Oscars für die Bühne

Theater In Kassel wurde der „Der Faust“ verliehen. Er würdigt die kleinen Theater. Der Preis für die Beste Regie ging an Helge Schmidts Dokumentararbeit „Cum-Ex-Papers“
Die Auszeichnung für das Lebenswerk an den 1934 geborenen Schauspieler, Regisseur und Theaterleiter Roberto Ciulli ist ohne jeden Zweifel
Die Auszeichnung für das Lebenswerk an den 1934 geborenen Schauspieler, Regisseur und Theaterleiter Roberto Ciulli ist ohne jeden Zweifel

Foto: imago images/Bettina Strenske

Erstmals 2006 wurde der deutsche Theaterpreis „Der Faust“ (in acht Kategorien) vom Deutschen Bühnenverein ins Leben gerufen. Wenn die Filmbranche sich mit ihren Galas immer wieder prächtig inszeniert und selbst feiert, warum nicht auch das Theater jenseits des durchritualisierten Berliner Theatertreffens der besten Zehn? Neben Auszeichnungswertem in der Premium League würdigt der Faustpreis jedoch dezidiert kleinere Theater, er stellt neben dem meistbeachteten Schauspiel das Musik- ebenso wie das Kindertheater und den Tanz gleichwertig an die Seite. Für einen Abend wenigstens werden die zum Teil erheblichen Unterschiede in Budgets, Produktionsstrukturen und Standortvorteilen wie zum Schein und zur Freude aller eingeebnet.

Der Preis für die beste Regie ging an Helge Schmidt für seine aufklärerische Dokumentartheaterarbeit Cum-Ex Papers am kleinen Hamburger Lichthof Theater. Solche Nominierungen machen den Faust immer wieder zur Überraschung. Dem steht in der Kategorie Tanz Anne Teresa de Keersmaker als internationaler Superstar für Die sechs Brandenburgischen Konzerte mit zehn Koproduktionspartnern aus fast ebenso vielen Ländern gegenüber. Im Bereich Kinder- und Jugendtheater wurde Birgit Freitag für ihre Inszenierung Für Vier am Jungen Theater Bremen ausgezeichnet, und Maja Beckmann als beste Darstellerin in der neunstündigen Großproduktion Dionysos Stadt an den Münchner Kammerspielen – laut Jury für ihre „große Verwandlungsfähigkeit“ in einem „einzigartigen Theaterrausch“. (vollständige Preisträgerliste und Jurybegründungen)

Über die Jahre hat sich der undotierte Preis gut etabliert. Die dazugehörige Gala, bei der jedes Jahr aus drei Nominierungen der Preisträger live auf der Bühne bekannt gegeben wird, wandert durchs Land und ist in der Regel bei einem größeren Theater zu Gast. Es moderieren Schauspieler, Stars der Branche, von denen eine eigene Note in der Ansprache erwartet wird. Das kann mal ins Komödiantische gehen wie vor Jahren bei Samuel Finzi und Wolfram Koch oder mehr ins Feierliche. Glamourös ist es immer. Letzten Samstag, im Staatstheater Kassel, übernahm Wiebke Puls die Führung durch den Preisreigen mit den gerade durch die Theater ziehenden Stichworten "Diversität", "Inklusion" und "Gendergerechtigkeit". Das ist löblich. Nicht wenige Zuschauer der Veranstaltung fanden aber auch, dass das Gespräch mit den Preisträgern zu kurz ausfiel.

Die Auszeichnung für das Lebenswerk an den 1934 geborenen Schauspieler, Regisseur und Theaterleiter Roberto Ciulli ist ohne jeden Zweifel: Sie gilt einem bemerkenswerten Theaterleben. 1980 gründete Ciulli (der immer noch als Schauspieler auf der Bühne steht) das Theater an der Ruhr in Mülheim – eine Unternehmung abseits der westdeutschen Stadttheater mit damals wie heute wegweisender internationaler Ausrichtung. Ciulli wurde somit auch als Autor ausgezeichnet, eine Kategorie, die beim Faust seltsamerweise fehlt.

Mehr Bühne gibt es im Kultur Plus der nächsten Ausgabe des Freitag (46/19)

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