Lost in Karriere-Portalen

Daten & Qualität Arbeitssuchende haben die Qual der Wahl unter einer Fülle von Jobportalen. Dabei stellt das Überangebot kaum eine echte Hilfe dar. Ein Kommentar in Wort und Bild

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Ich arbeite hauptberuflich als selbstständiger Karikaturist und grase daher mehr oder weniger regelmäßig die gängigen Jobportale ab, einerseits um eine schwache Auftragslage auszugleichen, andererseits um auf dem Laufenden zu bleiben, wie sich der Markt entwickelt – vielleicht ist ja mal ein großes und richtig interessantes Projekt dabei. Da Projekte für Cartoonisten eher dünn gesät sind, besuche ich neben den einschlägigen Branchen-Jobportalen auch die etwas breiter aufgestellten. Das kann durchaus mal ein paar Tage dauern.

Was dabei immer wieder unangenehm auffällt und neben meiner Wenigkeit auch vielen anderen Nutzern in den einschlägigen Foren richtig auf die Nerven geht, ist die Aktualität der Inhalte und die Qualität der Kontaktpflege durch die Anbieter.

Jobsuche beim Arbeitsamt

Das wohl bekannteste Negativbeispiel für veraltete Einträge und eine unzureichende Redaktion ist das Suchportal der Arbeitsagentur. Schon zu Amtszeiten wurde das Berufsinformationszentrum (BIZ) groß angekündigt und versagte schon bald ebenso großartig.

So dominierten lange Jahre uralte Jobausschreibungen und die Angebote von Einzelhandelsketten. Wer nach Einträgen zu einem besonderen Berufsfeld oder gar nach Projekten als Freiberufler suchte, wurde stets herbe enttäuscht.

Hier kann ich gewissermaßen sowohl von der Arbeitgeberseite aus als auch als Arbeitssuchender aus dem Nähkästchen eigener Erfahrungen plaudern. Einige Jahre lang habe ich tatsächlich in unterschiedlichen Abständen das Jobportal der Arbeitsagentur besucht. Zugegebenermaßen bin ich als Karikaturist ein Sonderfall, da ist die Angebotslage dünn. Doch selbst für die weitaus allgemeinere Gruppe der Mediengestalter waren gute Angebote rar. Dagegen stand ich noch als Ansprechpartner für Personalfragen im System, gut ein Jahr nachdem ich mich längst offiziell abgemeldet hatte.

Eingebetteter MedieninhaltKarikatur: „Arbeitsamt“; Quelle: www.timoessner.de

Nun muss man der Arbeitsagentur zwei Dinge zugute halten: Erstens ist das Angebot immer nur so gut wie die Nutzer. Denn die Firmen waren nicht besonders gut darin, ihre Einträge zu pflegen oder zu aktualisieren. War ein geeigneter Bewerber gefunden, erhielten weitere Jobinteressierte oft keine Antwort mehr, während die Ausschreibung weiterhin als aktuell im BIZ-System stand.

Zweitens hat man in der Zwischenzeit auf das erste Problem reagiert und die Mitarbeiter nachgeschult. Inzwischen gibt es zumindest in den größeren Arbeitsagenturen Angestellte, die eine redaktionelle Schnittstelle für Unternehmen mit Jobangeboten darstellen sollen. Das funktioniert je nach Mitarbeiter mal schlecht, mal besser. In meinem Fall fehlte mir da deutlich das Engagement aus der Arbeitsagentur, den Kontakt mit Firmen aufrechtzuerhalten und etwa viertel- oder halbjährlich nachzufragen, ob die Ausschreibung noch aktuell ist. War der Eintrag in der Datenbank, war die Sache offenbar vergessen.

Kommerzielle Jobvermittler

Ganz ähnlich sieht es bei den bekannten Jobportalen aus. Während die Jobsuchmaschinen eine Zeit lang die Lücke füllen konnten, welche vom Arbeitsamt auf dem Arbeitsmarkt offengelassen wurde, kam spätestens mit dem inflationären Aufkommen der Anbieter wieder Chaos in den Jobmarkt.

Das liegt vor allem daran, dass Arbeitgeber infolgedessen ihre Jobausschreibungen gleich bei mehreren Portalen einstellen, um einen größeren Kreis von Interessierten zu erreichen.

Job-Netzwerke: Nur so gut wie die Pflege

Damit steigt natürlich wieder die redaktionelle Arbeit für die Pflege der Ausschreibungen.

Das ist vergleichbar mit dem Markt für Soziale Medien: Die meisten Menschen beschränken sich im Alltag auf einen oder zwei Kanäle, statt jeden Beitrag gleichermaßen bei Facebook, Twitter, Google+, Youtube, Xing und LinkedIn zu posten. Selbst für Firmen ist dies ein gewaltiger Aufwand, da sie für eine ständige Pflege der wirtschaftlich entscheidenden Präsenzen eine Arbeitskraft abstellen müssen.

Heute tummeln sich annähernd hundert Anbieter für Jobsuche im deutschsprachigen Raum, von den bekannten wie Stepstone, Monster und Jobware über eine ganze Reihe von Nebenbuhlern aus der zweiten Reihe wie Kimeta, Yourfirm oder Jobsintown bis zu speziell nach etwa Bildungsgrad ausgerichteten wie Experteer, Careerbuilder oder eUni.

Einfaches Geschäftsmodell führt zu einer Inflation der Anbieter

Für die Anbieter ist das Geschäftsmodell einfach: Die Arbeitgeber zahlen eine kleine Gebühr, die Jobsuchenden können in der Regel das Angebot kostenfrei durchforsten. Nur einige der Anbieter für höhere Einkommensgruppen (etwa Ärzte oder Ingenieure) haben das Geschäftsmodell des Exzellenz-Vermittlers übernommen und lassen sich bei einer erfolgreichen unbefristeten Einstellung mitunter einige Monatslöhne vom Arbeitnehmer auszahlen.

Der breite Markt für die Online-Arbeitssuche bleibt unübersichtlich, nicht zuletzt weil die Arbeitsagentur lieber mit ihrem BIZ ein eigenes Süppchen kocht, statt etwa mit großen und bewährten Anbietern zusammenzuarbeiten oder zumindest eine verlässliche Liste von seriösen Dienstleistern als Information anzubieten.

Arbeitsagentur sollte mit Dienstleistern kooperieren

Dabei könnten sowohl die Arbeitsagentur als auch die kommerziellen Jobvermittler wesentlich davon profitieren, wenn man eine zentrale bundesweite Datenbank für Jobangebote gemeinsam nutzt. Dies würde vor allem die Pflege der Daten wesentlich vereinfachen und dürfte sich vorteilhaft für die Aktualität der Stellenausschreibungen auswirken. Da die Unternehmen die Jobausschreibungen eh frei verfügbar herausgeben, sollte mit Blick auf den Datenschutz keine Bedenken bestehen.

Eingebetteter MedieninhaltKarikatur: „Arbeitsmarkt in Deutschland“; Quelle: www.timoessner.de

Abgerundet durch eine feste Redaktion, die einen regelmäßigen Kontakt zu Unternehmen und Arbeitssuchenden pflegt, wäre eine Kooperation der Arbeitsagenturen mit den kommerziellen Jobsuchmaschinen nicht zuletzt auch im Sinne der Arbeitssuchenden – denn allzu oft stehen Jobangebote noch als unbesetzt bei einem Anbieter, während die Vakanz in der Zwischenzeit über einen anderen Anbieter längst besetzt wurde.

Der Markt braucht Übersicht

Die Unternehmen müssen sich heute in einem übersättigten Markt behaupten und konkurrieren erbittert um Ausschreibungsplatzierungen und Marktanteile. Dabei stößt die Branche an die Grenzen der sinnvollen Innovationen. Inzwischen bietet bspw. Stepstone eine Smartphone-App mit Bewerbungsfunktion an. Diese Flucht in Trends ist für viele Firmen ein Strohhalm, nach dem sie greifen, wenn das eigene Produkt- und Serviceportfolio bereits rund ist, aber man noch einmal für etwas Rauschen im Blätterwald sorgen möchte.

Es ist fraglich, ob eine Mehrheit der Nutzer vor dem Hintergrund der Diskussion um Datensicherheit ihre persönliche Bewerbung mit allen enthaltenen Informationen in Form einer digitalen Bewerbung über ihr bekanntermaßen völlig unzureichend gesichertes Smartphone versenden möchte. Die meisten bearbeiten jede Bewerbung entsprechend der Job-Ausschreibung, möchten Anhänge hinzufügen und vielleicht noch einen letzten Schliff bei den Anlagen reinbringen. Das dürfte für die meisten Arbeitssuchenden eine Schreibtischaufgabe am großen Bildschirm bleiben, das Bewerbungsschreiben per App wird wohl ein Nischenphänomen bleiben.

Qualität kostet, die Masse kommt gratis

An der Stelle fehlt mir auch etwas die Abgrenzung zum Netzwerk Xing, welches sich teilweise auch als Jobvermittler versteht. Dem Anbieter mangelt es allerdings bereits seit Jahren deutlich an technischen Innovationen, und das Jobportal von Xing kann man komplett vergessen, sofern man nicht zufällig Ingenieur oder ein Datenbanken-Profi ist. Auch hier fehlt wieder die Manpower – eine Redaktion, die sich in Vollzeit ernsthaft darum kümmert, ihr Angebot aktuell zu halten.

Da die Kosten hierfür kaum über die Gebühren für Annoncenschalten oder Mitgliedschaften gedeckt werden, beißen alle Anbieter inklusive der Bundesarbeitsagentur lieber in den sauren Apfel und nehmen veraltete oder anderweitig überflüssige Einträge als notwendiges Übel hin.

Jobsuchende haben sich daran gewöhnt und klicken sich nur noch durch die Angebote der letzten zwei Tage, wodurch ältere, aber immer noch unbesetzte Vakanzen ins Nirwana des „nächste Seite“-Buttons verschwinden.

Im Gegenzug sind große Unternehmen, die gleich 30 Jobs für ein bundesweites Filialnetz einstellen, bei allen Anbietern sehr willkommen, da sie die Datenbank füllen. Ob der Job für den Arbeitssuchenden eine Perspektive mit festem Gehalt und Lebensqualität bietet, ist den Vermittlern herzlich egal. Im Kampf gegen die Konkurrenz wird die Quantität der Qualität vorgezogen.

Karriere-Portale von Zeitungen

Die Zeitungen nehmen mit ihrem Online-Angebot eine besondere Rolle ein. Denn in der Regel sind die Vakanzen regional begrenzt und die digitale Version enthält die gleichen Informationen wie die gedruckte Form. Man kann gewissermaßen von der klassischen Annonce mit moderner Verfügbarkeit sprechen.

Der Vorteil in puncto Aktualität liegt auf der Hand: Denn die Zeitungen verkaufen einfach Pakete aus Druckversion und Online-Präsenz, welche in der Regel zeitlich begrenzt sind. Das steigert nicht nur den Wert der Karriereportale für Jobsucher, sondern diszipliniert gleichzeitig die Unternehmen dazu, sich intensiver um ihre Ausschreibung zu kümmern. Ist die Laufzeit der Buchung ausgelaufen, muss man kostenpflichtig nachbuchen und sich also erneut konkret mit der Annonce auseinandersetzen.

Das steht im Gegensatz zu den Jobsuchmaschinen wie Stepstone oder Monster, wo einmalig eine Gebühr bezahlt wird und der Wert für ein Unternehmen mit einem langen Verbleib im Internet rechnerisch steigt: Denn Unternehmen nutzen auch gerne die Rückmeldungen auf (veraltete) Jobausschreibungen, um einen Eindruck von ihrem Marktwert unter den Bewerbern zu gewinnen. Viele Bewerber bedeutet eine interessante Marke. Dass man dabei mit den Hoffnungen junger Bewerber regelrecht spielt und diese auch durchaus mit der 200. Absage oder gar unbeantworteten Bewerbungen nachhaltig demoralisieren kann, wird von vielen Unternehmern entweder nicht gesehen oder schlichtweg ignoriert.

Inzwischen verfügen alle großen überregionalen Tages- und Wochenzeitungen wie SPIEGEL, ZEIT oder Süddeutsche über einen Stellenmarkt, wobei die jeweilige Ausrichtung zumindest ansatzweise auch die Philosophie des Hauses widerspiegelt. So führt beispielsweise der „Freitag“ seinen Stellenmarkt in Zusammenarbeit mit Jobverde, einem Anbieter für nachhaltige Berufe bzw. „grüne Jobs“.

Regionale vs. überregionale Job-Annoncen

Unterm Strich punkten bei den Job-Annoncen die regionalen durch Aktualität, kurze Wege und die Bekanntheit der „Firma von nebenan“. Die überregionalen Zeitungen leiden dagegen an dem gleichen Problem, das auch die Bundesagentur für Arbeit oder kommerzielle Jobbörsen haben: Die Pflege der Daten wird ab einem bestimmten Aufkommen ein Vollzeitjob. Dabei ist es reine Glückssache oder besser: davon abhängig, auf welchem Portal man gerade sucht, um die Ausschreibungen zu finden, die bei anderen Anbietern nicht enthalten sind.

Fazit: Zentral bündeln, dezentral vermitteln

Daher lautet der abschließende Appell an alle Firmen, die in Jobportalen Vakanzen ausschreiben: Nehmen Sie Ihre Bewerber ernst! Hinter jeder Rückmeldung auf Ihre Ausschreibung steht ein Mensch mit Hoffnungen und Ängsten – es liegt an Ihrer Personalabteilung, ob sich Bewerber in Ihrem Unternehmen willkommen fühlen oder aufgrund einer fehlenden oder mangelhaften Kommunikation in Zukunft mit Ihrer Marke nur noch Unseriösität oder Enttäuschung verbinden.

Jobportale, die Arbeitsagenturen und andere Vermittler mögen sich im Sinne der Arbeitssuchenden zusammentun und ihre Kräfte vereinen. Die Niederlande können hier als Vorbild dienen: Die Arbeitsvermittlung liegt bei unserem Nachbarn an der Nordsee komplett in privater Hand – während die zuständige zentrale Behörde weiterhin die Aufsicht und damit die Kontrolle behält. Im großen Gegensatz zu Deutschland, wo die Arbeitsagenturen und die privaten Vermittler nicht zusammenarbeiten und die Behörden Zeitarbeitsfirmen und Jobvermittler frei schalten und walten lassen, ist der Ansatz der kontrollierten Kooperation zumindest erfolgversprechend. Angesichts der aktuellen Situation auf dem Arbeitsmarkt in Deutschland gibt es kaum noch etwas zu verlieren, aber viel zu gewinnen!

Quellen:

http://www.arbeitsagentur.de/web/content/DE/BuergerinnenUndBuerger/ArbeitundBeruf/ArbeitsJobsuche/index.htm

http://www.hager.de/unternehmen-service/unternehmen/karriere/520780.htm

http://stellenmarkt.sueddeutsche.de

http://jobs.zeit.de/

https://www.freitag.de/stellenmarkt/

https://www.trainee-gefluester.de/blog/7-wichtigeassessment-center-aufgaben

http://www.euni.de

http://www.mediengestalter.info/forum/34/jobboerse-1.html

https://dasauge.de/jobs/stellenangebote/

http://www.umwelthauptstadt.de/jobverde

http://www.heise.de/newsticker/meldung/Deutschlands-beste-Jobportale-2013-1969355.html

http://www.stepstone.de/Karriere-Bewerbungstipps/services/stepstone-iphone-app.cfm

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Timo Essner

Flensburger Jung, zweisprachig aufgewachsen, dritter Sohn von Literaten.Karikaturist und freier Redakteur in diversen Publikationen on- und offline.

Timo Essner

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