In den afrikanischen Ländern südlich der Sahara gibt es laut neuer Forschung genug Grundwasservorkommen, um die Landwirtschaft in der Region zu verändern und die Menschen mit ausreichend sauberem Wasser für den Trink- und Hygienebedarf zu versorgen. Vorausgesetzt, dass mit der Ressource besser gewirtschaftet wird.
Grundwasser, das sich unter der Erdoberfläche in Wasser führenden Schichten, Steinen und Böden befindet, macht 99 Prozent allen flüssigen Frischwassers auf der Erde aus. In Afrika gibt es reichlich davon, aber laut zwei größeren Studien führen fehlende Investitionen dazu, dass es nicht genutzt oder schlecht gemanagt wird. Die Wasserreserven könnten für die Bewässerung und die Bereitstellung sauberen und sicheren Wassers genutzt werden. Aber das Grundwasser muss nachhaltig genutzt werden, sonst besteht die Gefahr, dass es schnell schwindet oder verschmutzt.
„Unsere Forschungsergebnisse widerlegen den Mythos, Afrika gehe das Wasser aus“, sagte Tim Wainwright, Chef der Hilfsorganisation WaterAid UK, von der eine der Studien stammt. „Aber die Tragödie ist, dass Millionen von Menschen auf dem Kontinent weiter nicht genug sauberes Wasser zu trinken haben. Dabei befinden sich direkt unter den Füßen dieser Leute große Wasserreserven, von denen viele jedes Jahr durch Regenfälle oder Oberflächenwasser wiederaufgefüllt werden. Die Menschen haben nur keinen Zugang dazu, weil die Wasserversorgung chronisch unterfinanziert ist.“
Grundwasserreserven für mindestens fünf Jahre Dürre
Im Einklang mit dem British Geological Survey kommt WaterAid zu dem Ergebnis, dass die meisten afrikanischen Länder mindestens fünf Jahre Dürre überleben könnten, wenn sie ihre Grundwasserreserven nutzen. Bei einigen würde es sogar mehr als 50 Jahre reichen. WaterAids Studie „Grundwasser: das weltweit vernachlässigte Mittel gegen die Folgen des Klimawandels“ ergab, dass alle afrikanischen Länder südlich der Sahara 130 Liter Trinkwasser pro Kopf täglich aus dem Grundwasser entnehmen könnten, ohne mehr als ein Viertel dessen zu nutzen, was erneuert werden kann. Bei den meisten Ländern wären es sogar nur rund 10 Prozent.
Unabhängig davon beschäftigte sich der jährliche Weltwasserentwicklungsbericht der UN dieses Jahr schwerpunktmäßig mit Grundwasser. Demnach besitzen nur drei Prozent der Anbauflächen in Sub-Sahara-Afrika Bewässerungssysteme. Bei nur fünf Prozent dieser Flächen wird Grundwasser eingesetzt, obwohl in der Region häufig reichlich Grundwasser vorhanden ist.
Laut Richard Connor, Hauptautor und Herausgeber des UN-Berichts für die Unesco, gibt es mehrere Gründe, warum das Grundwasser in Afrika nicht genutzt wird: Es wird zu wenig in Ausrüstung und Infrastruktur investiert. Es mangelt an Institutionen, ausgebildeten Fachleuten und Wissen über die Ressource. Entscheidend für eine Veränderung sei der Aufbau von Fachwissen über die Kartierung und Bewirtschaftung von Grundwasserressourcen.
Grundwasser effizient und nachhaltig fördern und nutzen
Dabei besteht immer auch die Gefahr, dass das Grundwasser übermäßig angezapft wird. Manches Grundwasser kann schnell wieder aufgefüllt werden, wenn Regen fällt. Andere Wasser führende Schichten lagen Jahrtausende oder gar Millionen Jahre lang ungestört in der Erde. Dieses „fossile Wasser“ ist dank moderner Pumpmethoden heute in Reichweite und wird bereits effektiv angezapft, etwa um in der Wüste im Nahen Osten Städte zu bauen. Das aber kann nicht von Dauer sein, weil das Wasser nicht innerhalb der relativ kurzen, dem Menschen zugeordneten Zeitspanne auf der geologischen Zeitskala ersetzbar ist.
Connor wies auf weitere Beispiele von Übernutzung des Grundwassers auf der Welt hin, in Südasien, Teilen der USA und Australien, wo das Grundwasser nicht nachhaltig genutzt wurde. In Indien etwa gibt die Regierung seit über 30 Jahren Landwirten Anreize, Wasser aus dem Boden zu holen, ohne dazu begleitende Regierungsstrukturen aufzubauen, um sicher zu stellen, dass das Wasser gleichberechtigt geteilt und langfristig verwaltet wird. Das führte zu einer ungezügelten Nutzung, die über die natürliche Erneuerung des Grundwassers hinausging. Daher müssen die Bauern jetzt um eine schwindende Ressource kämpfen, bei sinkendem Grundwasserspiegel und zunehmend verschmutztem Wasser.
Laut Connor ist Beteiligung der Schlüssel zur Lösung. Die Menschen vor Ort müssten das Recht auf und die Verantwortung für ihre Ressourcen übertragen bekommen. Und sie brauchen das Knowhow, Grundwasser effizient und nachhaltig zu fördern und zu nutzen. Das erfordere Investitionen: „Das richtig zu machen, kostet Geld. Und kurzfristig gesehen kann es mehr Geld kosten, nachhaltig zu wirtschaften als schlecht zu wirtschaften. Aber gutes Management bringt enorm viel. Es kann dafür sorgen, dass die Ressource für Generationen erhalten bleibt.”
Bewässerungsinfrastruktur für Bevölkerung vor Ort
Eine weitere Gefahr für afrikanische Länder ist, dass andere Länder sich als erste auf die kostbare Ressource stürzen und ihren Vorteil daraus ziehen. Eine weitere, vom Oakland Institute veröffentlichte Studie zeigt, dass große Agrarrohstoffunternehmen aus dem Ausland in Afrika eine große Chance sehen. Die Forscher untersuchten fünfzehn großangelegte Agrarprojekte in elf afrikanischen Ländern, bei denen große Unternehmen Rechte auf Land und Wasserförderung erhalten hatten.
Ihr Ergebnis: In vielen Fällen haben die Menschen vor Ort keineswegs Vorteile von der Entwicklung, sondern sogar Nachteile. „Wenn Bewässerungsinfrastruktur eingeführt wird, profitieren davon meist private Unternehmen, die Landwirtschaft im großen Stil betreiben und häufig Exportgüter anbauen, nicht die lokalen Bauern und Gemeinschaften“, heißt es in der Studie. „Menschen, die in trockenen und halbtrockenen Gebieten leben, werden durch groß angelegte Bewässerungsprojekte stark beeinträchtigt. Die Projekte verringern die verfügbare Anbaufläche und verhindern Landwirtschaft, die auf den Rückgang nach Überflutung basiert, während neue Zäune und Kanäle durch die traditionellen Wege von Mensch und Vieh schneiden.”
Kommentare 9
Danke für die Informationen.
Weiterhin werden die afrikanischen Länder ausgebeutet von ausländischen Grosskonzernen. Hinterher schaut man blöd aus der Wäsche und ist pikiert, wenn sich die Menschen gen Westen flüchten, um irgendwie zu überleben. Statt den Grosskonzernen gesetzliche Vorgaben zu machen, um diese Fluchtursachen zu unterbinden, werden Flüchtlinge in verschiedene Lager gesperrt und oft gefoltert und abgeschoben, zurück ins Elend.
Klar. Man sollte nur nicht vergessen, dass Libyen vor der Zerstörung durch NATO-Flieger eines der besten Wasser-Management-Systeme überhaupt hatte. War immer ein Beispiel für ganz Afrika ...
Ja, eines der wenigen Länder die ihre Öleinnahmen klug nutzten. Der casus belli war nach meiner Einschätzung der libysche Vorschlag zu einer afrikanischen Währungsunion.
Und da kommt mir die bange Frage: Müssten afrikanische Länder, wenn sie sich um ihre eigene Entwicklung kümmern, diese durch atomares Drohpotential schützen?
Das arme Afrika. Der Westen hat eine Jahrhunderte alte Tradition, diesen Kontinent auszuplündern. Auch gut gemeinte Entwicklungshilfe hat oft genug, nur zum Profit der Großkonzerne geführt. Ich kann jedes afrikanische Land verstehen, welches uns mit Misstrauen begegnet. Man muss ja nur sehen, wie ein Konzern wie Nestle sich ungeniert die Wasservorräte auch bei uns aneignet. Was werden die da erst in Afrika tun?
Aber China ist nun mit dabei. Die haben die Chance, das richtiger zu machen. Kein Imperialismus und keine Gewinnmaximierung auf Kosten der lokalen Bevölkerung. Denn das ist 'bad business'. Ich denke, dass China in Afrika, neue Märkte aufbauen will. Und deswegen muss man Anderen auch ein Stück vom Kuchen lassen. Diese brutale Ausbeute des neoliberalen Kapitalismus jedoch, hinterlässt nur verarmte Menschen, die als Kunden und Konsumenten fehlen.
Unter der Voraussetzung, dass das Grundwasser nicht "übermäßig angezapft" wird, wie es im Artikel heißt, wäre es nicht eine Win-Win-Situation für die Menschen vor Ort in Afrika und für das globale Klima, wenn dort statt der Wüste Bäume und andere Pflanzen wachsen würden?
Aber mit solchen komplexen Überlegungen sind "grüne" Politiker wie Robert Habeck und Annalena Baerbock offenkundig intellektuell überfordert. Außerdem ist Krieg in Russland und da müssen die regierenden grünen Pazifisten dabei sein.
Außerdem würde die Erschließung der Trinkwasserressourcen ein paar Millionen Euro kosten. Geld, das für Panzer, Raketen, Maschinengewehre, Springerstiefel, Drohnen bzw. die Bundeswehr und die Nato ausgegeben wird, muss der Finanzminister Lindner von der FDP nicht zuletzt bei der Entwicklungshilfe wieder einsparen.
Ob das mittel- und langfristig Sinn macht? Wer fragt danach und wen interessiert das? Unsere rot-gelb-grüne Ampel-Koalition und die Mainstream-Medien interessiert das jedenfalls nicht Kaffeebohne und sogar bei den Linken gibt es leider nur noch wenige Nachdenker.
Und was sagen die "Top-Moderatorinnen" Anne Will, Maybrit Illner, Marietta Slomka, Caren Miosga, Anja Kohl und Linda Zervakis dazu?
Dieser Kommentar wurde Ihnen präsentiert von der Initiative FfdF (Frieren für die Freiheit, © by Joachim Gauck).
"Dieser Kommentar wurde Ihnen präsentiert von der Initiative FfdF (Frieren für die Freiheit, © by Joachim Gauck)."
:-)
Eine zentrale Aussage dieses Artikels ist nicht korrekt.
Wassermangel und ungleicher Zugang zu Wasser sind keineswegs ein ‚Mythos‘, sondern reflektieren die endliche Realität der ‚Natürlichen Ressource Wasser‘, und die Eigentums- und Machtverhältnisse auf dem Land.
Das gilt auch und besonders für Grundwasser, und für dessen Verfügbarkeit in Afrika.
Einzelne, spezielle Kartierungen von Grundwasservorkommen verändern diese grundlegenden Bedingungen auf gar keinen Fall, bestenfalls erweitern sie den zeitlichen oder räumlichen Spielraum zum Handeln.
‚Grundwasserreserven für mindestens fünf Jahre Dürre‘ bedeutet praktisch sehr wenig, wenn die Grundwasser-Neubildungsrate damit nicht parallel läuft (was sie oft nicht tut).
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https://harvardnsj.org/2018/05/water-scarcity-the-most-understated-global-security-risk/
https://www.unicef.org/wash/water-scarcity
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5146931/
https://www.unwater.org/water-facts/scarcity/
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Der Artikel segelt am Rande der wissenschaftlichen Seriosität und ähnelt in Teilen den PR-gestylten–Science-Artikeln zur tumben Promotion des fortgesetzten Ressourcenverbrauchs und der damit verbundenen industriellen Wachstumsideologie.
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Das ist der eigentliche Mythos, um den es hier geht.
Als jenamd, der einen grossen teil seiner lebenszeit in ca. 20 ländern des subsaharischen Afrikas verbracht hat und immer noch verbringt, kann ich nur sagen: Africa is not one country!
Wenn is nicht gelingt, den kontient Afrika auch hinsichtlich der dort anzutreffenden problemlagen angenessen zu regionalisieren, bleibt alles, was da so geschrieben wird "ein mythos". Dieser artikel reiht sich nahtlos in die unsägliche reihe derartiger artikel ein.
Illusionen im Sinne des 'Wachstums'.
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https://www.youtube.com/watch?v=ydYDqZQpim8
Namibia: Live stream in the Namib Desert
10.04.22 Nacht
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Eine fiktive Geschichte dazu, bitte:
Unter diesem Wasserloch werden mehrere Millionen m3 ‚prähistorisches‘ Wasser vermutet. Die Lagerstätte wurde von der BGR kartiert. Finanziert durch die KFW als Teil der ‚Genozid‘-Zahlungen an Namibia.
Das Untergrundwasser ist für menschlichen Konsum nicht geeignet, kann aber im Prinzip für ‚landwirtschaftliche Zwecke‘ genutzt werden.
Durch ein Förderungsprogramm zur Exportorientierung des BMZ werden junge ‚Start-up‘ – Aspiranten aus Deutschland zu einer Informationsreise durch Afrika eingeladen. Eine/r davon, mit deutsch-pazifischen Eltern, erkennt die Nutzbarkeit der Gegend zum Anbau von ‚Drachenfrucht‘.
Durch eine Vereinbarung der EU mit der Regierung von Namibia wird die Umwandlung von Tausenden ha ‚Wüste‘ in den Bewässerungslandbau beschlossen. Die internationale Ausschreibung zur Erschließung des Gebietes wird von einer Firma aus Taiwan gewonnen, die für private finanzielle Investoren in Hongkong und London agiert und arbeitet.
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Innerhalb von 9 Monaten ist die Anlage errichtet und zieht täglich bis zu mehreren tausend m3 Grundwasser ab, Arbeitskräfte aus Semi-Nomaden-Stämmen werden rekrutiert und in Wohncontainern untergebracht. Eine alte, gebrauchte Anlage zur Herstellung von Fruchtsaft wird aus den Philippinen installiert.
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Der (noch) fruchtbare, jetzt bewässerte Boden bringt im ersten Jahr eine sehr gute Ernte. Mit der Lufthansa in Windhoek wird ein Vertrag zur täglichen Auslieferung der Ernte nach Frankfurt abgeschlossen. Lastwagen aus Südafrika werden billig erworben, und von nun an rollen die täglichen Abgasfahnen aus der Namib nach Windhoek.
Ein Stadtmagazin in Berlin, eines in Stockholm und eines in Lissabon, erklären die Drachenfrucht zur gesundheitlichen Innovation des Jahres.
Die Nachfrage steigt, und die täglichen Rationen aus den Pumpstationen das Grundwasser werden erhöht.
In London und Hongkong ist man äußerst zufrieden mit der Rendite. Auch die Lufthansa ist glücklich, und der junge Innovator wird auf dem WEF beispielhaft ausgezeichnet.
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Überraschung. Überraschung. ...
? Nein, keinesfalls.
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Nach 6 Jahren sind die Grundwasserbestände erschöpft, die Produktion bricht zusammen, gefolgt von der gesamten Infrastruktur.
Die Lufthansa hat längst aufgehört zu fliegen, und das Stadtmagazin sucht die nächste ‚Innovation‘.
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Vor Ort bleiben zurück:
Aufgebrauchte Grundwasser-Lager.
Tausend von ha zerstörtes, ausgelaugtes Land.
Eine undichte und verrottende Farmindustrie-Infrastruktur.
120 arme Farmarbeiter/innen, ohne irgendwelche Ressourcen, in
verrostenden Metall-Containern.
50 ausgeschlachtete LKWs.
Heisser Sand.
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Jedoch.
Während der 6-jährigen Ausbeutung der Ressourcen stieg das GDP des Landes jährlich um 10 %. Politiker der Regierungspartei nutzten diese Phase zu einträchtigen Vereinbarungen mit den beteiligten Investoren.
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Der artesischen Brunnen mit Wasserstelle, die Sie im Video Life sehen, existieren dann auch nicht mehr.
Mit allen möglichen Konsequenzen, die das hat, für das Heute und für die Zukunft, die die Leute dort, und deren Mitwelt.
Schauen Sie mal rein, in 10 Jahren, oder so …