„Leute wie dich ….“ Diese drei Wörter, so unschuldig, wie sie für manche vielleicht klingen mögen, sollten die Inschrift für die Ausschreitungen vor einem Jahr bilden.
Um drei Uhr früh drang die Polizei in meine Wohnung ein, um nach Diebesgut zu suchen. „Wir haben hunderte von Leuten wie dich gesehen. Sag uns einfach, wo das Zeug ist und verschwende nicht unsere Zeit“, sagten sie. Da ich nichts zu verbergen hatte, stand ich dabei und schaute zu, wie sie nach etwas suchten, das nicht da war.
Ich wurde wegen des Verdachts auf Diebstahl verhaftet und sie nahmen mich mit aufs Revier. „Leute wie dich krieg ich jeden Tag hier rein“, sagte mir der Beamte, der mich in der U-Haft in Empfang nahm, „also denk bloß nicht, du seist etwas Besonderes.“ Ich hatte ganz bestimmt nicht das Gefühl, etwas Besonderes zu sein und als man mir verwehrte, auf Kaution freigelassen zu werden, fühlte ich mich auch nicht besonders privilegiert, einen Monat im Jugendgefängnis in Feltham einsitzen zu dürfen. Es mussten hunderte „Leute wie ich“ dort eingeliefert worden sein, aber obwohl alle anderen ebenfalls jung und viele schwarz waren, fühlte ich mich sehr allein.
Sie beschuldigten mich, ich hätte mich mit dem Vorsatz am Schauplatz der Ausschreitungen aufgehalten, etwas zu klauen (dwelling with intent to commit theft) und mich mit anderen in krimineller Absicht zusammengetan (joint enterprise) und stellten mir eine fünfjährige Haftstrafe in Aussicht. Vor Gericht schilderte ich, was passiert war: Ich hatte meine Wohnung verlassen, um mir vor Ort ein Bild von dem ganzen Wahnsinn zu machen, den ich ihm Fernsehen sah. Ich hatte das Gefühl, hier würde Geschichte geschrieben und das wollte ich nicht verpassen. Als andere in einen Laden einstiegen, folgte ich ihnen. Ich hatte nicht die Absicht, etwas zu stehlen. Nach fünf Minuten war ich wieder draußen, mit leeren Händen und weil ich selbst es wollte. „Solche wie du sagen das immer“, erwiderte mir die Staatsanwaltschaft und auch der Richter sagte, er würde mir nicht glauben. Ich verlor den Mut. So weit ich sehen konnte, war für solche wie mich das Schicksal bereits besiegelt.
Stolz und Angst
Jedes schwarze Kind bekommt das gleiche zu hören: „Du musst dich im Leben mehr anstrengen, denn du bist schwarz.“ Meine Mutter war die erste und als nächste gab mir eine weiße Lehrerin ihre Version mit auf den Weg: „Du bist intelligent, aber es gibt für dich zwei Wege: Du kannst kriminell werden oder einen Beruf ergreifen. Und als schwarzer Junge solltest du versuchen, es anders zu machen.“
Als Teenager war das schwer zu verstehen. Zunächst einmal ist man unsicher und will so sein wie alle anderen, will die gleichen Klamotten tragen – bei mir und meinen Freunden waren das billige Trainingsanzüge – und die gleiche Musik hören. Und warum zum Teufel muss ich mich mehr anstrengen, nur weil ich schwarz bin?
Als ich älter wurde wurde mir die Antwort klarer. Mit dem billigen Trainingsanzug, den Turnschuhen und dem Kapuzenpulli kamen die regelmäßigen Kontrollen durch die Polizei. Wenn ich mit meinen schwarzen Freunden unterwegs war, wurde ich wöchentlich, manchmal sogar täglich angehalten und durchsucht. Und auf seltsame Art und Weise war ich darauf auch noch stolz. Ich dachte mir: Wenn der Trainingsanzug die Polizisten ärgert, dann werde ich ihn weiter tragen. Es kam mir vor, als wären Schwarze für sie so etwas wie das rote Tuch für den Stier. Aber ein Monat im Knast, acht Wochen mit einer elektronischen Fußfessel und der Aussicht auf eine Haftstrafe von fünf Jahren haben aus meinem Stolz schnell Angst werden lassen.
Frei und doch in Ketten
Schließlich wurde ich in allen Punkten für unschuldig befunden und kam frei. Aber auch zehn Monate später ist mein Leben nicht wieder wie zuvor. Der Trainingsanzug ist verschwunden, ich trage nur noch Jeans und Hemd und benutze niemals Seitenstraßen, weil ich Angst habe, ich könnte noch einmal angehalten werden. In vielerlei Hinsicht habe ich immer noch das Gefühl, eine Fessel zu tragen.
Wie viele meiner Freunde habe auch ich noch immer das Gefühl, dass die Polizei eine Gesellschaft vertritt, der ich nicht angehöre. Niemand konnte verstehen, warum die Leute vor einem Jahr bei sich in der Gegend Krawall schlugen, aber in jener Nacht gehörten die Geschäfte für uns der Polizei, die uns auf dem Kieker hatte und ständig kontrollierte. Der Laden, in den ich einstieg, war in jener Nacht nicht der Laden, den ich gut kenne und mit dessen Besitzer ich mich regelmäßig unterhalte.
Es vergeht kaum ein Tag, an dem ich nicht daran denken muss, dass sie mich dahin zurückschicken, wo sie mich festgehalten haben. Ich habe einen Job, führe ein anständiges Leben und halte mich an die Gesetze. Aber ich weiß, dass das für solche wie mich manchmal nicht ausreicht.
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