Du siehst aber sauer aus! Oder nicht?

Männersache Laut einer psychologischen Studie gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern, wie Gesichtsausdrücke von Männern und Frauen interpretiert werden. Augen auf!
Ausgabe 30/2015
Ist er wütend oder einfach nur müde, der Zlatan Ibrahimovic?
Ist er wütend oder einfach nur müde, der Zlatan Ibrahimovic?

Foto: Franck Fife/AFP/Getty Images

Männern ist der Ärger ins Gesicht geschrieben. So lässt sich das Ergebnis einer psychologischen Studie aus Wien zusammenfassen. Die Wissenschaftler haben untersucht, wie Gesichtsausdrücke von Männern und Frauen im Arbeitsleben interpretiert werden – und herausgefunden, dass es deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern gibt. Nicht nur das: Auch die angebliche Position in der beruflichen Hierarchie hatte Einfluss darauf, ob die Mimik einer Person richtig gelesen wurde.

Den Versuchsteilnehmern wurden Fotos von Männern und Frauen vorgelegt, die jeweils einen bestimmten Gesichtsausdruck zeigen. Ihnen wurde zudem gesagt, welchen beruflichen Status die Porträtierten angeblich hätten – diese Angaben waren allerdings erfunden. Anschließend sollten die Probanden auf den Bildern die Ausdrücke „Überraschung“, „Freude“, „Wut“, „Angst“, „Trauer“ und „Ekel“ identifizieren. Wie zu erwarten war, wurden nicht alle Gesichtsausdrücke richtig zugeordnet. Interessant: Die Abweichungen wiesen bestimmte sich wiederholende Muster auf.

Es zeigte sich, dass bei Frauen Wut und Angst vergleichsweise oft nicht erkannt wurden; bei Männern hingegen wurde Trauer häufiger fehlinterpretiert. Emotionen wurden generell besser zugeordnet, wenn man den Probanden sagte, es handele sich um Vorgesetzte. Ausnahmen waren Wut und Ekel, die bei weiblichen Untergebenen öfter korrekt identifiziert wurden. Bei männlichen Untergebenen wurde Ekel meist als Wut missverstanden.

Die Erklärungen der Autoren sind so simpel wie einleuchtend: Menschen, die ein freudiges, angeekeltes oder wütendes Gesicht machen, verleihen nicht einfach nur ihren Emotionen Ausdruck. Sie verfolgen auch Strategien. Und das wird von den Betrachtern bereits einkalkuliert. Sie rechnen damit, dass Männer öfter konfrontativ agieren, Frauen dagegen häufiger vermittelnd. Der männlichen Strategie werden daher die Gesichtsausdrücke Wut, Ekel und Angst zugeschrieben, der weiblichen hingegen Freude und Trauer. Auch wenn es in der konkreten Situation vielleicht ganz anders ist.

Vorstellbar wäre auch, dass Frauen und Männer verschiedene Gefühle unterschiedlich stark zeigen. Die Mimik auf den Fotos könnte der Grund für die Studienergebnisse sein und nicht die Annahmen der Probanden. Dagegen spricht jedoch, dass Unterschiede auch zwischen Fotos von Personen festgestellt wurden, die zwar angeblich aus verschiedenen Hierarchieebenen kamen, dies in Wirklichkeit aber gar nicht zutraf.

Von Vorgesetzten wird erwartet, dass sie Dominanz zum Ausdruck bringen. Entsprechend werden ihre Emotionen als Freude, Wut oder Ekel gedeutet, während die Betrachter in der Mimik der Untergebenen öfter Angst oder Trauer gesehen haben. Dass die Gesichtsausdrücke der „Vorgesetzten“ insgesamt öfter korrekt interpretiert wurden, könnte daran liegen, dass viele Menschen genauer hinschauen, wenn sie meinen, eine Person einer höheren Hierarchieebene vor sich zu haben.

Letztlich trifft die Studie zwar keine eindeutige Aussage darüber, ob die Fehlinterpretationen an der Mimik der Modelle oder an den Vorannahmen der Probanden gelegen haben. Doch diese Unterscheidung wäre ohnehin schwierig. Ob die Mimik eine Emotion gut wiedergibt, lässt sich nur daran festmachen, ob die Emotion von anderen Personen erkannt wird. Somit lässt sich gar nicht exakt differenzieren zwischen Mimik und ihrer Wirkung.

Die Studie untersucht zwar nicht die Mechanismen, durch die Rollenklischees zur Wirklichkeit werden. Aber sie stellt dar, dass Klischees in der nonverbalen Kommunikation zu Missverständnis führen können.

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