Die Materie seufzt

Literatur In Esther Kinskys „Rombo“ verbinden sich Naturkunden und Erinnerung zu einem bewegenden Roman. Wer ihr preisgekröntes Werk nicht kennt, kann davon durchaus irritiert sein
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 06/2022
Im Mai und September 1976 bebte im Friaul die Erde, Tausende starben, Orte wurden zerstört, viele Menschen wanderten aus
Im Mai und September 1976 bebte im Friaul die Erde, Tausende starben, Orte wurden zerstört, viele Menschen wanderten aus

Foto: Sven Simon/Imago Images

„Bett. Teller. Treppe. Jacke. Was ist so ein Wort, wenn das Ding nicht da ist?“, fragt sich der alte Ziegengigi Jahrzehnte nach den großen Beben, die das Friaul in den 1970ern heimgesucht haben. Ja, was sind die Dinge eigentlich noch wert, wenn sie nur noch ein Luftzug zwischen den Lippen sind, ein Bild im Kopf? Und was vermag Sprache, nein Literatur, wenn es darum geht, Erinnerungen wieder greifbar zu machen? Fragen, die dem neuen Roman von Esther Kinsky zugrunde liegen.

Den Hintergrund von Rombo bilden die beiden Erdstöße, die den rauen norditalienischen Landstrich an der Grenze zu Slowenien erst im Mai und dann noch einmal im September 1976 erschütterten. Noch heute erzählt die Landschaft von diesem doppelten Schicksalsschlag, der ganze Orte zerst