1. Oculus Rift versucht die Virtual-Reality-Technik wiederzubeleben
Virtuelle Realität, kurz VR – dieses Stichwort ruft Erinnerungen an die Achtziger wach, an Menschen, die mit Headsets und Handschuhen ausgestattet in virtuelle Welten eintauchten. Der Hype war groß, dennoch konnte die Technik sich nicht wirklich durchsetzen. Ähnlich erging es Mitte der Neunziger der Spielkonsole Virtual Boy von Nintendo und weitere zehn Jahre später virtuellen Welten wie Second Life. Dem gerade mal zwei Jahre alten US-amerikanischen Unternehmen Oculus Rift ist es nun gelungen, das Interesse an VR wiederzubeleben. Über die Crowdfunding-Webseite Kickstarter beschafften die Oculus-Gründer 2,4 Millionen Dollar für den Bau einer Entwicklerversion eines VR-Headsets. Facebook-Chef Mark Zuckerberg war ganz offenkundig angetan: Er hat Oculus gerade für zwei Milliarden Dollar aufgekauft.
2. Es geht um mehr als um Facebook-Spiele
"Dies ist nur der Anfang“, schrieb Zuckerberg als er den Deal ankündigte. „Wir werden Oculus zu einer Plattform für viele andere Dinge machen.“ Weiter schrieb er: "Stellen Sie sich vor, bei einem Sportereignis am Spielfeldrand dabei zu sein, in einem Klassenraum mit Schülern und Lehrern aus der ganzen Welt zu lernen oder einem Arzt gegenüber zu sitzen – einfach, indem Sie zuhause eine Brille aufsetzen.“ Oculus VR wird oft als Hardwarehersteller für Computerspiele bezeichnet. Auch Oculus-Gründer Palmer Luckey ist allerdings der Meinung, dass die Zukunft noch viel mehr Anwendungsmöglichkeiten für sein Produkt bereit hält: „Gegenwärtig sind die sozialen Netzwerke noch sehr abstrakt“, sagte er im vergangenen Jahr gegenüber dem Magazin Fast Company. „Er wird sehr interessant sein, was passiert, wenn die VR-Technik erst einmal so weit ist, dass realistische Interaktionen möglich sind“. Dann könne man „sein, wer man sein will, statt wie im echten Leben mit den Karten spielen zu müssen, die einem gegeben wurde. Es klingt nach Science Fiction - so weit weg ist es aber gar nicht.“
3. Nicht alle sind begeistert
Unter Gamern etwa herrscht die Sorge, Facebook habe nicht besonders viel für den Games-Bereich übrig. Für die größten Schlagzeilen sorgte Minecraft-Schöpfer Markus "Notch" Persson. Er hatte mit Oculus Gespräche über eine VR-Version seines enorm beliebten Spiels geführt. Nach Bekanntwerden der Übernahme brach er diese Unterredungen aber ab. "Facebook ist kein Unternehmen von Graswurzel-Technikbegeisterten. Facebook ist kein Unternehmen für Games-Technik. Facebook hat sich bisher einzig und allein dafür interessiert, seine Nutzerzahlen zu steigern“, erklärte Persson in einem Blogbeitrag.
4. Oculus ist nicht der einzige Anbieter auf dem Gebiet der VR für Spiele
In der Woche vor Bekanntwerden der Übernahme hat Sony eine eigene Virtual-Reality-Brille mit dem Namen Project Morpheus für die PlayStation 4 vorgestellt. Bislang handelt es sich lediglich um einen Prototypen. Ein Startup namens True Player Gear hat mit einem Prototypen für eine Gaming-Brille ebenfalls für Aufsehen gesorgt. Und Microsoft? Dort konzentriert man sich gegenwärtig noch auf das eigene Kinect-System, bei dem die Bewegungssteuerung über Kameras funktioniert. Allerdings arbeitet mit Jaron Lanier einer der angesehensten VR-Gurus in der hauseigenen Forschungsabteilung. Selbst wenn man bei Oculus also das Interesse an Games verlieren sollte, hat die Firma doch bereits dafür gesorgt, dass VR für Entwickler wieder reizvoll geworden ist. Die Zukunft dürfte also durchaus weitere Innovationen bringen – wenn auch nicht unbedingt von Oculus.
5. Auch für Kickstarter ist die Nachricht eine große Sache
Kein anderes Projekt, das die Kickstarter-Crowd bisher unterstützt hat, wurde mit so viel Gewinn verkauft. Auch das Potential der Seite als Sprungbrett für innovative Ideen wird deutlich. Oculus Rift finanzierte sich allerdings nicht ausschließlich über die Crowd: Nachdem man bei Kickstarter besagte 2,4 Millionen Dollar zusammenbekommen hatte, verschaffte man sich im Jahr 2013 noch einmal 91 Millionen Dollar bei traditionellen Wagniskapitalgesellschaften. Auch dies hat für Debatten gesorgt: Denn die Wagniskapitalgesellschaften erhielten Anteile und dürfen sich nun auf einen großen Zahltag freuen. Diejenigen, die das Projekt über Kickstarter unterstützt haben, müssen sich mit den Dev Kits begnügen, die sie in den Anfangstagen erhalten haben.
Dies verdeutliche das Problem von Kickstarter, schrieb Austin Walker von der University of Western Ontario bei Twitter: „Es geht um Konsum, nicht um Investition. Konsumenten dürfen nicht investieren.“ Insofern sei der Aufkauf von Oculus Rift ein Katalysator für einen grundlegenderen Unmut der Kickstarter-Community darüber, dass sie von wirtschaftlichen Möglichkeiten ausgeschlossen bleibt.
6. Ob es einen Markt für die Technik gibt, wird sich zeigen müssen
Wird VR also doch bald tauglich für den Mainstream? Die bisherigen Erfahrungen mahnen in dieser Frage zur Vorsicht: In ihren Anfangstagen war die Technik nicht nur ihrer Zeit voraus, sonder auch teuer. Der Virtual Boy von Nintendo war ein Flop. Second Life hatte zwar eine Community von etwa einer Millionen stetig treuer Nutzer, kam insgesamt aber nicht über den Nischenstatus hinaus. Die Herausforderung für Oculus besteht also darin, zu zeigen, dass es sich bei VR um mehr handelt, als um eine Randerscheinung. Zuckerberg jedenfalls ist überzeugt, „dass diese Art der immersiven, erweiterten Realität eines Tages für Milliarden Menschen alltäglich sein wird“. Auch bei Oculus ist man dieser Meinung: „Innerhalb der nächsten zehn Jahre wird Virtual Reality allgegenwärtig, bezahlbar und transformativ werden“, hieß es in einem Beitrag auf dem Oculus-Blog. Die Theorie lautet, dass die Ressourcen von Facebook Oculus in die Lage versetzen werden, die Technik zu verbessern, schneller auf den Markt zu bringen und (vor allem) bezahlbarer zu machen.
7. Antisoziale Technik?
Eine Technik, die soziale Interaktionen ermöglicht, indem man ein Headset aufsetzt, das einen von der realen Umwelt isoliert? Die Frage, ob es sich bei der VR um eine antisoziale Technik handelt, wurde von Anfang an gestellt. Luckey hielt dem in einem Blogbeitrag entgegen: "Die Virtuelle Realität erlaubt uns, Erlebnisse zu teilen, wie es nie zuvor möglich war. “ Jaron Lanier meint sogar, Erfahrungen in virtuellen Realitäten könnten der Persönlichkeitsentwicklung zu Gute kommen: „Das Wichtigste ist nicht der dramatische 3D-Effekt“, sagt er im Jahr 2011. „Sondern, dass man selbst sich ändert. Man erlebt sich selbst auf andere Weise als je zuvor - etwa als nicht-menschliches Wesen. Oder man macht Dinge, die einem sonst nicht möglich wären – Fliegen zum Beispiel.“
8. Großes Potential für Therapien
Potential birgt die Virtual Reality auch für Menschen, die tatsächlich von der realen Welt isoliert sind – etwa wegen einer Sozialphobie oder anderer phobischer Ängste. Von Vorteil sein könnte die Technik etwa bei Therapieformen, bei denen Menschen mit den Auslösern ihrer Ängste konfrontiert werden – seien es nun Spinnen, Schlangen, Flugzeuge oder gar Schlangen in Flugzeugen. Luckey verweist daneben auf die Möglichkeiten bei der Behandlung von post-traumatischen Stressstörungen. Und auf YouTube kann man sehen, wie nervöse Redner mit Hilfe von VR-Software vor einem virtuellen Publikum proben. Belegt sind derartige therapeutische Nutzen bislang freilich nicht. Der springende Punkt ist aber: Findet die VR-Technik größere Verbreitung, wird sie besser und erschwinglicher, wird dies weitere Entwicklungen und Studien auslösen. So ließe sich dann möglicherweise auch besser verstehen, wie effektiv die Technik sich zu Therapiezwecken einsetzen lässt.
9. Facebook dürfte ein Pornoproblem kriegen
Sobald eine neue Technik auftaucht, lautet eine der ersten Fragen, wie die Pornoindustrie sie sich zu Nutze machen wird. In Sachen Virtual Reality ist die Branche schon voll dabei – etwa mit dem Erotik-Videospiel Wicked Paradise. Auch Startups wie Somavision oder Veiveiv entwickeln VR-Anwendungen für Erwachsene. Facebook hingegen ist nicht unbedingt aufgeschlossen, wenn es um Erotika geht. Mal sehen, wie das Zuckerberg-Team mit den nackten Körpern umgehen wird, die man im jüngsten Veiveiv-Videodemo in alle möglichen Stellungen bringen und im Detail betrachten kann. Oculus Rift mit seiner offenen, leicht zu hackenden Struktur hat es den Pornoherstellern bisher einfach gemacht. Ähnliche Probleme hat auch Google: Der Konzern hat Porno-Apps für seine Augmented-Reality-Brille bereits verboten.
10. Die Internetgiganten setzen zunehmend auf Hardware
Facebook ist immer noch ein Software- und Dienstleistungsunternehmen – inzwischen setzt man aber auch auf Hardware. Wenige Tage nach Bekanntwerden der Übernahme von Oculus wurde auch der Kauf des britischen Luft- und Raumfahrtkonzerns Ascenta verkündet. Mit Hilfe von Drohnen, Satelliten und Lasern wolle man „daran arbeiten, das Internet aus dem Himmel herunter zu beamen“, so Zuckerberg. Bei Google arbeitet man gegenwärtig neben der Google-Brille am Project Loon – über in der Stratosphäre schwebende Ballons sollen entlegene Erdregionen mit Internet versorgt werden. Außerdem hat Google eine Reihe von Robotik-Unternehmen aufgekauft. Amazon treibt ein Projekt namens Prime Air voran, bei dem Drohnen die Auslieferung der Bestellungen übernehmen sollen. VR, Dronen, Ballons im Weltall, Datenbrillen, Roboter – im Bemühen um immer größere Konnektivität haben auch die Internetgiganten diesen einstigen Science Fiction-Stoff für sich entdeckt.
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