Sie sollten das hier wie einen Beipackzettel lesen. Der Konsum von Zeitungen kann gefährlich sein. Oder um es mit den Worten eines jener Beobachter zu sagen, die jetzt warnend auf das Problem aufmerksam machen: „Der linksliberale Journalismus verliert gerade etwas die Kontrolle über sich selbst.“ Woran man das merkt? Zum Beispiel daran, dass die „Journalisten so grünenjeck sind“. Oder, noch ein schlimmer Fall: Hat die Tagesschau auf der Wetterkarte die Farbe für die Hitzeregionen verändert, „um die Angst der Bürger vor Klimawandel noch zu verschärfen“? Dunkleres Rot! Zum Glück wird der linksversifften Presse jetzt auf die Finger geschaut.
Vor ein paar Jahren traten Klagen über die Lügenmedien vor allem als Ausdünstungen von Pediga-Aufmärschen und als Marschmusik der AfD-Rechtsradikalisierung auf. Wer ein Herz und ein bisschen Hirn hatte, sah damals schon den Rand des Abgrunds. Heute sind wir einen Schritt weiter. Es werden sicher bald wieder Statistiken herumgereicht, laut denen ach so viele Journalisten den Grünen zuneigen, weshalb zu freundlich über Robert Habeck geschrieben werde, was umgehend die Zustimmung zu der Partei anwachsen lasse. Für wie einflussreich sich doch Medienleute halten können! Wenn Klage über die „linke Meinungsvorherrschaft“ geführt wird, kommt meist eine Studie zur Sprache, die das Bild von den „grünenjecken“ Medien wissenschaftlich untermauern soll. In Wahrheit lassen sich die Zahlen nicht zu einer solchen Begründung umbiegen. Und wer aufmerksam Zeitung liest, wird sich ohnehin fragen, wo denn all das linksgrüne Teufelszeug veröffentlicht wird.
Spannender wird es, wenn man die Blickrichtung ändert. Journalistinnen und Journalisten sind abhängig Beschäftigte, viele verdienen nicht einmal überdurchschnittlich. Sie sind vom Klimawandel betroffen wie alle anderen auch. Und trotzdem sind die Zeitungen voll von kapitalistischer Bauchrednerei, von Beschönigungen einer Produktionsweise, die die Grundlagen ihres eigenen Reichtums untergräbt, von Standortgelaber, Wettbewerbsideologie und sozialpolitischer Hochnäsigkeit. Ist das nicht der wahre Kontrollverlust? Man will ja nicht gleich mit den „objektiven Interessen“ von Gehaltsschreibern kommen, um den auffälligeren Widerspruch zu sehen: bei Leuten, die die Anliegen von anderen wider besserer Erkenntnis, umfangreicher Literatur und Alltagsverstand für ihre eigenen halten, und dann auch so schreiben. Zum Glück, und damit endet dieser Beipackzettel, sind nicht „die Medien“ so. Weder die einen, noch die anderen.
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