Wahlhilfe für Hamid Karsai

Familienbande Um zu garantieren, dass die Wahlen am 20. August auch im Süden stattfinden können, wurden Geheimabkommen über eine Waffenruhe mit Kommandeuren der Taliban geschlossen

Ahmed Wali Karzai, der umstrittene Halbbruder und Wahlkampfmanager des afghanischen Präsidenten, hat einzelnen Taliban-Kommandeuren ein Versprechen abgerungen: Sich am Wahltag zurückzuziehen, damit die afghanische Armee die Sicherheit an den Wahlurnen gewährleistet. Ein NATO-Sprecher hat das bestätigt: "Wir unterstützen jede Initiative, die eine Teilnahme an der Wahl ermöglicht." Auch die US-Botschaft hat den Plänen ihren Segen erteilt, die zwischen dem 3. und 9. August bei einem gemeinsamen Treffen der nationalen Sicherheitschefs diskutiert wurden.

Viele Verhandlungen mit örtlichen Taliban-Kommandeuren im Süden werden von Wali Karzai geführt, der als Vorsitzender des Provinzrates von Kandahar über einige Macht verfügt. Er leitet den Wahlkampf seines Bruders im südlichen Paschtunen-Gürtel und hat für einige der am stärksten umkämpften Provinzen – inklusive Helmand und Kandahar – eine Waffenruhe angekündigt. So könnten mehr Wahllokale öffnen. Zuvor wurde befürchtet, etwa 700 der 7.000 Wahllokale könnten geschlossen bleiben.

Stimmen der Paschtunen

Wali Karzai behauptet, die Kommandeure seien sich nicht einig, ob die Order Mullah Omars befolgt werden solle, das Votum zu sabotieren. "Es wird alles von der jeweiligen Gruppe abhängen, und mit wem sie in Verbindung steht. Einige Taliban-Führer werden wegsehen – andere sagen: Nein, das wird nur den Juden und Christen in diesem Krieg helfen." Die Möglichkeit, dass im Süden nicht gewählt werden könnte, hatte den Präsidenten beunruhigt. Und das zu Recht, er braucht die Stimmen seines eigenen, paschtunischen Volkes – der größten ethnischen Gruppe Afghanistans – , um die Wahl gleich in der ersten Runde zu gewinnen.

Halbbruder Wali sieht das ähnlich. "Ich hatte erst vor kurzem ein Treffen mit einem äußerst einflussreichen Taliban-Kommandeur und ihm erklärt – die Wahlen werden stattfinden, ob die vier Provinzen im Süden nun teilnehmen oder nicht. Afghanistan besteht aus 32 Provinzen. Sie werden nicht darauf warten, was in Kandahar geschieht." Sind die Taliban besorgt darüber, dass eine geringe Wahlbeteiligung im Süden einem Nicht-Paschtunen zum Wahlsieg verhelfen könnte? Noch einmal Wali Karsai: "Absolut. Sie verstehen das. Sie fragen, wie konnten die Paschtunen in diesem Krieg zur Opposition werden? Was wird geschehen, wenn es tote paschtunische Zivilisten gibt? Im Moment haben wir einen Präsidenten, der sich darum kümmern würde."

Druck auf Pakistan

Wali Karzai wird nachgesagt, er habe seine Finger im Drogenhandel, auch wenn der das vehement bestreitet. Bei einem Bericht des Nachrichtenmagazins Stern, wonach britisches Militär auf seinem Landgut im Juli tonnenweise Opium sichergestellt habe, handele es sich um einen politisch motivierten Angriff, der darauf ziele, den Präsidenten vor der Wahl zu schwächen. Wali ist voller Zuversicht, was die Aussichten seines Bruders angeht, gerade in Kandahar, wo dessen Konkurrenten, einschließlich des früheren Außenministers Abdullah Abdullah, nur über geringe Unterstützung verfügten. "Im Süden unterstützen uns 90 bis 95 Prozent der Menschen. Unser Problem besteht allein darin, die Leute an die Wahlurnen zu bringen.

Die mit den Taliban vereinbarte Feuerpause dürfte Hamid Karzais Chancen auf eine Wiederwahl enorm steigern. Doch bleibt es bei der offizielle Linie der Gotteskrieger, die Afghanen sollten der Wahl fern bleiben. Sie drohen, die Wahl durch Straßenblockaden zu torpedieren, und wollen jeden töten, dessen Finger mit nicht wieder abwaschbarer Tinte – dem Hinweis auf eine erfolgte Stimmabgabe – befleckt ist. Ein westlicher Experte, der den Süden gut kennt, meinte indes, diese Drohungen seien bisher nur halbherzig formuliert worden. Er könne jedenfalls keinen systematischen Widerstand erkennen. Wali Karzai warnt jedoch, einige Gruppen wie die des 2007 getöteten Taliban-Führers Mullah Dadullah könnten sich unversöhnlich zeigen. "Ich werde erst nach den Wahlen wirklich wissen, wer sein Versprechen gehalten hat."

2004 waren die afghanischen Präsidentenwahlen wegen des Drucks der USA auf Pakistan relativ reibungslos verlaufen. Die Amerikaner hatten vor allem den Geheimdienst ISI gedrängt, ihren Einfluss auf die Militanten zu erhöhen. "Ich hoffe, dass dies auch diesmal geschieht. Das letzte Mal war es gerade so, als hätte jemand einen Knopf gedrückt, damit diese Leute nicht mehr über die Grenze zu uns herüber kommen", erinnert sich Wali Karzai.
Übersetzung: Holger Hutt

Nur für kurze Zeit!

12 Monate lesen, nur 9 bezahlen

Geschrieben von

Jon Boone, The Guardian | The Guardian

Der Freitag ist Syndication-Partner der britischen Tageszeitung The Guardian

The Guardian

Freitag-Abo mit dem neuen Roman von Jakob Augstein Jetzt Ihr handsigniertes Exemplar sichern

Print

Erhalten Sie die Printausgabe zum rabattierten Preis inkl. dem Roman „Die Farbe des Feuers“.

Zur Print-Aktion

Digital

Lesen Sie den digitalen Freitag zum Vorteilspreis und entdecken Sie „Die Farbe des Feuers“.

Zur Digital-Aktion

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Unabhängiger und kritischer Journalismus braucht aber Unterstützung. Wir freuen uns daher, wenn Sie den Freitag abonnieren und dabei mithelfen, eine vielfältige Medienlandschaft zu erhalten. Dafür bedanken wir uns schon jetzt bei Ihnen!

Jetzt kostenlos testen

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden