Die USA haben mit einem Anstieg extremistischer und bewaffneter Milizen zu kämpfen. Das Southern Poverty Law Centre (SPLC), Amerikas bekannteste Menschenrechtsgruppe gegen „Hassorganisationen“, kam in einer Studie zu dem Ergebnis, dass die Zahl extremistischer patriotischer Gruppen im vergangenen Jahr sprunghaft um 250 Prozent auf über 500 Organisationen angestiegen ist. Und sie haben immer bessere Verbindungen in den konservativen politischen Mainstream.
In dem nun veröffentlichten Bericht „Rage on the Right“ erklärt das SPLC, der Anstieg gäbe „Anlass zu äußerster Sorge“, und erinnert an die Gewaltbereitschaft solcher Gruppen in den Neunzigern, als etwa bei den Bombenanschlägen von Oklahoma City 168 Menschen getötet wurden.
„Die patriotischen Gruppen nähren sich von der Wut über den demographischen Wandel der amerikanischen Gesellschaft, die in die Höhe schnellende Staatsverschuldung, die wankende Wirtschaft und eine ganze Reihe von Initiativen Obamas, die seine politischen Gegner als „sozialistisch“ oder sogar „faschistisch“ brandmarken“, heißt es in dem Bericht. „Erste Anzeichen einer zunehmenden Gewaltbereitschaft der radikalen Rechten lassen sich bereits beobachten. Seit Barack Obamas Amtseinführung haben rechte Extremisten sechs Polizeibeamte umgebracht. Rassistische Skinheads wurden verhaftet, die mutmaßlich Attentate auf den ersten schwarzen Präsidenten geplant hatten. Ein Mann aus Brockton, Massachusettsder gegenüber der Polizei erklärte, er habe auf einer Website von Anhängern der Theorie der Überlegenheit der Weißen erfahren, ein Genozid gegen seine Rasse stünde unmittelbar bevor des Mordes an zwei Schwarzen und der geplanten Ermordung so vieler Juden wie möglich am Tag nach Obamas Vereidigung angeklagt. Erst kürzlich wurden unzählige Individuen mit regierungsfeindlichen oder rassistischen Ansichten festgenommen, die eine Reihe von Bombenanschlägen geplant hatten.“
Die patriotische Bewegung hat sich, das geht aus dem Bericht weiter hervor, „beachtliche Wege in die konservative politische Szene“ erschlossen, wo man die US-Regierung zunehmend „als Teil einer Verschwörung sieht, die den freiheitsliebenden Amerikanern eine „Eine-Welt-Regierung“ aufstülpen will. „Die Tea-Party-Bewegungen, die in den vergangenen Monaten aus dem Boden geschossen sind, können zwar nicht als extremistische Gruppen bezeichnet werden“, so das SPLC, „aber sie sind mit radikalem und rassistischem Gedankengut und Verschwörungstheorien durchsetzt.“
Das SPLC konstatiert, dass der Anstieg extremistischer Gruppen Teil einer zunehmenden Unzufriedenheit mit der Regierung ist. Nur ein Viertel der Amerikaner hat noch Vertrauen in die Regierung. Unlängst führte eine Umfrage zu dem Ergebnis, dass die Tea-Party-Bewegung mit ihrem Nein zu Steuern ein positiveres Image genießt als die Republikaner und die demokratische Partei.
Prominente Unterstützer
„Anzeichen für eine zunehmende Radikalisierung sieht man überall. Bei Obamas Ansprachen tauchen bewaffnete Männer auf, die Schilder tragen, auf denen steht, der „Baum der Freiheit“ müsse mit dem „Blut der Tyrannen gegossen werden“. Die Conservative Political Action Conference CPAC, die jährliche Konferenz des konservativen Flügels der republikanischen Partei, wurde in diesem Jahr unter anderen von Organisationen wie der John Birch Society, die davon überzeugt ist, dass Präsident Eisenhower ein kommunistischer Spion gewesen sein soll und den Oath Keepers gesponsert einer relativ jungen patriotischen Gruppe, die in leicht verschleierter Sprache behauptet, die Regierung plane im Geheimen, das Kriegsrecht auszurufen und patriotische Amerikaner in Konzentrationslager zu stecken.
Besorgniserregend ist zudem, dass die Kerngedanken der patriotischen Bewegung heute viel weitere Kreise ziehen, als es in den Neunzigern der Fall war. „Mit der Größe der Bewegung hat sich auch die Reichweite ihres Gedankenguts explosionsartig erweitert“, heißt es in der Studie. „Prominente Unterstützer aus Politik und Medien, wie etwa der Fox-News-Nachrichtenmoderator Glenn Beck, sorgen dafür, dass es die vermeintliche politische Mitte erreicht. Glenn Beck hat zum Beispiel die patriotische Verschwörungstheorie neu belebt, derzufolge die Federal Emergency Management Agency geheime Konzentrationslager vorbereitet – angeblich nur um den Mythos zu „entlarven“.“
Wie weit diese Sprache in die politische Mitte vorgedrungen ist, bestätigte am Donnerstag ein Bericht der Nachrichtenseite Politico. Die Seite hatte eine Präsentation des nationalen Organisationsgremiums der Republikaner zugespielt bekommen, in der ausgeführt wird, wie Wahkampfgelder aufgetrieben werden sollen: Durch „eine aggressive Kampagne, die aus der „Angst“ vor Präsident Barack Obama Kapital schlägt“ und mit dem Versprechen, das „Land vor einem Abgleiten in den Sozialismus“, zu bewahren. Die Regierung wird in der Präsentation als „Reich des Bösen“ dargestellt, Obama als der Joker aus dem Film Batman.
Für nächsten Monat haben patriotische Gruppen und Milizen eine Marsch auf Washington geplant, um für ihr Recht auf Waffenbesitz zu demonstrieren.
Bewaffnet und wütend
Das SPLC hat 512 Gruppen ausgemacht, darunter Patrioten und Milizen, denen es vorwirft, dass sie extrem regierungsfeindliche Dogmen propagieren oder politische Verschwörungstheorien in Umlauf bringen oder halten. Die Menschenrechtsorganisation geht davon aus, dass viele dieser Gruppen zwar nicht unmittelbar gewaltbereit sind, aber , den Extremismus zu schüren.
Diese Gruppen konzentrieren sich insbesondere auf die folgenden Staaten: Texas (52 Gruppen, darunter American Patriots for Freedom Foundation, Central Texas Militia, Texas Well Regulated Militia); Michigan (47, darunter Northern Michigan Backyard Protection Militia); Kalifornien (22; darunter State of California Unorganized Militia, Northern California State Militia, American Armenian Militia, Freedom Force International); Indiana (21, darunter Indiana Sedentary Militia, Indiana Citizens Volunteer Militia, 3rd Brigade); New York (17, darunter Empire State Militia); Oregon (14, darunter Oregon Militia Corps) und Kentucky (13, darunter Kentucky State Militia Ohio Valley Command).
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