Tanzverbot an Karfreitag

Karfreitag. Ist es zeitgemäß, dass es in Deutschland an Karfreitag ein Tanzverbot gilt?

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Die einen stört es, die anderen freut es: In vielen westlichen Kulturen gelten Tanzverbote an sogenannten stillen Feiertagen. Das sind Feiertage, die aufgrund sittlicher oder religiöser Motive, zur Ruhe und Einkehr ermahnen. Und an denen, der kapitalistische und notorisch unruhige Deutsche einmal nicht laut sein soll, sondern sich an die christliche Entstehungsgeschichte zurückerinnern soll.

Einkehr statt Tanz

Seit vielen Jahren debattiert die Öffentlichkeit in Deutschland nun über dieses althergebrachte Verbot, das Tanzen und große lautstarke Volksfeste an Karfreitag strikt verbietet – die jeweiligen Regelungen des Verbots sollen aber von Bundesland zu Bundesland variieren.

Die einen fragen, warum braucht es noch ein Tanzverbot, da gefühlt die Religiösität und die Bindung an Kirche in Deutschland abzunehmen scheint. Das beweisen auch die vielen Kirchenaustritte in den vergangenen fünf bis zehn Jahren. Und die kaum gefüllten Kirchen an Sonntagsgottesdiensten. Außerdem ist dieser Tag für viele Menschen nichts Besonderes, außer, dass sie nicht arbeiten müssen und ausspannen können. Wieso darf man dann nicht auch feiern, tanzen und laut sein an den für vielen Menschen immer weniger bedeutenden Feiertagen?

Die Antwort auf diese Frage hängt stark von der christlichen Einstellung der jeweiligen Personen ab. Wer glaubt, dass Jesus ans Kreuz genagelt wurde und für sein Volk starb, damit es erlöst wird, der würde nie auf die Idee kommen, diesen Tag lautstark zu feiern. Sondern vielmehr in Gottesdiensten Jesus erinnern, Abendmahl zelebrieren und sich in stillen Gebeten auf den eingeborenen Sohn Gottes besinnen und ihm danken und bestenfalls nacheifern. Und sie würden Ruhe walten lassen und einmal in sich gehen. Es braucht solche symbolischen Tage, an denen wir uns von unserem stressigen Alltagstrott ausklingen und endlich besinnen, warum wir wirklich leben und wem wir das zu verdanken haben. Andere Tage können den Karfreitag nie ersetzen.

Warum also nicht einmal still sein? Es gibt ja schließlich mindestens zwei weitere Feiertage, an denen der Deutsche sich freuen und laut sein kann – sowie an jedem Wochenende und in der Woche bis 22 Uhr. In den einen Feiertag kann derjenige, der gerne das Tanzbein schwingt, sogar hineintanzen. Der andere ist für Deutsche der Nationalfeiertag – da darf gejault, gegrölt und geböllert werden. Aber nicht an Karfreitag, an dem vielleicht wichtigsten Tag christlicher Kultur.

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