So leicht nicht zu erschüttern

Indien Die Anschläge in der Megastadt Mumbai wecken bestürzende Erinnerungen an das Jahr 2008, als dem Terror der Lashkar-e-Toiba-Gruppe 160 Menschen zum Opfer fielen

Das Land ist zu groß und zu heterogen, um von einer einzigen Stadt repräsentiert zu werden. Wenn aber irgendetwas dem nahe kommt, dann ist es das pulsierende, prosperierende und kosmopolitische Mumbai. Mit den Jahren hat Indiens Handelskapitale viel Gewalt erlebt, von örtlichen Aufständen über die Krieg der Unterwelt bis hin zu terroristischen Operationen. Zur in dieser Hinsicht spektakulärsten Aktion kam es im November 2008, als pakistanische Attentäter von der Lashkar-e-Toiba-Gruppe eine Reihe von Zielen – zwei Luxus-Hotels, ein jüdisches Gemeindezentrum, ein Café und einen Bahnhof – in der Stadt überfielen und 160 Menschen tötete.

Obwohl dieser Terror großen diplomatischen Schaden anrichtete und den aussichtsreichen indisch-pakistanischen Friedensprozess zum Erliegen brachte, waren die Angriffe von 2008 weniger mörderisch als die Bombenanschläge von 1993. Es gab seinerzeit verheerende Detonationen im gesamten Stadtgebiet, denen 250 Menschen zum Opfer fielen. Die Verantwortung wurde einem Unterwelt-Paten zugeschrieben, von dem die indischen Behörden behaupteten, er arbeite für die pakistanischen Geheimdienste. Die jüngsten Anschläge – nicht nur in Mzmbai, sondern auch anderswo in Indien – sind von derartigen Dimensionen weit entfernt.

Sicherheitsdienste destabilisieren

Im Februar 2010 nahmen Terroristen ein beliebtes Touristencafé im Stadtzentrum von Pune ins Visier, im Oktober eröffneten Männer in Delhi kurz nach Beginn der Commonwealth Games in Varanasi das Feuer auf Touristen, außerdem explodierte eine Bombe neben Gläubigen, die sich in der heiligen Stadt am Fluss Ganges aufhielten. Nach dem Anschlag drohte die militante GruppeIndische Mudschahedin mit der Entfesselung weiterer Gewalt. Diese Gruppierung wird nun auch für die Anschläge vom 13. Juli verantwortlich gemacht. Sie scheinen in der Absicht verübt worden zu sein, gnadenlos und willkürlich Leid zu verursachen, die Sicherheitsdienste zu destabilisieren, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Zentralregierung zu untergraben und die Beziehungen zwischen Indien und Pakistan weiter zu beschädigen.

Der Name Indische Mudschahedin steht für eine Reihe verschiedener Strukturen, die keinem strikten Organisationsregime unterliegen. Es gibt Theorien, wonach mehrere Angriffe in jüngerer Zeit, die ursprünglich islamistischen Extremisten angelastet worden waren, in Wahrheit auf radikale Hindus zurückgehen. In Mumbai sind zwar immer noch recht willkürliche Sicherheitsvorkehrungen in Kraft. Die Angst, die durch die Anschläge Ende 2008 ausgelöst worden war, scheint jedoch verflogen zu sein. Wer auch immer hinter diesen erneuten Anschlägen steckt: Diese riesige Metropole kann er so leicht nicht erschüttern.


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Übersetzung: Holger Hutt
Geschrieben von

Jason Burke | The Guardian

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