalismus.
Können Sie sich vorstellen, dass es Bürger gibt, die die o. g. dümmliche Phrase von Johannes Simon als eine Provokation erleben?
Mit freundlichen Grüßen, Jürgen Beineke
Kapital, Politik & Medien haben sich längst zur Gestaltung und Pflege einer symbiotischen Kultur der Kumpanei zusammengetan.
»Dank des Leaks der Paradise Papers wird nun die Weltöffentlichkeit die Möglichkeit bekommen, das Geflecht an Plänen und Netzwerken zu prüfen und abzuurteilen, das Politiker inakzeptabel und viele gewöhnliche Bürger abstoßend und unfair finden.«
Dieser naiven Fragestellung möchte ich folgendes entgegenhalten.
So, wie Bundestag und Europäisches Parlament organisiert sind, gehören ihnen nicht nur die Abgeordneten an, sondern ebenso ein Heer von Einflüsterern, auch Lobbyisten genannt, die eben nicht nur einflüstern, sondern auch belohnen. Gerhard Schröder, Joseph Fischer oder auch Friedrich Merz und jede Menge andere haben vorgeführt, wie das geht.
In den Ausschüssen befinden sich bei normalen Sitzungen oft mehr Lobbyvertreter als Abgeordnete. In der Zwischenzeit ist auch bei uns simplen Bürgern angekommen: Es ist kein Zufall, dass in der deutschen Hauptstadt auf einen Abgeordneten acht Lobbyisten kommen, in Brüssel sind es 20.
Diese und ihre Auftraggeber haben einen Großteil des Deutschen Bundestages längst einbezogen in ihr hoch effizientes Belohnungssystem. Der Bundestag ist regelrecht Bestandteil dessen und schon längst nicht mehr die Interessenvertretung der Bürgerinnen und Bürger.
abgeordnetenwatch.de hat uns im Sommer 2015 informiert: "Abgeordnete kassieren bis zu 21,4 Mio. Euro nebenher – Millionenbeträge bleiben im Dunkeln."
Diese Politiker sind keine „Volksvertreter“ mehr, sondern „Finanzvertreter“, schaffen gar die Demokratie ab.
Steuermanipulationen in gigantischer Größe werden von den meisten Politikern zugelassen, ansonsten wären sie bereits gesetzlich abgeschafft. – Und außerdem wissen wir:
Seit der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers im September 2008 können sich die Giganten unter den Großbanken, Versicherungen, Hedgefonds und multinationalen Konzernen sowieso darauf verlassen, dass sogenannte "systemrelevante" Unternehmen von Regierungen und Zentralbanken im Notfall mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln gerettet werden. „Wat Ever It Takes“ – ein Freibrief.
Ich möchte in diesem Zusammenhang auf die Unsitte hinweisen, dass die Politiker im Deutschen Bundestag mehrheitlich Regelwerke durchwinken, die so umfangreich und oft auch in englischer Juristensprache abgefasst sind, dass sie von den Abgeordneten gar nicht verstanden werden können. Oftmals lagen zwischen Vorlage und Abstimmung gerade mal Tage. – Aber sie heben bei der Abstimmung brav und devot ihr Händchen. Man schaue sich nur mal das skandalöse parlamentarische Handelsabkommen-Gehampel (TTIP, CETA, TiSA & Co.) an. Hoch lebe die Hinterzimmerdiplomatie.
Die Politiker dieser Parteien haben sich in ihren heimatlichen Wahlbezirken mandatieren lassen und dieses Mandat anschließend in großem Stil gegen ihre Wähler gerichtet.
Die Praxis der Mehrfacherstattung wurde auch über die Kapitalertragsteuer betrieben und zwar über sog. Cum-Ex-Geschäfte, bei denen die KapErSt mehrfach vereinnahmt wurde, weil die Eigentümerzuordnung durch eine vorhandene Gesetzeslücke nicht möglich war. Als diese Mehrfacherstattung auf nationaler Ebene gestoppt wurde, wurden diese Praktiken munter über ausländische Banken fortgesetzt. Schaden ca. 10 Mrd. €.
Die Steuergesetze werden nicht für Reiche gemacht, sondern durch Reiche. Dabei werden die Gesetzesvorlagen durch Steuerkanzleien oder Verbände fix und fertig vorformuliert und dann über sog. Referentenentwürfe in den Bundestag eingeschleust, der sie dann durchwinkt, entweder aus Unkenntnis oder weil so mancher Bundestagsabgeordneter in wohl verstandenem Interesse als Aufsichtsrat der betreffenden Firmen handelt, in denen er auch seine Brötchen verdient.
Ja was fällt mir dazu ein? Vielleicht Phil Collins mit „another day in Paradise“
https://www.youtube.com/watch?v=YiUQE5bJKFU
oder die in silicon valley vertretenen Firmen mit den Eagles „Hotel California“
https://www.youtube.com/watch?v=EqPtz5qN7HM
Apple treibt es so richtig bunt. Über Irland wird eine sogenannte „Staatenlos-Lösung praktiziert, d.h. der Konzernsitz ist keinem Staat mehr zuordenbar. Kein Staat keine Steuern, so einfach ist das. Wenn die neuen I-Phones über 1000 € kosten, stört das niemand so richtig, aber vielleicht sind sie deshalb so teuer, weil die Steuervermeidungsgebühren so hoch sind. Apple musste vor kurzem die Dividende an seine Aktionäre auf Kredit finanzieren, weil die Mittel in Steueroasen gebunden waren und Apple nicht die erforderliche Liquidität zur Verfügung hatte. Das Pikante dabei war, dass der Zinsaufwand als Betriebsausgabe gebucht wurde.
Fast hatte ich es vergessen. U2 mit “I still havent’t found what i’am looking for”
https://www.youtube.com/watch?v=e3-5YC_oHjE
Jetzt weiß ich auch, was Bono damit gemeint hat. Er hat eine Steueroase gefunden, in dem er die Einnahmen aus seinen Songs gebündelt hat. Das nennt man auch Trust.
Da kann man leicht den Samariter spielen, wenn man die Einnahmen aus den Musikrechten steuerfrei realisiert.
Machen wir uns nichts vor. Es wird genau so weitergehen wie bisher. Zu viele sind entweder zu dumm oder zu bequem oder beides, etwas zu unternehmen, ob bei Wahlen oder beim eigenen Konsum. Selbst unter den sogenannten Kapitalismuskritikern, Künstlern und Intellektuellen gibts genug Leute, die von Veränderung und Fairness schwafeln, und im nächsten Moment ein neues iphone aus der Tasche holen.
Da ist etwas in Schieflage in dem Beitrag. Natürlich werden die reich, die gutes Programme gut vermarkten können, dagegen ist nichts zu haben.
Fremdfinazierte Auszahlung von Dividenden ist total üblich und die Zinsen auf den Kredit sind richtigerweise als Betriebsausgaben abzugsfähig, wiel es liegt in der Finanzierungsfreiheit des Unternehmes wie es seine Verpflichtungen erfüllt. Ein Häuslebauer kann auch einen Kredizt für die Bezhalung des Hause aufnehmen und die Zinsen als Werbungskosten bei den einkünften aus dem Haus ansetzen. Er braucht sein Bares nicht einsetzen.
Die Schweinerei in der sache ist nicht das es so was gibt wie die Steuervermeidung hin zu den Oasen. Die Schwienerei ist, dass das die Betieligten Aufssichtsbehörden in der BRD schon lange wissen, wie der Hase läuft. Es ist die Schweinerei, dass die möglichen Gegenmaßnahmen von der BRD in Form der möglichen restriktiven Anwednung von § 1 ff AStG nicht vorangetrieben wird und das FinMin sich hinter den schwammigen Rgeln der OECD versteckt.
Alles liegt siet Jahren offen da, niemand geht richtig daran, nur halbherzig als Placebo-Effekt.
Sorry für die RF.gesnedet vom iPhone
Mit Reichen reden
In der Analogie zu dem kontrovers diskutierten Buchtitel "Mit Rechten reden"; müssten beides möglich sein? Die prinzipielle Richtigkeit der marxistischen Analyse: ""Die moderne Staatsgewalt ist nur ein Ausschuss, der die gemeinschaftlichen Geschäfte der ganzen Bourgeoisklasse verwaltet." - Karl Marx, Friedrich Engels, Manifest der Kommunistischen Partei, I. Marx/Engels, MEW 4, S. 464, 1848" zu akzeptieren und politisch darüber zu diskutieren, wie eine demokratische Mehrheit für einen steuerpolitischen Kurswechsel möglich ist und selbst aus dem Freund-Feind-Denken auszubrechen?
Meine Kritik richtet sich nicht grundsätzlich gegen die Praxis der fremdfinazierten Ausschüttung. Wenn aber ein milliardenschwerer Konzern nicht in der Lage ist die Ausschüttung aus der vorhandenen Liquidität zu bedienen, weil die nötigen Mittel in den Steuerosen gebunden sind. hat das schon einen faden Beigeschmack.
Was nun das Behördenversagen in D betrifft, gebe ich ihnen teilweise Recht. Sie wissen aber genauso gut wie ich, dass es die Doppelbesteuerungsabkommen gibt, die bilateral ausgestaltet sind. Solange es Länder gibt, deren Geschäftsmodel darin besteht, keine oder nur sehr geringe Steuern zu erheben, wird das Steuervermeidungsspiel fortgesetzt. Es ist doch ein Skandal ersten Ranges, das Länder wie die USA und GB - aber auch andere - in ihrem Hoheitsgebiet Steueroasen dulden und wie die Niederlande für bestimmte Einnahmen keine Stuern erheben.
Ich habe auch nichts gegen Reichtum, solange der Vermögende seine Steuern ordentlich bezahlt. Der Steuerausfall in der EU wird auf jährlich 1 Bio. € geschätzt. Das ist eine Menge Holz.
Ihr Hinweis, dass die Budesregierung unter Schäuble nicht nur nichts unternommen, sondern in der EU, Seit an Seit' u.a. mit den Niederlanden, Malta, Irland gegen jene gestimmt hat, die bereits drastische Maßnahmen im Fall der Panama-Paper forderten.
Es ist kaum anzunehmen, dass mit Jamaika eine Kehrtwende eintritt. Die Äußerungen "wir werden das prüfen, nehmen das ernst,' wie es nun von Seiten der CDU/CSU,FDP, Grüne scahllt, ähnelt einem zynischen Beschwichtigungskommando adressiert an den blöden Ottonormalverbraucher resp.Steuerzahler.
Ein Grund dafür die Ignoranz der Bundesregierung: der Fall 'Stilles Wasser Blackrock '
Der US-amerikanische Vermögensverwalter Blackrock verfügt über so viel Geld wie niemand sonst auf der Welt. Damit ist eine Menge Macht verbunden – und kaum jemand weiß es.
Blackrock verwaltet fast sechs Billionen Dollar Anlagekapital.
Politik und Wirtschaft suchen Blackrocks Nähe.Der Blackrock-Chef spielt seine Macht gerne herunter.
Es zählt ausschließlich die Rendite der Kunden.Blackrock setzt auf Netzwerke.
'Blackrock achtet deshalb bei der Personalauswahl deshalb auch auf nützliche Verbindungen. So war der stellvertretende Vorstand für institutionelle Anleger in Europa, Philipp Hildebrand, Präsident der Schweizerischen Nationalbank. Aufsichtsratschef der deutschen Blackrock-Niederlassung ist der wirtschaftsliberale, ehemalige CDU-Politiker und Bundestagsabgeordnete Friedrich Merz.'
Friedrich Merz ist Aufsichtsratchef von Blackrock Deutschland
ja, die imperien auf finanzieller basis
sind oft nur groß-anlegern bekannt.
--> geld regiert die welt(doku, swr, 2014) youtube.
So viel bürokratischer Aufwand! Früher schuldete der Adel dem König auch keine Abgaben. Aber den Einsatz des Lebens in der Armee des Königs. Das wäre doch eine Lösung. Wir stellen unsere Vermögenden generell steuerfrei, aber beim nächsten Außeneinsatz der Bundeswehr in die vorderste Frontlinie!