Teures Schnäppchen

News of the World Sie war der Grundstein seines Medienimperiums, und anfangs eine sichere Geldmaschine. Doch am Ende wurde das Monstrum "News of the World" selbst Rupert Murdoch zu heikel

Als Rupert Murdoch die britische Sonntagszeitung News of the World 1969 von der Carr-Familie übernahm, nannte er diesen Deal den „größte Coup seit dem großen Eisenbahnraub“ von 1903. Jetzt ist ihm dieser coup auf diie Füße gefallen. Die Zeitung war Murdochs erste große Akquisition – ein Vorspiel für die Übernahme von Sun und Times. Doch der Ruhm verblasste schnell, als er damit begann, Christine Keelers Memoiren zu veröffentlichen und sich damit gesellschaftlich und politisch ins Abseits manövrierte. Diese Erfahrung versetzte ihm einen derartigen Schock, dass er sich von Großbritaninien abwandte, in die USA ging und der Zeitung erlaubte, dem britischen Establishement die Hölle heiß zu machen.

Seit den jüngsten Enthüllungen von Abhöraktionen hat sich eben dieses britische Establishment nun voller Schadenfreude und oft in einem Anflug hysterischer Rache gegen Murdoch und sein Imperium gestellt. Selbst vor dem Hintergrund, dass keine andere Mediengruppe zuvor die ethischen Normen des Journalismus so sehr verletzt hat, erscheint Murdochs Schritt dramatisch: Er stellt die News of the World für immer ein und versucht damit, wie Lady Macbeth, den „verdammten Fleck“ auszumerzen, der all seine gegenwärtigen Ziele und Vorhaben besudelt. Mag er an dem Spiel, auf das er sich vor 42 Jahren einließ, auch eine gewaltige Stange Geld verdient haben, so hat es ihm doch mehr Ärger eingebracht als die Sache wert war.

Der Verlust einer jeden Zeitung ist für alle bedauernswert, denen die Vielfalt der Presselandschaft am Herzen liegt. Doch die „news of the screws“ wird bestimmt niemand vermissen. Unter den Carrs war die Zeitung von einer radikalen Rücksichtslosigkeit geprägt, die sich für gewöhnlich nicht darum scherte, wen sie mit ihren Enthüllungen aus dem Privatleben vor den Kopf stieß. Heute hat sie nur noch einen minimalen Kontakt zur Welt der öffentlichen Debatten in Politik oder Wirtschaft. Es scheint, als habe sie sich gänzlich darauf verlassen, dass Max Clifford und andere sie mit Material versorgen, das auch aus Abhöraktionen stammen konnte. Sie lebte ebenso sehr von den Missgeschicken von Unbekannten – Pfarrern und zweitklassigen Schauspielern – wie von denen Prominenter. Man konnte in der Zeitung nichts Substanzielles mehr finden, so sehr war sie mit Sex beschäftigt.

Ob es Murdoch gelingt, seinen Ruf zu retten, muss sich zeigen. Sein Angebot, die verbleibenden Anteile an dem Fernsehsender BSkyB zu übernehmen – über den die Regierung erst noch zu entscheiden hat – ist mit Sicherheit mehr wert als die dahinsiechenden Einnahmen aus der News of the World. Dennoch wird die Wunde noch eine ganze Weile weiter eitern. Sein größter Coup kam ihn bereits teuer zu stehen.

bei unserem Partner The Guardian, der die Skandale rund um die Zeitung seit Jahren verfolgt und öffentlich machte.Alles über "News of the World"

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Geschrieben von

Simon Jenkins | The Guardian

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