Gespräche über Gespräche

Afghanistan Eine nächste Runde vertrauensbildender Maßnahmen mit Washington, Kabul und Taliban scheint bevorzustehen, was aber kein Garant für ein schnelles Ende des Krieges ist
Ausgabe 37/2018
Taliban-Kämpfer und Anwohner auf einem Panzerfahrzeug der afghanischen Armee, während der dreitägigen Waffenruhe im Juni
Taliban-Kämpfer und Anwohner auf einem Panzerfahrzeug der afghanischen Armee, während der dreitägigen Waffenruhe im Juni

Foto: Javed Tanveer/AFP/Getty Images

Nach Jahren der Funkstille haben Gespräche über Gespräche mit den Taliban erneut Konjunktur. Es geht um einen Neuanlauf, den in seiner aktuellsten Inkarnation als US-geführte NATO-Intervention seit 17 Jahren tobenden Afghanistan-Krieg auf politischem Wege zu beenden. An einer Beteiligung der Taliban führt dabei kein Weg vorbei, trotz ihrer zum Teil abstoßenden Vorgehensweise und Politikansätze.

Im Juli traf eine Abteilungsleiterin des US-Außenministeriums in Katar erstmals wieder Vertreter der Taliban, die dort ein politisches Büro unterhalten. Eine nächste Runde über vertrauensbildende Maßnahmen steht offenbar bevor – die Taliban, die seit August 2016 zwei Dozenten der American University Kabul festhalten, wollen einen Gefangenenaustausch. Usbekistan sowie, in Konkurrenz zu Washington, Russland haben weitere multilaterale Kanäle eröffnet. Kabul aber hat stets dagegen interveniert, dabei auch die Taliban einzubeziehen.

Dass die Taliban sich im Juni an einer dreitätigen Waffenruhe beteiligten, war ein Zeichen der Hoffnung. Dass sie sofort einer zweiten, gleich dreimonatigen Waffenruhe zustimmen, durfte angesichts der Komplexität der Lage nicht erwartet werden.

Taliban unter Zugzwang

Die Crux liegt in gegenseitigen Blockaden zwischen den drei Hauptbeteiligten, den USA, den Taliban und der afghanischen Regierung. Die Taliban wollen nicht mit Kabul, sondern zuerst mit Washington sprechen. Kabul verlangt, dass niemand ohne seine Beteiligung mit den Taliban redet. Washington hat diese Linie bislang unterstützt, sie aber nun verlassen. Das zeigten die Juli-Gespräche in Katar, denen seit November 2017 vertrauliche Vorgespräche vorangegangen waren. Washington sagt zwar, man bemühe sich, Kabul direkt in künftige Gespräche zu integrieren, drängt aber zunächst auf einen bilateralen Durchbruch.

Schon im Februar, beim sogenannten Kabuler Prozess, sind die USA der Hauptforderung der Taliban entgegengekommen: Sie erklärten, ein Truppenabzug könne Bestandteil künftiger Gespräche sein. Damit sind die Taliban nun unter Zugzwang. Letztlich führt an einer Beteiligung Kabuls kein Weg vorbei. Das wissen auch die Taliban. Aber selbst wenn ein Durchbruch eintritt, liegen wohl noch Jahre schwieriger Verhandlungen vor allen Seiten.

Thomas Ruttig ist Ko-Direktor der Afghanistan Analysts Networks

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