Preis für die Realität

Nobelpreis Die Preisträger des Wirtschaftsnobelpreis stehen fest. Ihre Forschung zeigt, dass die Ökonomie alles andere als vage und realitätsfern ist
Nah dran an der Realität: Der diesjährige Wirtschaftsnobelpreis.
Nah dran an der Realität: Der diesjährige Wirtschaftsnobelpreis.

Foto: Laurent Fievet/ afp

Die Ergebnisse erscheinen auf den ersten Blick paradox: Die Kurse von Bonds und Aktien lassen sich nicht für die nächsten Tage vorhersagen - aber sehr wohl für die nächsten Jahre. Die Königlich Schwedische Akademie der Wissenschaften in Stockholm hat die US-Ökonomen Eugene Fama, Robert Shiller und Lars Peter Hansen für genau diese Erkenntnis mit dem Wirtschaftsnobelpreis ausgezeichnet.

Damit reagiert sie auf die jüngste Finanzmarktkrise. Und sie lenkt damit den Fokus auf ein Thema, das mehr Einfluss auf die Gesellschaft hat als lange angenommen wurde. Wie nahe sein Forschungsgebiet an der Realität ist, ließ Shiller auf der anschließenden Pressekonferenz erkennen: "Das Finanzwesen steuert die moderne Gesellschaft. Das mag sich für manche Menschen seltsam anhören, es ist aber absolut wahr."

Fama und Shiller wurden schon länger als Anwärter für den Wirtschaftsnobelpreis gehandelt. Ihre Erkenntnisse gehören heute zu den Grundlagen der Behavioural Economics, der Lehre vom Verhalten der Finanzmarktakteure. Die Königlich Schwedische Akademie der Wissenschaften begründete ihre Entscheidung mit dem Einfluss, den die Erkenntnisse der Forscher haben.

Dabei vertreten sie ganz unterschiedliche Sichtweisen auf dasselbe Feld, den Aktienmarkt. Für Fama von der University of Chicago sind Finanzmärkte weitgehend effizient. Das bedeutet, der Preis einer Aktie enthalte alle wichtigen Informationen. Auf kurze Sicht könne daher niemand vorhersehen, wie sich Aktienkurse entwickeln. Shiller, Professor an der Yale University, hingegen beschreibt die Ineffizienz von Märkten. Diese hat zur Folge, dass sich auf lange Frist bestimmte Muster vorhersagen lassen.

Lars Peter Hansen ist der Statistiker unter den drei Preisträgern. "Er liefert das technische Rüstzeug für die Theorien von Fama und Shiller", sagt Hanno Beck, Professor für Verhaltensökonomie an der Hochschule Pforzheim. Er hält die Entscheidung der Akademie für eine "ausgewogene und kluge Entscheidung".

Die unterschiedliche Ausrichtung der Preisträger ist ein weiteres Zugeständnis an die Realität, sowohl der Finanzmärkte als auch in der Forschung. Denn: Ökonomie ist keine exakte Wissenschaft. Zu oft scheitern Modelle und Berechnungen an einer Welt, die zu komplex ist, als dass Ökonomen sie exakt beschreiben könnten.

Shiller beschreibt dies mit einem Vergleich: Ökonomen könnten die Makroökonomie eben nur so gut beschreiben wie Blinde einen Elefanten. Jeder habe eine ungefähre Vorstellung davon, aber wie das Tier genau aussehe, wisse keiner.

Der Wirtschaftspreis ist der letzte der Nobelpreise, die jährlich vergeben werden. Offiziell wird er nicht als Nobelpreis eingestuft, da er im Testament des Schweden Alfred Nobel nicht erwähnt wird. Er heißt deshalb "Preis der Reichsbank Schwedens für die ökonomische Wissenschaft zum Andenken an Alfred Nobel". Mit dem Preis verbunden ist ein Preisgeld von acht Millionen Kronen (rund 910.000 Euro).

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Geschrieben von

Timo Stukenberg

Kölner Journalistenschüler und VWL-Student. Lieblingsthemen: Gesundheit und Datenjournalismus.

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