Das World Wide Web wimmelt ja nur so vor skurrilen, spektakulär angekündigten Videos. Mal frisst da ein Hamster, der auf einer Klaviatur liegt, Popcorn, mal tanzt ein frisch verheiratetes Paar das Finale des Films Dirty Dancing nach. Einen Clip mit dem Titel „Salma Hayek stillt afrikanisches Baby“, den ich neulich zufällig entdeckte, ordnete ich zunächst ebenfalls in die Kategorie Web-Kuriosa ein.
In den vergangenen Jahren häufen sich die Anzeichen für eine zunehmende gesellschaftliche Akzeptanz des Fremdstillens: d.h., wenn eine Frau dem Kind einer anderen die Brust gibt. Die Beiträge von Prominenten zu dieser Debatte waren allerdings, gelinde gesagt, bislang eher umstritten. So behauptete im Jahr 2007 eine Jobvermittlungsagentur in Los Angeles, mehrere Hollywoodstars mit Brustimplantaten hätten sich dort nach Ammen erkundigt. Im vergangenen Jahr sprach die britische TV-Moderatorin Kate Garraway sich im Guardian dafür aus, dass Frauen etwas von ihrer eigenen Muttermilch abgeben sollten. Die Fotos, die den Artikel bebilderten, waren zugegebenermaßen beeindruckend, trugen aber nichts dazu bei, dem Fremdstillen den Anschein des Außergewöhnlichen zu nehmen. Sie zeigten die Moderatorin beim Stillen eines Kalbes.
Stößt man im Internet auf etwas mit Kuriositätenfaktor, guckt man natürlich hin. Auch ich konnte nicht widerstehen, mir besagtes Salma Hayek-Video anzuschauen – und bemerkte rasch, dass ich mir vorschnell ein Urteil gebildet hatte. Die Bilder der fremdstillenden Hayek wurden von dem US-Nachrichtenprogramm Nightline aufgenommen, welches die Schauspielerin auf einer Reise nach Sierra Leone begleitet hat. In dem Ausschnitt entscheidet die Mutter einer einjährige Tochter, die schon oft öffentlich bekannt hat, wie viel das Stillen ihr bedeute, sich offenbar spontan einen „kleinen kranken Jungen zu stillen“, wie die Stimme aus dem Off erläutert.
Sie tut dies völlig unbefangen, als sei es das Natürlichste der Welt. „Es ist fantastisch“, sagt sie in die Kamera, während das Kind an ihrer Brust saugt, „weil er mich wirklich ansieht.“
Später erzählt Hayek, anfangs habe sie befürchtet, ihrem eigenen Kind gegenüber „unloyal“ zu sein, sei dann aber zu dem Schluss gekommen, dass es „bestimmt stolz darauf“ sei, „die Milch, die ihm zusteht, teilen zu können.“ Ihre eigene Großmutter, berichtet die libanesisch-mexikanische Schauspielerin weiter, habe in dem kleinen mexikanischen Dorf, in dem sie lebte, einmal dasselbe für ein hungriges Baby getan.
Durch die ganz und gar ungekünstelte Hayek und die positive Motivation ihres Verhaltens wird dieses Video, das so leicht eines der ärgerlichsten webweit hätte werden können, ergreifend und bewegend. So schafft es die Schauspielerin, mehr Argumente für die natürliche und positive Tätigkeit des Stillens zu liefern, als Millionen von Statistiken über seine gesundheitlichen Vorteile es jemals könnten.
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