Es gibt Süchte, denen gegenüber die Gesellschaft sich nachsichtig zeigt – nach Kaffee beispielsweise oder nach Sport. Andere – wie Drogen- oder Alkoholabhängigkeit - werden wesentlich schärfer verurteilt. Und dann sind da noch Laster, über die gelacht wird: Diätcola-Sucht zum Beispiel.
„Diät-Cocserin: Mutter ist Limosüchtig.“ titelte jüngst das britische Blatt The Sun. Die Britin Claire Ayton, so berichtete die Zeitung, habe vier Liter Diätcola am Tag getrunken, bevor sie es mit Hilfe einer Hypnosetherapie geschafft habe, von der Sucht loszukommen.
So weit wie bei Claire ist es bei mir nicht. Ich trinke drei Dosen pro Arbeitstag – eine, wenn ich an meinem Schreibtisch ankomme und noch eine wenn die erste leer ist. Die dritte folgt dann vor dem Mittagessen. Manchmal gönne ich mir am Nachmittag noch eine vierte, gelegentlich auch eine fünfte, wenn ich abends zu Hause bin. Meine Schwiegermutter meint, das zeuge von einem kindischen Geschmack.
Ich weiß wohl, warum ich aufhören sollte. Ich weiß, dass der in Diätcola enthaltene Süßstoff Aspartam verdächtigt wird, mit Depressionen und Krebs in Zusammenhang zu stehen. Konkrete wissenschaftliche Beweise gibt es dafür aber nicht. Ich weiß auch, dass der Säuregehalt des Getränks möglicherweise zu einem Schwund der Knochendichte führen kann, allerdings sind auch die Belege hierfür strittig.
Im Zuckerrausch
Manche halten die Diätcola-Sucht für eine psychologische, andere führen sie auf das Aspartam zurück, das das Gehirn veranlasse, immer mehr zu verlangen, um immer wieder einen Zuckerrausch zu erleben.
Eigentlich glaube ich aber nicht, dass es den Leuten , die mit dem Finger auf uns zu zeigen, weil wir statt eines fleckigen Bechers eine Dose neben uns stehen haben, um die Gesundheit geht. Vielmehr steht dahinter das Misstrauen gegen das Andere: Wer Diätcola trinkt, statt Tee oder Kaffee, ist am Arbeitsplatz verschrien, weil er nicht der Norm entspricht, dass man als Erwachsener Heißgetränke zu bevorzugen hat.
Vor fünfhundert Jahren wären wir wohl als Hexen verbrannt worden. Dabei ist es doch nur ein Getränk. Mehr nicht.
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