Als während der TED-Konferenz, die vor zwei Wochen in Edinburgh stattfand, eine eloquente Ökonomin über Fragen der Entwicklungspolitik referierte, sprach mich die Person auf dem Sitz neben mir an: „Was halten Sie von ihrem Outfit?“ Ich hatte schon bemerkt, dass die Vortragende ein figurbetontes Kleid und sehr hohe Absätze trug, doch die Frage irritierte mich: Schließlich fragt man das bei einem Mann auch nicht.
Als ich als Nachrichtensprecherin fürs Fernsehen arbeitete, bezogen sich die meisten Kommentare, die ich von Zuschauern und Vorgesetzten bekam, auf mein Aussehen. Dass ich zwei Uniabschlüsse habe und mehr als 25 Jahre internationale Berufserfahrung als Print-, Radio- und Fernsehjournalistin vorweisen kann, interessierte niemanden. Aber hatte ich schon mal darüber nachgedacht, mir meine Haare glätten zu lassen oder mehr Grün zu tragen?
Das ist nach wie vor die Realität von Frauen, die in der Öffentlichkeit stehen. Wir wissen, dass unser Aussehen überprüft und kommentiert wird. Und das ist auch einer der Gründe, warum viele Frauen ungern in der Öffentlichkeit das Wort ergreifen. Einer der beeindruckendsten Aspekte der TED-Konferenz war, dass fast die Hälfte der Referenten Frauen waren. Frauen neigen dazu, doch eher „nein“ zu sagen, wenn sie zu einem Vortrag eingeladen werden.
Andere Vorbilder
TED-Talk-Organisatorin June Cohen zufolge muss man Frauen regelrecht „belagern“, um sie ans Rednerpult zu bekommen. Cohen investiert viel Zeit und Energie, um Frauen zu öffentlichen Auftritten zu ermutigen und betreut sie dann intensiv. Um Rednerinnen aus der Wirtschaftswelt zu finden, sollte man ihr zufolge nicht bei den Vorstandsvorsitzenden suchen, sondern bei den Personalchefs oder den Stellvertretern nachsehen.
Diese Frage der Repräsentanz ist keine Kleinigkeit: Wir dürfen nicht zulassen, dass die einzigen Vorbilder unserer Töchter, Nichten und Enkelinnen spärlich bekleidete Popstars oder B-Promis sind, die nur deswegen bekannt sind, weil sie im Reality-TV auftreten. Wir brauchen starke und inspirierende Frauen in der Öffentlichkeit, damit die Schülerinnen von heute etwas haben, was sie anstreben können. Doch es wird Zuwendung und Aufmerksamkeit erfordern, diese Frauen zu überreden, aus dem Schatten zu treten.
Kirsty Lang moderiert bei BBC Radio 4 die tägliche Abendsendung Front Row und schreibt als freie Autorin für den Guardian
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