Wenig Grund zur Hoffnung

Syrien Der UN-Sondergesandte Brahimi will eine Waffenruhe aushandeln. Auch wenn die zustande kommt, wird sie kaum den Weg zu Verhandlungen zwischen den Kriegsparteien ebnen
Unterhändler Brahimi (l.) konferiert mit dem syrischen Außenminister Walid al-Muallim
Unterhändler Brahimi (l.) konferiert mit dem syrischen Außenminister Walid al-Muallim

Foto: STR/AFP/Getty Images

Man weiß leider nur zu gut, wie der Umgang mit einer möglichen Waffenruhe gewöhnlich abläuft. Regierung wie Rebellen erklären jeweils ihre grundsätzliche Bereitschaft, bezweifeln aber zugleich, ob die andere Seite willens und in der Lage ist, sich an ihren Teil der Abmachung zu halten. Die Waffenruhe beginnt und wird eine kurze Zeit lang einigermaßen eingehalten. Dann jedoch wird wieder geschossen, die Konfliktparteien beschuldigen sich gegenseitig, und es herrscht wieder Krieg wie zuvor.

Emissär Brahimi ist ein kluger und erfahrener Verhandlungsführer, der schon an der Lösung einiger Konflikte beteiligt war hat. Für ihn, der den Bürgerkrieg im Libanon beenden half, muss es besonders ärgerlich sein, dass die alten Konflikte in diesem Land in neuer Form wieder aufflammen, während sich die syrische Krise regional ausbreitet. Die Ermordung des libanesischen Sicherheitschefs al Hassan vor einer Woche hat die pro- und anti-syrischen Kräfte des Landes auf direkten Kollisionskurs geführt – dass damit die Gefahr einer gewaltsamen Konfrontation wächst, ist sehr wahrscheinlich.

Angesichts der ebenfalls möglichen Ausweitung der Krise auf Jordanien und die Türkei muss der UN-Gesandte nun versuchen, dies zu verhindern und den Krieg gleichsam bei der Wurzel zu packen. Brahimi hat erklärt, er hoffe, eine Waffenruhe für die Dauer des Opferfestes am kommenden Wochenende werde als Gelegenheit genutzt, sich über einen längeren Verzicht auf Kampfhandlungen zu einigen. Das ultimative Ziel – so Brahimi – seien politische Gespräche. Das muss er natürlich sagen. Ob er wirklich daran glaubt, steht auf einem anderen Blatt.

Alles, was wir haben

Was könnte dabei helfen, aus diesen fragilen Hoffnungen Wirklichkeit werden zu lassen? Ein relevanter Sinnes- und Verhaltenswandel auf Seiten der äußeren Akteure ist nicht in Sicht. Eine Verständigung zwischen Russen und Amerikanern, die in einer besseren Welt den Konflikt hätte abwenden können, war nie so fern. Stattdessen erkennt Moskau nicht an, dass Druck auf die syrische Regierung ausgeübt werden muss, während sich die Amerikaner einem Regimewechsel ohne Intervention verschrieben haben – das kann nur zu gegenseitiger Lähmung führen. Die regionalen Akteure mischen sich entweder ein oder verhalten sich rein reaktiv. .

Verschiebungen des internen Gleichgewichts könnten das Bild ändern. Sollten die Rebellentruppen und die Regierung mehr oder weniger gleichzeitig zu dem Schluss kommen, dass sie weder neues Terrain hinzu gewinnen, noch altes zurückerobern können, würde das die Lage verändern. Ebenso verhielte es sich bei einem alawitischen Putsch gegen Präsident Assad, dessen Anführer dann mit relativ sauberen Händen Gesprächspartner auf der anderen Seite finden könnten. Alles in allem gibt es relativ wenig Grund zur Hoffnung. Aber Hoffnung ist alles, was wir haben.

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Übersetzung: Zilla Hofman
Geschrieben von

Editorial | The Guardian

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