Wieso ein Staat einen Diktator aufnimmt

Exil. Der gambische Diktator geht ins Exil nach Äquatorialguinea, das ebenfalls eine Diktatur ist. Wieso gerade dorthin? Was sagt diese Flucht über den Zustand Afrikas aus?

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Der gambische Diktator Yahya Jammeh ist nach Wochen der Nichtanerkennung seiner überraschenden Wahlniederlage am Wochenende ins Exil nach Äquatorialguinea ausgeflogen worden. Zuvor soll er noch mehr als elf Millionen Euro von der Staatsbank erhalten haben. Sein Hab und Gut soll in einem zweiten Flugzeug nach Malabo, die Hauptstadt Äquatorialguineas, ausgeflogen worden sein. Viele in den benachbarten Senegal Geflüchtete seien mittlerweile zurück nach Gambia gekommen.

Wieso gewährt ein Land einem Ex-Diktator, der 22 Jahre sein Land mit harter Hand regierte, Exil?

Was treibt einen Diktator in eine fremde Kultur? Das anglophone Gambia ist muslimisch geprägt, Äquatorialguinea - das einzige spanisch sprechende Land Afrikas - ist nachweislich christlich geprägt. Yahya Jammeh wird zwar mit der "normalen" Bevölkerung wenig zu schaffen haben, dennoch hätte er auch ins hunderprozentig islamische Marokko fliehen können, das ebenso im Gespräch als Exildestination gewesen war.

Aber eigentlich ist sein Schritt ins Exil ins kleine, reiche und dritte Guinea(Guinea und Guinea-Bissau im Westen Afrikas) verständlich. Denn: Der Regent aus Malabo ist auch kein unbeschriebenes Blatt und scheinbar ein Vertrauter Jammehs. Teodoro Obiang Nguema Mbasogo, wurde laut Lexikon am 5. Juni 1942 in Akoakam-Esangui geboren, und ist seit 1979 der diktatorisch regierende Staatspräsident von Äquatorialguinea. Verständlich also, dass er ein Herz für scheidende, ins Exil fliehende Diktorenfreunde hat. Seilschaften und autoritäre Reputation gehen über Landesgrenzen hinaus und ihre Hauptakteure sind weltweit vernetzt. Nachrichten über den Gemütszustand der vertrauten Regide oder über Konflikte in den Heimatländern verbreiten sich wie Strohfeuer. Man hilft und schützt sich, um ja lange an der Macht zu bleiben.

Menetekel für Afrikas Zukunft?

Einen Bärendienst hat sich Mbasogo damit erwiesen, Jammeh aufzunehmen. Ein Menetekel für eine düstere Zukunft voller Repressionen? Was soll seine Bevölkerung nur denken, dass ihr Regent weiter munter Freunde aufnimmt - und die Bevölkerung zugleich in größter Not ist. Ein Signal für weitere Diktatoren ist das, was jetzt aus Malabo kommt. Die afrikanischen Despoten, oftmals vom Westen protegiert, sagen sich: Wenn es mir zu wild wird und ich um meine Macht gebracht bin, gehe ich einfach nach Äquatorialguinea ins Exil. Dort erwartet mich zwar nicht das Paradies, aber fast.

Afrika wird bald wichtig werden, oder?

Was sagt dieser Umstand zudem über die Zukunft und die weitere Entwicklung beider Staaten aus? Und, wieso interessiert die Weltgemeinschaft, die Afrikanische Union und der Afrikanische Fußballverband, der noch vor zwei Jahren in Äquatorialguinea die kontinentale Fussballmeisterschaft CAF veranstalten ließ, (allen noch so gut ausgearbeiteten Argumenten von Wichtigkeit des schwwarzen Kontinents, Millenium Goals und Eigenverantwortung und eigenen europäisch-nationalen Baustellen) nicht, was in den diktatorischen und autoritären Staaten Afrikas los ist?

Schließlich sollen in Afrika in mehr als 40 Jahren die meisten Menschen der Welt leben, die Ökonomie wird exponenziell wachsen, der Außenhandel mit afrikanischen Schwellenländern wird immer relevanter werden und Wohlstand könnte kommen - wohl aber nur für die jetzt schon besser entwickelten anglophonen Länder des Kontinents.

Was meinen Sie? Wieso findet ein Diktator wie Jammeh so leicht Exil? Wie sieht es mit der Zukunft der politischen Gesellschaft und der Gesellschaftspolitik aus? Wieso interessiert sich kaum einer dafür (bitte keine Plattitüden), was in den afrikanischen Diktaturen passiert?

Autor ist Journalist bei Deutschlands wichtigster Regionalzeitung und Gambia-Reisender.

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