Schwarzenegger will Papier abschaffen

E-Books Kalifornische Schüler sollen bald keine Bücher mehr aus Papier, sondern nur noch E-Books haben. Damit will man vor allem Geld sparen. Aber hilft das auch der Umwelt?

Als der kalifornische Gouverneur Arnold Schwarzenegger kürzlich ankündigte, die Lehrbücher an Kaliforniens öffentlichen Schulen durch Online-E-Books ersetzen zu wollen, kam er nur ganz kurz auf den ökologischen Nutzen dieser Maßnahme zu sprechen. Noch vor kurzem hätte er sich die scheinbar vorzügliche Gelegenheit, sich als Umweltengel darzustellen, auf keinen Fall entgehen lassen. Nun setzte Schwarzenegger einen anderen Schwerpunkt. Bei der Ankündigung betonte er die finanziellen Vorteile und murmelte lediglich knapp etwas davon, dass quasi nebenbei auch ein paar Bäume gerettet würden.

Schwarzeneggers Zurückhaltung in Sachen Ökologie ist dabei wohl weniger Nachlässigkeit, sondern vielmehr einer neuen Erkenntnis geschuldet, die sich unter E-Missionaren zunehmend verbreitet. Sie betrifft den durch das Internet entstehenden Ausstoß an Treibhausgasen. Rechnet man noch den Energieverbrauch durch die Herstellung von Computern, das Lesen von E-Books und die Datenserver hinzu, wird deutlich, dass keineswegs gesichert ist, ob E-Books - alos überhaupt einen Nutzen für die Umwelt mit sich bringen.

E-Books nicht unbedingt grüner

Sicher, Millionen Bäumen würde die Axt erspart bleiben, von den Umweltschäden durch die Papierindustrie ganz zu schweigen – diese hat den drittgrößten Verbrauch an fossilen Brennstoffen und verbraucht für die Herstellung eines einzigen Blattes Papier im DIN A4-Format zehn Liter Wasser. Doch auch angesichts dieser Verschwendung sind E-Books nicht unbedingt die grünere Alternative.

Zum Vergleich betrachte man die Zeitungsindustrie. Bedenkt man, dass allein für die in den USA erscheinenden Sonntagszeitungen jede Woche eine halbe Millionen Bäume gefällt werden, könnte man denken, dass man durch die Lektüre der Internet-Version einer Zeitung einen Beitrag zum Umweltschutz leisten könnte. Tatsächlich aber hängt dieser davon ab, auf was für einem Gerät man die Texte liest. Optimisten mögen sich vielleicht an Forschungsergebnisse halten, die nahe legen, dass beim Lesen einer Zeitung auf einem kabellosen Palmtop-Computer bis zu 140 Mal weniger Co2 und ein um das 67-fache geringerer Wasserverbrauch entsteht, als beim Schmökern in der Druckversion.

Schlecht für die Umweltbilanz:

am Computer lesen

Doch bevor Sie sich nun selbst beglückwünschen, sollten Sie einen Blick auf eine andere, aktuellere und wohl auch gründlichere Studie aus Schweden werfen, bei der auch der Energieverbrauch durch die Herstellung der Geräte und das regelmäßige Herunterladen von Dateien einbezogen wurden. Dieser Untersuchung zufolge entstehen bei der täglichen, dreißigminütigen Online-Lektüre einer Zeitung mehr Abgase, als durch den Griff zur Druckversion.

Neben der möglichen Schlussfolgerung, dass es umweltfreundlicher ist, schneller zu lesen, ist in der Studie gut der Energieaufwand dokumentiert, den das Einschalten des Computers und das Herunterladen von Dateien nach sich ziehen. Beim Lesen am Bildschirm macht bisher der Energieverbrauch des Computers den Großteil des Kohlenstoffverbrauchs aus. Die (übrigens von der schwedischen Zeitungsindustrie in Auftrag gegebene) Studie weist daher darauf hin, dass die mit Abstand umweltverträglichste Option weder Computer noch Papier ist, sondern sich für geeignete E-Reading-Geräte wie Amazons Kindle DX zu entscheiden.

Abgesehen davon, dass solche Geräte nämlich nicht nur das drahtlose Herunterladen von Inhalten ohne Umweg über den PC erlauben, frisst das elektronische Papier ihrer Displays nur sehr wenig Strom. Ist eine Anzeige einmal auf dem Bildschirm zu sehen, ist beinahe keine weitere Energie mehr nötig, sie dort zu behalten. Daher ist der Energiebedarf für ihren Betrieb im Vergleich zu dem anderer Geräte verschwindend gering.

Also Kalifornier: Stellt auf papierlose Schulbücher um! Und wenn ihr nicht nur eurer Staatskasse, sondern auch der Umwelt etwas Gutes tun wollt, dann solltet ihr eure Schultexte auf E-Readern lesen - nicht auf Laptops.

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Übersetzung: Zilla Hofman
Geschrieben von

Duncan Graham-Rowe, The Guardian | The Guardian

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