Weil ich ein Mädchen bin

Japan Am 14. März feiert man in Japan den "Weißen Tag", an dem Männern ihre Frauen beschenken. Klingt wie Valentinstag? Stimmt, nur dass die Geschenke nicht freiwillig sind

Am 14. März wird in Japan und Südkorea „Howaito“ gefeiert, der „Weiße Tag“, an dem die Männer die Frau ihres Lebens beschenken. Das ist relativ neu, wurde er doch als „Ausgleich“ für den Valentinstag ausgerufen, an dem in beiden Ländern ausschließlich Frauen Geschenke machen – nicht nur ihrem Liebsten, sondern gleich allen Männern, die für sie wichtig sind. Bei romantischen Geschenken spricht man dabei von honmei-choko (Liebesschokolade) – soll hingegen eher Respekt als Liebe bekunden werden, wird giri-choco (Pflichtschokolade) gereicht.

Das klingt nur fair. Da die Japaner sich aber trotzdem nicht so recht mit dem Gedanken anfreunden konnten, dass Frauen Männer beschenken, bemühte sich der Verband der japanischen Süßwarenindustrie im Jahr 1978 ihnen das Konzept etwas schmackhafter zu machen. Man brachte eine weiße Schokolade auf den Markt, mit der die Herren sich genau einen Monat nach dem Valentinstag revanchieren können sollten.

Männer müssen sich mit Geschenken im dreifachen Wert revanchieren

Was mit ein paar neuen Süßwaren begann, ist inzwischen ein Datum mit festem Platz im Kalender. Für die Männer wird der 14. März oft recht teuer. Sie sollen sich nämlich, so wird erwartet, bei jeder Frau mit Geschenken im dreifachen Wert revanchieren.

Ganz schön kompliziert. Die Japaner müssen sich nicht nur merken, von wem sie was bekommen haben, sondern auch noch den Wert des Geschenkes schätzen und diesen dann multiplizieren. Für die Japanerinnen hingegen ist die Versuchung groß, das Ganze als Investition zu betrachten und einfach allen Männern die sie kennen, am Valentinstag eine billige Schokolade zu schenken – um dann einen Monat später eine dreihundertprozentige Rendite in Form von Schleckereien, Blumen oder Dessous einzukassieren.

Nun ist dieses Ungleichgewicht in der finanziellen Belastung auch in Europa nicht unbekannt.

Die britische Webseite Top Table will herausgefunden haben, dass bei 85 Prozent der Rendezvous, die in einem Restaurant stattfinden der Mann heimlich oder offen die Rechnung bezahlt - egal ob das Date gut verlief oder nicht. Nur ein Drittel der Frauen gab an, von sich aus vorzuschlagen, die Rechnung getrennt zu begleichen. Eine europaweit durchgeführte Studie von SAB Miller kam zu dem Ergebnis, dass 81 Prozent der Männer davon ausgehen, bei der ersten Verabredung mit einer Frau die Drinks zu bezahlen.

Auch britische Männer geben im Schnitt mehr für Geschenke aus

Dabei scheint es sich keineswegs bloß um ein Gebaren zum Umwerben einer möglichen Künftigen zu handeln. Auch in festen Beziehungen lassen Männer sich Geschenke mehr kosten. Recherchen der Internetseite Money Supermarket haben ergeben, dass britische Männer am Valentinstag 48, Frauen hingegen nur 22 Pfund ausgeben.

Halten Männer um die Hand einer Frau an, gilt in angelsächsischen Ländern die Faustregel, dass der Verlobungsring den Gegenwert von drei Monatsgehältern hat - was übrigens auch ein „Brauch“ ist, der auf die Initiative eines Unternehmens zurück geht: in diesem Fall der Diamantenfirma DeBeers. Die Tradition, dass die Familie der Braut die Hochzeitsfeier bezahlt, stirbt hingegen langsam aus.

Wie sieht es bei verheirateten Paaren aus? Die 38-jährige Vertriebsleiterin Alexandra Todd-Nelson hat die Beobachtung gemacht, dass Männer mehr Geld für materielle Geschenke ausgeben, findet aber:„Wenn wir erst ein Kind geboren haben, dann sind wir im wahrsten Sinne des Wortes jeden Cent wert.“ Sie ist nicht die Einzige, die meint, dass Frauen durch das Gebären von Kindern in emotionaler und körperlicher Hinsicht automatisch mehr in eine Beziehung stecken. Ob das aber bedeutet, dass Männer versuchen sollen, dies durch finanzielle Aufwendungen wieder wettzumachen, erscheint doch mehr als fragwürdig.

Die japanischen Süßwarenhersteller jedenfalls waren geschickt. Sie haben es geschafft, die Schokoladenverkäufe in die Höhe zu treiben, indem sie den vielleicht einzigen Anlass identifiziert haben, zu dem Frauen etwas für ihre Männer kaufen, ohne eine Gegenleistung zu erhalten.

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Übersetzung: Zilla Hofman
Geschrieben von

Helen Croydon, The Guardian | The Guardian

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