Als jetzt in Karthum die Stimmen ausgezählt wurden, dauerte es nicht lange, bis alles auf einen überwältigenden Wahlsieg für Präsident Omar al-Bashir und seine Nationale Kongresspartei (NCP) hindeutete. Doch wurde die Nachricht nicht mit Jubel empfangen, sondern schicksalsergeben hingenommen.
Dass die Sudanesen so reagieren, liegt nicht unbedingt daran, dass die meisten davon ausgehen, die Wahlen seien manipuliert worden. Ihre Resignation ist darauf zurückzuführen, dass es Omar al-Bashir – 20 Jahre, nachdem er durch einen Putsch an die Macht kam – gelungen ist, sich als alternativlos durchzusetzen.
Wie ist ihm das gelungen? Der Präsident waltet über eines der unbarmherzigsten Regimes in der Geschichte des Sudan. Er führte den Norden des Landes in einen durch Propaganda entfachten Krieg gegen den Süden, kündigte die Zivilgesellschaft auf, indem er die Gewerkschaften auflöste und Aktivisten ins Gefängnis warf. Er führte ein lähmendes Scharia-Gesetz ein. Erst kürzlich wurde er am Internationalen Gerichtshof für Menschenrechte wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und des Genozids in Dafur angeklagt.
Vorsorgliche Beschwerden
Ich selbst wollte al-Bashir meine Stimme verweigern, doch als ich wählen ging, gab es auf dem Wahlschein keinen anderen Kandidaten, dem ich – unter größten Vorbehalten – meine Stimme hätte geben können.
Darin bestand das erste Problem: Es gab einen Mangel an brauchbaren Alternativen, denn eine beschämende Flut an Kandidaten hatte sich vor dem Votum zurückzogen. Yasir Arman, der für die Südsudanesische Volksbefreiungsbewegung SPLM nur im halbautonomen Süden antrat und dort mit überwältigender Mehrheit im Amt bestätigt wurde, schien der Ansicht zu sein, es lohne sich nicht, um die Präsidentschaft eines vereinten Sudan zu kämpfen, da dieses Amt durch die mögliche Abspaltung des Südens im nächsten Jahr überflüssig werden könnte. Sadiq al-Mahdi musste außerdem erkennen, dass er mit seinem Wahlkampf niemanden erreichte. So beschwerte er sich vorsorglich über Wahlbetrug, um sein Gesicht zu wahren. Er war 1989 entmachtet worden und spielt seither die Rolle des verbannten Prinzen, den seine Untertanen zurück haben wollen. Seine unausweichliche Niederlage hätte offen gelegt, dass er keine breite Unterstützer-Front hat – das wiederum wäre der letzte Nagel zu seinem politischen Sarg gewesen.
Eine dritte Partei zog sich zunächst aus dem Wahlkampf zurück, um ihre Meinung dann abermals zu ändern. Das alles trug dazu bei, dass Bashir als die einzige zuverlässige Konstante dastand.
Manipulationen unnötig
Die meisten Beobachter im Ausland übersehen, dass eine ganze Generation im Sudan nichts anderes kennt als das Regime von Omar al-Bashir. Sie wuchs in einem Land auf, das sowohl kulturell als auch gesellschaftlich von der Nationalen Kongresspartei geprägt war. Mag sein, dass die Jungen al-Bashir gegenüber nicht unbedingt Loyalität empfinden, doch es gibt mit Sicherheit keinen anderen Kandidaten, dem sie sich aus Tradition verbunden fühlen. Für sie ist Politik ein monolithischer Raum, ein Ein-Parteien-System, in dem jeder intellektuelle oder ideologische Diskurs fehlt.
Al-Bashir ist es zudem gelungen, die ländliche Bevölkerung anzusprechen, die im Nordsudan die Mehrheit ausmacht. Er warb mit seiner einfachen, ärmlichen Herkunft, um die affektiertere, städtische, wohlhabende Elite zu diskreditieren, die so lange die sudanesische Politik dominiert hatte.
Ironischerweise spielten die schlechte wirtschaftliche Lage und der Mangel an gesellschaftlichen Freiheiten in den neunziger Jahren der Regierung in die Hände. Seit der Unterzeichnung des Friedensabkommens mit dem Süden und der Wiederaufnahme des Ölexports waren im Sudan auf beiden Gebieten Verbesserungen zu spüren. Die Einnahmen aus dem Ölexport überzeugten einen Großteil der Opposition davon, dass es lukrativer wäre, eine Allianz mit der Regierung einzugehen, anstatt sie ohne Dank zu boykottieren.
Der Nationalkongress wiederum hatte ausreichend Zeit und Ressourcen, um für sich zu werben. Er investierte in die Infrastruktur, lockerte die Gesetze über die öffentliche Ordnung und ermöglichte die Rückkehr der sudanesischen Popkultur in die nationalen Medien, die sich bis vor kurzem noch auf die Ausstrahlung von Militär-Hymnen und religiösen Predigten beschränkten. So wurde das Gefühl bedient, der Sudan habe seinen Rubikon überschritten.
Gab es eigentlich bei der Präsidentenwahl Beispiele von Betrug? Ganz offensichtlich, aber sie waren weder in einem Ausmaß organisiert, dass es gerechtfertigt wäre, das Wahlergebnis als Ganzes anzuzweifeln, noch waren sie so weitreichend, dass der große Abstand zwischen al-Bashir und seinen Mitbewerbern allein auf Betrug zurückzuführen wäre. Wie es ein Beobachter zusammenfasste: „Das eigentlich Unschöne an dieser Wahl ist nicht die unbeholfene Betrügerei, deren sich die Kader der Nationalen Kongresspartei hier und da bedienten, sondern die weit traurigere Realität, dass Manipulationen nicht im geringsten nötig waren.“
Übersetzung: Christine Käppeler
Nesrine Malik ist Sudanesin. Sie lebt und arbeitet als Autorin in London. Zuvor war sie im Finanzsektor tätig
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