Gambia versinkt im Chaos

Eingriff. Das wissen wir aus Banjul: Senegalesische Truppen marschieren ein, um die Demokratie durchzusetzen.

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Der Machtkampf um den nicht abtreten wollenden Diktator Jammeh geht weiter. Seit gestern Abend sind Truppen der westafrikanischen Wirtschatsgemeinschaft, Ecowas, zur Unterstützung aus dem benachbarten Senegal nach Gambia einmarschiert, teilte die afrikanische Nachrichtenagentur Apanews mit.

Ecowas-Truppen weit überlegen

Die Soldaten sollen in Richtung der Hauptstadt Banjul vorgedrungen sein, um den abgewählten Yahya Jammeh zur Aufgabe zu zwingen. Der am Donnerstagabend ebenfalls im Senegal vereidigte neue Staatspräsident des etwa zwei Millionen Einwohner zählenden Landes, Adama Barrow, wurde in Gambia von Tausenden als neuer Staatspräsident gefeiert. Unruhe werden erwartet in den kommenden Tagen. Nach mehr als 22 Jahren endet somit Jammehs Regentschaft - wie so oft für Diktatoren - nicht friedlich und wohl gewaltsam. Ein wenig erinnert die Szenerie an den Putsch und das Abtreten des langjährigen Herrschers Bukina Fasos, Blaise Compaoré, aus dem Jahre 2015. Dieser hatte sich samt Anhang und angehäuften Reichtum mit mehr als 27 Limousinen noch sprichwörtlich außer Landes gefahren, bevor in die Massn zu fassen bekommen hätten.

Getarnt in einem Krankenwagen außer Landes gebracht?

Wo der scheidende Staatschef Jammeh, der nur fünf Jahre kürzer regierte als Compaoré, sich derzeit aufhält, ist unklar. Einige sprechen davon, dass er sich ins Exil nach Marokko abgesetzt haben sollte. Jammeh soll sich in einem Krankenwagen außer Landes gebracht haben, heißt es. Was aber eher unwahrscheinlich ist.

Einen Konflikt zu riskieren, wäre unsinnig für Jammeh. Denn die Ecowas-Eingreifftruppe ist den gambischen Streitkräften personel und vor allem technisch weit überlegen. So soll die gambische Armee, die, laut Militärchef, bereits Jammeh die Unterstützung versagt haben, nur über knapp 1000 Soldaten verfügen. Die Ecowas- Truppen - gespeist aus nigerianischen, ghanaischen und senegalesischen Militärs mit modernen Equipement- hätten ein leichtes Spiel und würden die verbliebenden Anhänger Jammehs problemlos überlaufen und zur Aufgabe zwingen.

Zukunft sieht düster aus

Yahya Jammehs Zukunft sowie die seines Landes sieht düster aus, auch, wenn der neue Präsident, der Geschäftsmann mit dem englischen Namen Barrow, gerade mit der wirtschaftlichen Zukunft des Landes gegen Jammeh im Wahlkampf gepunktet hatte. Gambia, dessen eindrucksvolle Geografie einmalig auf der Welt ist, ist eines der ärmsten Länder der Welt. Trotz hohen Einnahmen aus Tourismus - gerade englische Touristen zieht es immer wieder in die frühere Kolonie, wenn auch immer weniger in den vergangegen Jahren.

Die Strände sind schön und sauber, die Preise immer noch günstig im Vergleich zu anderen typischen Urlaubsorten in der Region und die Menschen nett und warmherzig. Das alles lädt zum Urlaub machen freilich ein. Die Touristen sind in diesen Tagen aber zu Tausenden aus dem bitterarmen Kleinstaat ausgeflogen worden - aus Angst vor Gewalt und Übergriffen. Werden sie wiederkommen? Kann der findige und tüchtige Adama Barrow sein Land und die Wirtschaft wiederbeleben?

Tintenfisch ist Journalist bei der gößten deutschen Regionalzeitung und bereiste Gambia 2015.

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