Das Lied der Straße

Armut Die Zahl der Obdachlosen ist in diesem Jahr erneut gestiegen. Die Politik schaut ungerührt darüber hinweg
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 40/2015

Als Anja nicht mehr leben wollte, kamen die Drogen wie gerufen. „Ich dachte, Drogen bedeuten den Tod, also habe ich mich zugedröhnt.“ Doch der Tod wollte nicht kommen, stattdessen kam das Leben auf der Straße. Acht Jahre lang hat Anja in Hauseinfahrten geschlafen, im Park, dann mal wieder in einer Notunterkunft. „Viele glauben, dass man als Frau auf der Straße Freiwild ist“, sagt sie. Andere obdachlose Frauen seien mit Männern nach Hause oder auf ein Hotelzimmer gegangen, nur um einen Schlafplatz zu bekommen. „Das habe ich nie gemacht“, erzählt die heute 45-Jährige. Sie hat sich ihre Selbstachtung bewahrt, auch wenn die Alternativen oft nicht sehr würdevoll waren. „Im Winter habe ich auch mal im Klo einer U-Bahn-S