Rosa

Sportplatz Kolumne

Ganz im Zeichen der Deutschen stand die erste Woche des Giro d´Italia. Einer, mit einem Namen versehen, den die Italiener mit am besten kennen - nach Schulz, den Berlusconi mit seinem Auftritt in Brüssel bis in den letzten Schafstall mit TV-Anschluss getragen hat - brachte das rosa Trikot des Führenden von Belgien nach Italien. Er ist dafür gefeiert worden, vor allem, als das Peloton an der Rennstrecke von Spa vorbeifuhr. Er ist noch einmal gefeiert worden, als das Feld durch Imola raste. Da war der Profi vom Team Gerolsteiner aus Gerolstein allerdings schon nicht mehr in rosa gekleidet, er: Schumacher, Stefan. Allein wegen seines Namens, der auf Erfolge in rot verweist, lag ihm halb Italien zu Füßen. Erst recht, als er drei Tage im rosa Trikot fuhr.

Die Woche der Deutschen wurde fortgesetzt durch ein fulminantes Mannschaftszeitfahren von T-Mobile. Nur um eine Sekunde wurde das Team von CSC geschlagen. Die Männer in Magenta wurden ganz nach vorn gespült. Sergej Gontschar holte sich das rosa Trikot, Dritter der Gesamtwertung wurde Teamkollege Michael Rogers, Vierter der Lausitzer Olaf Pollack, der sich tags darauf mit einem Sprintsieg in rosa fuhr. Ein Tableau zum Ausschneiden für jeden, der es mit den Bonnern gut meint. Mit vorn dabei auch noch der gebürtige Mecklenburger Jens Voigt. Erst war er Zweiter hinter Gontschar, dann Dritter hinter Pollack und Gontschar. Auf der folgenden Mittelgebirgsetappe nach Saltara hätte schließlich die Stunde des Fluchtspezialisten von CSC schlagen können. Die Farbe rosa war für ihn, der ja bereits das Gelb der Tour de France besitzt, gebucht. Voigt meinte vorher: "Das ist eine Etappe wie für mich gemacht. Aber ich werde mich schön zurückhalten. Denn das hier ist die Ivan Basso-Show, nicht ›Jens Voigt geht das Trikot holen‹". Diszipliniert verweist er auf den großen Plan von CSC, Giro und Tour gewinnen zu wollen. Dem ordnet Voigt, der eigentlich Fahrrad fährt, um jenen "köstlichen Moment" auskosten zu können, "in dem du allein in das Anbrausen der Zuschauer fährst, dich wie in einem Tunnel befindest und wie wild Glückshormone ausgeschüttet werden", seine eigenen Ambitionen unter. "Ich kann das. Mittlerweile." Weil auch Jan Ullrich andere Ambitionen als ein erfolgreiches individuelles Auftreten beim Giro hat, erfährt die Woche der Deutschen keine Fortsetzung. Selbst ein Zeitfahren wie vom anderen Stern brächte den T-Mobile-Kapitän nicht nach vorn; bereits auf der ersten Mittelgebirgsankunft ließ er mal schnell eine Viertelstunde liegen, damit niemand auf die Idee käme, ihn bei seiner tatsächlich ansteigenden Form für einen Siegaspiranten zu halten.

Der Giro gehört nun wieder den Italienern. Einem Danilo di Luca etwa, der sich in einem Winter vom Klassikerspezialisten zum Rundfahrtkönner umbaute und dafür den "Homo Faber"-Preis verdiente. Einem Gilberti Simoni. Der Altmeister (Sieger 2001 und 2003) hat mit dem Rad schon mal den Anstieg zum Kronplatz bewältigt, bevor die Giro-Organisation auf 2.200 Metern Höhe die letzten acht Kilometer Straße anlegen ließ. Es handelte sich um eine Erstbesteigung mit dem Velo. Gewöhnlich tummeln sich dort nur Skifahrer. Simoni spekuliert darauf, hier viele Minuten zu gewinnen.

Der Giro steht dann auch im Zeichen eines Damiano Cunego. Der Jungspund und Sieger von 2004 blies schon einmal eifrig zur Attacke und sprengte kurz das Favoritenfeld. Di Luca kam an seine Grenzen, Simoni ließ Federn, Titelverteidiger Paolo Savoldelli erwischte eine Schwächephase. Nur Ivan Basso hielt stand und enteilte Cunego. Er scheint der stärkste Mann im Feld. Und das ist es, worauf es im Radsport ankommt. "Auch 50 Domestiken können dich nicht zum Rundfahrtsieg bringen. Du selbst musst zu einem bestimmten Moment des Rennens der stärkste Fahrer sein", ist Jens Voigt überzeugt. Er setzt auf seinen Kapitän, weiß aber auch, dass die Geschichte vom Sieger geschrieben wird: "Wenn wir Giro und Tour gewinnen, sagen alle: schau mal, die CSCer, die sind aber schlau. Doppelstrategie ist angesagt. Wenn wir zweimal was auf den Latz kriegen, heißt es: Oh, sind die doof bei CSC, Doppelstrategie, na so was Blödes, kein Mensch macht das." So ist zumindest eines klar: Selbst wenn sie weder Giro noch Tour gewinnen, die Deutschen, so haben sie doch wenigstens auf alle Fälle Recht.


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