Verlierer auf Märtyrerkurs

AfD Eine Partei hetzt und versucht, sich eine Märtyrerrolle zu verpassen

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Opfer unter sich: AfD-Demo in Berlin
Opfer unter sich: AfD-Demo in Berlin

Foto: Carsten Koall/Getty Images

Letzte Woche wollte die AfD für ihre heutige Demonstration vom Berliner Roten Rathaus zum Hauptbahnhof 10.000 Teilnehmer anmelden. Bereits diese Zahl wurde, da die Berliner Polizei die Zahl von 5.000 im Vorfeld als realistischer einschätzte, auf eben jene Zahl nach unten korrigiert. Hier der erste Rückschlag für die Partei.

Auf der Abschlusskundgebung am Berliner Hauptbahnhof fabulierten die Redner dann etwas von über 7.000 Teilnehmern, wer jedoch vor Ort war konnte sich ein Bild von der Menge machen und wird zu dem Schluss kommen, dass eher die Schätzung des Bayerischen Rundfunks zutraf: etwa 3.500 Leute. Diese Zahl hatte der Bayerische Rundfunk auf Twitter genannt. Sie dürfte wohl am treffendsten sein.

Der stellvertretende Sprecher der Partei, Albrecht Glaser, beschwerte sich in seiner Rede darüber, dass gegen die Partei und ihre Mitglieder gehetzt würde. Man sei Populismus ausgesetzt. Gleich danach jedoch ließ er es sich nicht nehmen, pauschal alle GegendemonstrantInnen als Antifa zu bezeichnen. Und die Antifa würde ja schließlich auch Mitglieder der AfD tätlich angreifen, die Autos der AfDler anzünden und deren Immobilien beschädigen. Dabei zeigte er mit dem Finger immer wieder pauschal auf die GegendemonstrantInnen.

Natürlich können brennende Autos oder beschädigte Häuser oder Fensterscheiben nicht Teil einer zivilisierten politischen Auseinandersetzung sein. Ebenso wenig wie tätliche Übergriffe. Aber ist es nicht ebenso Hetze, hunderte Leute, die friedlich gegen die AfD-Demo demonstrierten, genau mit Brandstiftern in einen Hut zu stecken? Wer hetzt hier?

Dass ausgerechnet die AfD, die immer wieder durch Hetze glänzt, sich über Hetze beschwert, ist schon eines der großen Paradoxen dieser Partei. Und ganz nebenbei: Auf der heutigen Demo waren wieder die stadtbekannten NPDler und Hooligans zu sehen. Aufrechte Demokraten? Wohl eher nicht. Aber die sind der Aufmerksamkeit der AfD-Organisatoren und Ordner wohl entgangen. Irgendwo ist man ja doch eins im Geist.

Frauke Petry, die Parteichefin, erklärte, dass die Last der derzeitigen Asylpolitik am Ende ausschließlich zu Lasten der kleinen Leute und der Mittelschicht gehen würde. Diese würden die Zeche bezahlen. Na Prima! Worüber beschwert sie sich denn? Ist es nicht die AfD, die eine radikale Marktwirtschaft predigt? Da sind es doch auch immer die kleinen Leute, die für alles geradestehen.

Ein weiteres Thema war Bundeskanzlerin Merkel, die mit ihrer derzeitigen Politik Gesetze brechen würde. Verwiesen wurde auf den Paragraphen 16a unseres Grundgesetzes. Demnach haben Personen, die über einen Staat der Europäischen Union oder einen sonstigen sicheren Drittstaat einreisen, keinen Asylanspruch. Dahingehend wurde das deutsche Asylrecht 1993 geändert.

Dass man damals im Kopf hatte, Deutschland aus der Verantwortung für Asylsuchende zu nehmen, spielt für AfD-Köpfe keine Rolle. Sie sind lieber stolz auf ein Land, dass sich vor seiner Verantwortung drückt. Und von Geographie scheinen sie nicht wirklich etwas zu verstehen: Deutschland hat nur Grenzen zu EU- oder sicheren Drittstaaten. Im Prinzip hätte das Recht auf Asylanspruch 1993 gleich komplett gestrichen werden können, es wäre das selbe gewesen. Nur: Dann wären Parteien wie die AfD ja chancenlos. Gegen wen würden sie dann verängstigte „besorgte“ Bürgerinnen und Bürger mobilisieren?

Mobilisieren. Ein gutes Stichwort. Selbst wenn die Polizeischätzungen von 5.000 Teilnehmern stimmen bleibt für die AfD noch ein Wermutstropfen: Sie musste dieses Häuflein verängstigter und besorgter BürgerInnen im ganzen Bundesgebiet zusammenkratzen. Berlin alleine hat wesentlich mehr Menschen mobilisiert, die für mehr Menschlichkeit und gegen die Hetze der AfD auf die Straße gingen. Berlin hat eindeutig gewonnen. Dafür waren die Ordner der AfD-Demo nüchtern.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Thomas Matzka

Mitglied der Piratenpartei, Querdenker, Freigeist, Autor humoristischer Kurzgeschichten

Thomas Matzka

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