Es waren einmal viele alte Männer. Zwei, drei Frauen waren auch darunter. Die alten Männer wohnten gerne in den schönsten Hotels der Welt und sahen am liebsten jungen Menschen bei edlen körperlichen Betätigungen zu. Sie waren alle nicht besonders reich, nicht besonders klug und auch nicht sehr erfolgreich. Lange überlegten sie, wie sie reichere, klügere und erfolgreichere Leute überzeugen könnten, dass die ihnen das Geld für ihre Hobbies geben. Dann hatte einer eine Idee. Immer, wenn die Erde zweimal um die Sonne gekreist ist, veranstalten wir ein großes Fest. Da schicken alle Länder ihre schönsten, stärksten, schnellsten und gewandtesten Kinder hin, damit sie die jeweils besten des ganzen Erdenrunds ermitteln. Stolz werden alle auf die Sieger sein, und auf die Heimatländer wird mehr Ruhm abfallen, als wenn sie einen klugen Herrscher, glückliche Untertanen oder eine große Armee hätten. Damit viele Länder Ruhm einheimsen können, dachten die Alten noch, müssen wir ganz viele verschiedene Wettkämpfe erfinden. Und wir, kicherte einer, sehen die Jünglinge in allen möglichen Positionen. Der Festort sollte immer ein anderer sein, legten sie fest. Jedesmal schreiben wir einen Wettbewerb unter den Städten aus und geben dann der Stadt, die uns den süffigsten Wein, die weichsten Betten und die anschmiegsamsten GefährtInnen anbietet, den Zuschlag.
Viele Jahre hatten die alten Männer großen Erfolg mit ihrer Idee. Zwei große Reiche standen sich nämlich gegenüber. Die einen dachten, sie seien die Guten, die anderen hielten sich für die Besten. Da diese beiden Reiche nicht ernsthaft gegeneinander kämpfen konnten, schickten sie ihre Vertreter aufeinander. Selbst nachdem das eine Reich unterging und das große Duell nicht mehr stattfand, verloren die Spiele nicht ihren Reiz. Immer mehr Länder gab es, die Ruhm und Ehre durch ihre Vertreter bei den Spielen erwerben wollten. Und immer mehr Athleten, die ihre Kraft dem Land, das ihnen die besten Bedingungen bot, zur Verfügung stellten. Starke Slawen hoben da Gewichte für arabische Emire, Sibiriaken kämpften für Teutonen, Teutonen ruderten für pazifische Inselreiche, schmächtige Afrikaner liefen für Wikinger, karibische Prinzessinnen für Gallier.
Vielen, die dabei sein wollen, reicht das Laufen und Springen und Werfen nicht mehr aus; sie müssen Zaubertrank zu sich nehmen, um stärker zu werden. Zaubertrank macht leider Pickel, und die mögen die alten Herren nicht so sehr. (Die haben sie selbst genug.) Wer sich also mit Pickeln erwischen lässt - oder noch schlimmer mit krankem Blut oder Urin (auch davon haben die alten Herren selbst reichlich) - der darf an den Spielen nicht mehr teilnehmen. Sie sind nur für saubere und gesunde Menschen. Also jene, denen Magier helfen, Pickel verschwinden und Blut und Urin ganz sauber aussehen zu lassen. Viele Helden wurden so gemacht, Männer und Frauen, die schnell rennen und schwimmen, weit und hoch springen, Gegenstände oder sich selbst großartig durch die Luft schleudern können.
Ein Land gab es da, das immer ganz besonders viele Heroen hatte. Früher steckten diese in der Erde und hatten Kreuze über sich. Viele Kreuze - viele Helden. Leider waren diese Helden tot. Später wurde das Land geteilt. Der eine Teil produzierte viele neue lebendige Idole. Alle vier Jahre siegten sie bei dem großen Fest. Der andere Teil hatte nicht so viele Sieger, behauptete aber, die seien besser, weil ganz ohne Zaubertrank gemacht. Die ersteren lächelten da nur - beweist es uns doch! Als beide Teile wieder zusammenkamen, fand man gar viele Becher Zaubertrank. Fortan schwor jeder hoch und heilig, keinen Zaubertrank mehr zu benutzen. Fand sich dann doch das eine oder andere Tröpfchen, waren es finstere Dämonen, die ein böses Spiel trieben. Gar traurig war man aber dann, als bei denen nächsten Spielen zwar viele Helden geboren wurden, aber nur wenig eigene. Das Land versank in Schmerz und Verzweiflung. Trauer führte die Federkiele der Schreiber auf den Pfad der Häme. Nur ein paar Heroen fuhren wieselflink mit einem Fahrrad, allein, zu dritt, zu viert, einer konnte ganz gut laufen, einer passabel schwimmen, und einer vermochte sogar alles auf einmal. Gewitzt geworden, sagte man da wieder, dass die eigenen Helden die wenigen ohne Fehl und Trank seien. Fürs nächste Mal versprach man jedoch wieder mehr. Aber saubere, mahnten noch schnell die alten Herren. Die konnten sich jedenfalls über ihre schöne Feier freuen. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann träumen sie heute in ihren weichen Betten von einem Berg, auf dessen Gipfel noch viel ältere und mächtigere Männer einstmals gewohnt haben sollen. An dessen Fuße wollen sie in vier Jahren wieder schönen Menschen zuschauen.
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