Die Tränen von Panama

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Denkt man an Panama, dann fallen einem oft 3 Dinge spontan ein: die wunderbare Kindergeschichte von Janosch, "Oh wie schön ist Panama", der berühmte Panama-Kanal neben dem Suez-Kanal der berühmteste der Welt und natürlich- wer sich für Politik interessiert- General Manuel Noriega, der Ende der Achtziger Jahre als Diktator und Polizeichef des kleinen Staates in die internationalen Schlagzeilen geriet, weil er u.a. des Drogenhandels beschuldigt wurde. Insgesamt lässt sich sagen, dass Panama eine Nation ist, in der- immerhin- 93% der Bevölkerung lesen und schreiben können, es eine Schulpflicht gibt und durch den Kanal der Staat zu einem bescheidenen Wohlstand gekommen ist.

Das alles darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass gerade die indigene Bevölkerung des Landes besonders betroffen ist von Armut, Unterdrückung, Rechtlosigkeit und Ausbeutung. Sind doch gut 8% der Bürger von Panama indigenen Ursprungs. Das Land hat einen bedeutenden Rohstoff: Kupfer. Und dieser liegt ausgerechnet im Gebiet indigener Völker. Und soll von internationalen Firmen ausgebeutet werden- Konsortien aus Kanada und Südkorea. Wenn man böse ist, könnte man sagen, dass die meisten Koreaner gar nicht wissen, wo das Land liegt bzw. auch nur einen Hauch von Ahnung über dessen Kultur und Geschichte haben. Aber zum Ausbeuten kommen sie gerne aus dem entfernen Asien in den Urwald. Und es lebt jetzt schon eine Minderheit von Asiaten im Land, warum wohl? wird man sich fragen.

Aktuell gibt es einen Konflikt, den die Regierung, relativ unbeachtet von der Weltöffentlichkeit, die mit den Vorgängen im Maghreb und den Promotionsarbeiten von Ministern beschäftigt ist, niedergeknüppelt hat. Panama scheint- anders als etwa Venezuela oder Boliven- weit von sozialistischen Versuchen oder starken Sozialdemokraten a la Lula in Brasilien entfernt zu sein. Der amtierende Präsident, Ricardo Martinelli ist- wie so oft in Lateinamerika- dem Großbürgertum entstammend und Besitzer einer Supermarktkette.

Der Konflikt, um den es hier geht, spielt in der Provinz Chiriqui, im Westen des Landes. Die dort ansässige indigene Bevölkerung vom Volk der Ngobe-Bugle, einer Ethnie, die zum den Guaymi-Völkern gehört und das gleichnamige Indianerreservat bevölkern, versucht verzweifelt durch verschiede Aktionen, sich der Ausbeutung ihrer Ressourcen zu erwehren. Ohne durchschlagenden Erfolg: die Regierung lies die Proteste brutal niederknüppeln. Man war sich auch nicht zu schade, die Elite-Soldaten, die schon durch Noriega bekannt wurden, nämlich die Nationagarde, gegen wehrlose Frauen, Kinder und Jugendliche einzusetzen. Panama hat eine (noch) funktionierende Flora und Fauna, viele Tierarten leben in den Dschungeln und Urwäldern des Landes, immerhin ist 19% des Landes zum Naturschutzgebiet erklärt worden und der Nationalpark Darien ist sogar Unesco-Weltnaturerbe. Jedoch könnte durch den Abbau des Kupfers die Sache ganz anders aussehen: nicht nur, dass man im Land keine große Tradition im Bergbau hat und damit wohl anfangs viele Fehler machen wird, die sich auch auf die Fauna und Flora auswirken werden, wird es ein Infrastrukturproblem geben, dass, wenn man es lösen will, neue Probleme schaffen wird: Straßen, die gebaut werden und dem der Urwald und damit wieder neue Bäume weichen müssen, Arbeiter, die zwar nun einen Job haben, aber- so ist zu befürchten- unter schlimmsten Bedingungen arbeiten, leben und hausen werden. Und auch wenn der Anteil der Steuern, die diese Firmen abgeben müssen, gestiegen ist, so dürfte doch der Großteil in den Taschen der Firmen verschwinden und der Rest, den das Land bekommt, spätestens in den Taschen kommunaler Behörden versickern. Wir kennen das ja aus vielen Teilen der Welt. Die beiden größten Probleme aber gibt es für die Ökologie und die einheimischen Ethnien. Solche Paradiese wie Panama müssen geschützt werden (und bleiben, wenn sie es denn mal sind) und ja, man braucht vielleicht auch Kupfer, aber dann bitte zu ordentlichen Löhnen und Gehältern unter Einbeziehung der lokalen Bevölkerung, die den Großteil des Geldes direkt bekommt und die man vorher (etwa in Form eines Referendums) befragen sollte, ob man den überhaupt in deren Territorium so einfach Bodenschätze nehmen darf. Es gibt Provinzen des Landes, die unter der Herrschaft der Indianer stehen und die eigentlich das Recht haben sollten, dann auch über diese Dinge selbst zu entscheiden und nicht die Bundesbehörde in Panama-Stadt. Und wird dann auch Regenwald gerodet, wie das ja häufig schon in Brasilien oder auch Indonesien der Fall ist? Werden viele der einzigartigen Tierarten verschwinden? Wird man im Biotop Panama, wo seltenste Tier- und Pflanzenarten zuhause sind, bald nur noch den Lärm von Motorsägen, Baggern und die Tränen der Indianer hören? Wird es nicht gelingen, eines der letzten, unberühten Gebiete der Welt zu schonen oder aber wird der Kapitalismus dieser von den USA bis heute abhängigen Nation das letzte Wort reden?

Was bleibt zu hoffen? Das der Westen Druck macht, dass Panama nicht nur durch wunderbare Kindergeschichten und korrupte Drogenpräsidenten bekannt wird, sondern auch durch seine einzigartige Fauna und Flora, die es zu schützen gilt, dass diese dokumentiert, geschützt und bewahrt wird, damit nicht nur die Bevölkerung von Panama, sondern wir alle uns daran erfreuen dürfen. Doch dies wird wohl nur eine Hoffnung bleiben. Gelingt es den Indianern, die übrigens- so scheint es- kaum Unterstützung in der breiten Bevölkerung zu haben scheinen, dies aufzuhalten oder wird, von der Welt vergessen, bald wieder ein Paradies verschwinden? Panama ist ein Land mit langer Tradition von Militärputschen und angesichts der Freiheitsbewegungen im Maghreb bliebe die Hoffnung, dass auch hier auf dem Plaza Mayor in der Hauptstadt die gesamte Bevölkerung diesem Treiben endlich ein Ende macht.

Ende.

19.02.2011

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