Schwerverbrecher Donald Trump: Muss der Ex-Präsident bald in den Knast?
USA Donald Trump dürfte bald öfter im Gerichtssaal sein, als ihm lieb ist. Unter anderem wird er sich wohl wegen des versuchten Wahlbetrugs 2020 verantworten müssen – mitten im ausziehenden Präsidentschaftswahlkampf
Demonstranten vor dem Strafgericht in Manhattan wollen Donald Trump hinter Gittern sehen
Foto: Scott Olson/Getty Images
Während Donald Trump erneut für das Weiße Haus kandidiert, wird er von vier strafrechtlichen Ermittlungen verfolgt, die an Dynamik gewonnen haben. Zwei davon konzentrieren sich auf Trumps Bemühen, seine Wahlniederlage von 2020 rückgängig zu machen. Laut früheren Bundesstaatsanwälten erhöht sich daher die Chance, dass er in den kommenden Wochen oder Monaten in einer oder mehreren Ermittlungen angeklagt wird.
Alle vier Ermittlungen beschleunigten sich in den letzten Monaten mit zahlreichen Vorladungen an enge Mitarbeiter von Trump und Aussagen von Schlüsselzeugen vor großen Geschworenengerichten in Washington DC, Georgia und New York. Für Trump sowie mehrere seiner früheren Anwälte und Verbündeten bedeutet das eine wa
leunigten sich in den letzten Monaten mit zahlreichen Vorladungen an enge Mitarbeiter von Trump und Aussagen von Schlüsselzeugen vor großen Geschworenengerichten in Washington DC, Georgia und New York. Für Trump sowie mehrere seiner früheren Anwälte und Verbündeten bedeutet das eine wachsende rechtliche Bedrohung.Zwei Ermittlungen konzentrieren sich auf Trumps anhaltende Versuche, seine Wahlniederlage 2020 mit erfundenen Betrugsvorwürfen zu verhindern. Eine weitere betrifft die Aufbewahrung hunderter Geheimdokumente nach seiner Präsidentschaft. Zudem geht es um Trumps Rolle bei einer Schweigegeldzahlung von 130.000 Dollar (121.000 Euro) im Jahr 2016 an Pornostar Stormy Daniels, mit der er angeblich eine Affäre hatte.Eine Klage gegen Trump in der Schweigegeldaffäre um Daniels könnte sogar schon in wenigen Tagen erfolgen. Trumps Befürchtungen in dieser Angelegenheit veranlassten ihn sogar dazu, in den sozialen Medien zu posten, dass er diese Woche in New York verhaftet werde. Das löste eine Flut von Unterstützungsbekundungen seitens Republikanern aus. Trump hatte zu Protesten gegen einen solchen Schritt aufgerufen. Die vier Untersuchungen ermitteln getrennt, ob Trump verschiedene Gesetze übertreten hat, darunter die Behinderung eines Amtsverfahrens und Betrug der Vereinigten Staaten durch seine Handlungen, die darauf abzielten, die Wahl 2020 zu kippen, sowie durch die Verletzung anderer Gesetze.Die mehrfachen Untersuchungen gegen Trump, von denen zwei von dem Sonderermittler des Justizministeriums Jack Smith geleitet werden, sind für einen Ex-Präsidenten beispiellos – insbesondere da er sich wieder zur Wahl zum Präsidenten stellen will. „Es kann sehr gut sein oder ist sogar wahrscheinlich, dass Trump sich selbst in vier verschiedenen Strafverfahren verteidigen muss, während er Wahlkampf für die Präsidentschaftswahl 2024 macht“, erklärte die frühere US-Staatsanwältin für Ost-Michigan Barbara McQuade. „Gerichtstermine in New York, Georgia, Florida und Washington DC wahrzunehmen und gleichzeitig einen Terminplan für den Wahlkampf einzuhalten, kann sich als eine gewaltige Aufgabe herausstellen“, sagte McQuade weiter. „Dabei wird Trump zweifellos strafrechtliche Vorwürfe als Fundraising-Mittel benutzen und als Möglichkeit, sich als das ewige Opfer darzustellen. In gewisser Weise mag er das Spektakel genießen, aber es ist wahrscheinlich, dass er zur Rechenschaft gezogen wird.“17 Personen im VisierAuch Dan Richman, Rechtsprofessor an der Columbia University und früherer Staatsanwalt im südlichen Bezirk von New York, hält Trumps juristische Schwierigkeiten für einen Präsidentschaftskandidaten für einzigartig: „Die reine Anzahl und Vielfalt der strafrechtlichen Ermittlungen gegen Trumps Verhalten sind bei einem wichtigen Kandidaten in der heutigen Zeit noch nicht vorgekommen.“Die strafrechtlichen Ermittlungen des Bezirksstaatsanwalts von Fulton County, Fani Willis, betreffen Trumps Bemühungen, seine Niederlage im Jahr 2020 in Georgia umzukehren. Trump forderte in diesem Zusammenhang Staatssekretär Brad Raffensperger telefonisch am 2. Januar 2021 mit Nachdruck auf, „11.780 Stimmen zu finden.“ Dazu gab es weitere Anrufe. Laut früheren Staatsanwälten wird dieses Vorgehen in den kommenden Monaten zu Anklagen gegen Trump und einige enge Verbündete führen.Ende Januar berichtete Willis, eine Sonderjury habe eine siebenmonatige Untersuchung abgeschlossen, in deren Rahmen 75 Zeugen befragt wurden. Es waren mindestens 17 Zielpersonen im Visier, darunter Trump und sein früherer persönlicher Anwalt Rudy Giuliani. Berichten zufolge empfahl die Sonderjury eine Reihe von Anklagen. Und laut Willis steht eine Entscheidung über die Einberufung einer regulären Jury, die nach dem Recht Georgias vor einer Anklageerhebung erforderlich ist, „unmittelbar bevor“.Unabhängig davon scheint auch Smiths Untersuchung von Trumps Versuch, die Wahl von Joe Biden zu vereiteln, weit fortgeschritten zu sein. Ein Hinweis darauf ist, dass dieses Jahr Vorladungen an den früheren Vizepräsidenten Mike Pence und Trumps früheren Stabschef Mark Meadows ergingen. Beide sind potenziell wichtige Zeugen für Trumps Bestreben, Biden am Amtsantritt zu hindern. Laut früheren Staatsanwälten ist Meadows das Objekt der Ermittlungen.„Nicht enden wollende Hexenjagd“Diese Vorladungen „zeigen, dass die Untersuchung zum 6. Januar ernst ist und sich enger zuzieht“, erklärte Paul Pelletier, der frühere Chef der Betrugsabteilung des Justizministeriums. Smith gelang es, die Aussagen anderer zentraler Figuren vor einem Geschworenengericht zu erreichen. Unter anderem sagten Pences früherer Top-Mitarbeiter Marc Short und sein früherer ChefberaterGreg Jacob sowie der frühere White House-Berater Pat Cipollone dazu aus, ob Trumps Handlungen vor und während des Sturms aufs Kapitol am 6. Januars 2021 das behördliche Verfahren verletzten und Betrug an der Regierung waren.In einer anderen Rechtsangelegenheit leitet Smith ebenfalls eine weitreichende Ermittlung dazu, dass Trump nach Ende seiner Amtszeit hunderte geheime Dokumente in seinem Anwesen Mar-a-Lago in Florida zurückhielt. Möglicherweise verstieß er damit gegen den Presidential Records Act sowie den Espionage Act und machte sich der Behinderung schuldig.Unterdessen rief der Staatsanwalt des New Yorker Stadtbezirks Manhattan Alvin Bragg ein Geschworenengericht zusammen, um den Vorwurf zu untersuchen, Trump habe 2016 über seinen früheren Rechtsanwalt Michael Cohen 130.000 US-Dollar Schweigegeld an Stormy Daniels gezahlt. Dazu wurde Cohen diese Woche befragt. Trump dagegen lehnte vergangene Woche eine Vorladung der Staatsanwaltschaft zu einer Aussage ab, was Berichten zufolge ein Zeichen dafür ist, dass er bald angeklagt werden könnte. Trump lehnt alle Ermittlungen als politisch motiviert ab. Er besteht darauf, nichts Illegales getan zu haben. Smiths Ernennung zum Sonderermittler bezeichnete er als „Teil einer nicht enden wollenden Hexenjagd.“Doch frühere Staatsanwälte sehen rechtliche Schritte kommen, die Trump großes Kopfzerbrechen machen könnten. Anklagen halten sie für wahrscheinlich, zumindest in der Untersuchung in Georgia. „Da die Staatsanwaltschaft von Manhattan einer Grand Jury Beweise vorlegt, sieht sich Trump nun vier ernstzunehmenden strafrechtlichen Ermittlungen gegenüber. Das wäre für die meisten Schwerverbrecher außergewöhnlich, ganz zu schweigen von einem früheren Präsidenten, der wieder ins Weiße Haus einziehen will“, meinte Pelletier. „Insgesamt ist es am wahrscheinlichsten, dass Georgia in Kürze die schwerwiegendsten Anklagen gegen Trump erheben wird. Die Untersuchung der Mar-a-Lago-Dokumente ist zwar in Schwung gekommen, scheint aber frustrierenderweise nur vorsichtiger und langsamer voranzukommen.“Falsche Wähler, echte FolgenDas sehen auch andere Experten so. „Es gibt wenig Zweifel, dass sich in Georgia einige Anklagen am Horizont abzeichnen. Ich habe das Gefühl, dass die Staatsanwaltschaft von Fulton County Anklagen wegen Erpressung den letzten Schliff geben, die Trump und andere betreffen“, erklärte der frühere US-Staatsanwalt Michael Moore aus dem Bundesstaat Georgia. „Trump wird sicherlich ein Hauptbeteiligter sein. Außerdem sind bei den anstehenden Anklagen einige sehr bekannte Namen zu erwarten.“ Seiner Ansicht nach werden Trump sowie Meadows und Giuliani „sehr wahrscheinlich häufiger Gerichtssäle von Innen sehen, als ihnen lieb ist.“Trump bezeichnete seinen Anruf bei Raffensperger als „perfekt“. Laut Moore „gibt es eine unvermeidliche Überlappung der Anstrengungen der Staatsanwaltschaft von Fulton und dem Sonderermittler. Die Bemühungen, die Wahl von 2020 zu kippen, hatte sowohl bundesweite als auch die Bundesstaaten betreffende Folgen, obwohl es sich um die gleichen Fakten handelt.“ Er sagte weiter: „Die Fähigkeit des Sonderermittlers, das Verhalten unter dem Blickwinkel vieler Gerichtsbarkeiten zu untersuchen, kann sich als besonders nützlich erweisen, wenn es um die Bemühungen geht, den Wahlbetrug durch gefälschte Wähler in mehreren Bundesstaaten nachzuvollziehen.“ Das Justizministerium konzentriert sich nämlich auf die Bemühungen von Giuliani und anderen, Wähler in wichtigen, von Biden gewonnenen Bundesstaaten durch Trump-Wähler zu ersetzen.Andere Ex-Staatsanwälte betonen eine deutliche Überlappung zwischen den Ermittlungen in Georgia und der des Sonderermittlers, die beide Trump, Giuliani, den früheren Trump-Rechtsanwalt John Eastman und andere betreffen. „Trumps Anrufe bei Brad Raffensperger und anderen Beamten des Bundesstaates Georgia scheinen im Mittelpunkt der Ermittlungen des Staatsanwalts von Fulton County zu stehen. Die Untersuchung erstreckt sich aber wahrscheinlich auch auf die Bemühungen von Trumps Anwaltsteam, einschließlich Rudy Giuliani, die Gesetzgeber in Georgia davon zu überzeugen, die Wahlergebnisse zu kippen“, sagte Richman. Die landesweiten Versuche des Anwaltsteams um Giuliani, Eastman und Co. – die von Trump in einem noch zu klärenden Ausmaß ermutigt wurden –, dem Kongress Listen mit gefälschten Wählern vorzulegen und die Wahlbeurkundung auf andere Weise zu stören, scheinen aber auch im Mittelpunkt eines Teils der bundesweiten Ermittlungen von Jack Smith zu stehen.“Zehn Mille für den AnwaltWenig überraschend waren Trumps Rechtskosten zur Abwehr dieser Ermittlungen und anderer rechtlicher Probleme im Zusammenhang mit persönlichen und geschäftlichen Angelegenheiten erheblich. Laut Bundesdokumenten bezahlte Trump im vergangenen Jahr rund zehn Millionen US-Dollar aus seinem Komitee für politische Aktionen, um Rechtskanzleien zu bezahlen, die ihn in den vier strafrechtlichen Angelegenheiten sowie in Fällen, die das Trump-Unternehmen und Rechtsstreitigkeiten betreffen, vertreten. Diese Kosten werden sicherlich für Trump noch steigen, da die Ermittler die Vorladung hochrangiger früherer Trump-Verbündeter verstärken, um ihre Fälle vor Geschworenengerichten zu präsentieren, wie es Smith in den beiden von ihm geleiteten Ermittlungen getan hat.„Die Staatsanwaltschaft ermittelt tendenziell in konzentrischen Kreisen. Sie beginnt an den äußeren Rändern und arbeitet sich dann nach innen zum Ziel im Zentrum hin“, erklärte McQuade. „Sie versucht, sich mit so vielen Informationen wie möglich zu wappnen, bevor sie die Leute befragt, die der Zielperson am nächsten stehen. Da Smith nun Vorladungen an Meadows und Pence verschickt, scheint er in den letzten Kreis seiner Ermittlungen vorgedrungen zu sein.“Da Trump wieder für das Weiße Haus kandidiert, ist es kein Wunder, dass eine ganze Reihe von Republikanern beunruhigt ist. „Es verheißt nichts Gutes für die Republikanische Partei, wenn Trump angeklagt wird und die Nominierung in der Partei gewinnt“, findet der frühere Kongressabgeordnete für Pennsylvania Charlie Dent. „Der Wahlausgang wäre für die Partei katastrophal. Wie viel Niederlagen können wir verkraften?“