Geopolitiker und Ökonomen führen schon seit langem eine Debatte darüber, ob chinesische oder westliche Investitionen für Afrika besser sind. Ein Argument dabei lautet, die chinesischen Investitionen seien ausbeuterisch und würden die Entwicklung von Demokratie und Menschenrechten auf dem Kontinent untergraben. Andere betrachten die Sache von der Seite des Wettbewerbes her und argumentieren, China breche nur das jahrzehntelange Monopol des Westens auf Afrikas Ressourcen. Keine dieser Sichtweisen nimmt das eigentliche Problem in den Blick. Zunächst einmal wird allzu oft über Afrika geredet, ohne seine Menschen als gleichwertige Partner einzubeziehen. Zum zweiten wird den Afrikanern weder zugetraut noch zugestanden, aktiv ihre eigenen Prioritäten zu setzen.
Hilfe über den Tag hinaus
Lange war die Entwicklungshilfe eine der wichtigsten Einnahmequellen des Kontinents. Obwohl sie hilfreich war, konnte diese Unterstützung kaum für eine nachhaltige Entwicklung sorgen. Es ist klar, dass Handel und Investitionen in dieser Hinsicht sehr viel mehr vermögen. Afrika begrüßt daher Investitionen, von Ost und West, Nord und Süd. Ruanda macht da keine Ausnahme. Wir wollen Investitionen, die unsere Kenntnisse mehren, Arbeitsplätze schaffen, unternehmerische Initiativen fördern und die Möglichkeit eröffnen, das Leben von Millionen Menschen zu verbessern. Das soll mitnichten heißen, dass wir die Verdienste der Entwicklungshilfe nicht anerkennen. Nur geraten die Empfängerländer, durch die derzeitige Praxis bei der Vergabe dieser Hilfe, in eine Abhängigkeit, aus der sie nicht wieder herauskommen.
Worauf sollten also die Geber und Empfänger von Hilfsmitteln achten? Oberstes Ziel muss Hilfe zur Selbsthilfe sein. Es sollte etwas Positives über den Tag hinaus übrig bleiben. Hilfsgelder sollten dazu verwendet werden, Möglichkeiten und Anreize für den Handel zu schaffen, die Selbstversorgungsquote zu erhöhen und einen stabilen privaten Sektor aufzubauen, um Investitionen hereinzuholen. Vielen Ländern werden beispielsweise kostenlos Düngemittel zur Verfügung gestellt. Das ist gut gemeint, verhindert aber nur allzu oft, dass die lokalen Hersteller selbst zu einem konkurrenzfähigen Preis produzieren können. Vor die Wahl gestellt, würden die Leute es vorziehen, zu arbeiten und sich selbst zu versorgen, anstatt Almosen zu empfangen. Was die Afrikaner wollen ist Selbstbestimmung und Würde.
Öfter auf Augenhöhe
Wie alle anderen benötigt auch unser Kontinent Investitionen. Bemühungen, diese Investitionen zu erhalten, sollten nicht als Bedrohung unserer Bemühungen um mehr Demokratie gesehen werden. Natürlich sollten die afrikanischen Staatsoberhäupter Good Governance und Menschenrechte ernst nehmen – die meisten tun dies auch. Dies sollten wir aber nicht deshalb tun, weil man es von uns als Vorbedingung von Investitionen verlangt wird, sondern weil es das Richtige ist. Die Präsenz chinesischer Investoren lässt die Menschenrechte in Afrika ebenso wenig erodieren wie in der EU oder den USA, wenn es dort zu Kooperationen mit China kommt.
In Ruanda haben wir hart daran gearbeitet, die Korruption einzudämmen. Unsere Reformen fruchten durchaus, dies lässt sich am Doing Business Index der Weltbank ablesen, auf dem sich Ruanda vom 143. auf den 67. Platz vorgearbeitet hat. Damit sind wir weltweit das führende Reformland. Im Vorjahr wuchs unser Bruttoinlandsprodukt um 11,2 Prozent und trotz der Weltfinanzkrise haben wir Grund zur Hoffnung. In den Schlüsselsektoren der Exportwirtschaft sind die Löhne in den vergangenen acht Jahren um mehr als 20 Prozent gestiegen. All das wurde möglich, obwohl sich die von uns in Anspruch genommene Entwicklungshilfe seit 2001 halbiert hat.
Afrikas Verhältnis zu seinen internationalen Partner muss insofern neu definiert werden, ob es sich nun um die EU, die USA oder China handelt. Handelsbeschränkungen und Subventionen, besonders in der Landwirtschaft, haben externe Märke gegen afrikanische Produkte abgeschottet und es uns unmöglich gemacht, als gleichwertige Partner aufzutreten. Investitionen und Handel mit interessierten Ländern, aber auch der innerafrikanische Handel helfen dem Kontinent beim Aufbau einer dringend benötigten Unternehmenskultur.
Wenn die Welt sich mehr darauf konzentrieren würde, in Afrika zu investieren, und es uns gelingen würde, öfter auf Augenhöhe zu verhandeln, würden davon alle profitieren. Handelsbeziehungen auf einer solchen neuen Basis würden das befördern, was unser aller Ziel sein sollte: nachhaltige Entwicklung, Prosperität und gegenseitiger Respekt.
Übersetzung: Holger Hutt
Paul Kagame ist seit 2000 Präsident der Republik Ruanda, er war zuvor Verteidigungsminister und Vizepräsident.
Was ist Ihre Meinung?
Kommentare einblendenDiskutieren Sie mit.