Im vergangenen Sommer berichtete der Stern von zwei Großspenden, die der Milliardär August von Finck den Liberalen hatte zukommen lassen. Das war kurz vor der Bundestagswahl. Inzwischen hat der Spiegel herausgefunden, dass sich die Zuwendungen des Barons, der unter anderem Hotels betreibt, von Herbst 2008 bis Herbst 2009 auf 1,1 Millionen Euro belaufen haben. Schon sechs Tage vor der bayerischen Landtagswahl im September 2008 konnte die CSU zwei Großspenden verbuchen - vom selben Auftraggeber, wie die Süddeutsche recherchierte. Beide Parteien haben sich in den schwarz-gelben Koalitionsverhandlungen für die Absenkung des Mehrwertsteuersatzes auf Hotelübernachtungen von 19 auf 7 Prozent stark gemacht. Ein Steuergeschenk, das auf verbreitete Kritik selbst in Regi
;ddeutsche recherchierte. Beide Parteien haben sich in den schwarz-gelben Koalitionsverhandlungen für die Absenkung des Mehrwertsteuersatzes auf Hotelübernachtungen von 19 auf 7 Prozent stark gemacht. Ein Steuergeschenk, das auf verbreitete Kritik selbst in Regierungskreisen stieß.Dass nun ein kleiner Lobbyismus-Skandal daraus wird, kann man nur begrüßen. Viel zu selten wird über die Geldgeschenke von Großkonzernen und Banken an Parteien diskutiert - immerhin berühren die Finanzströme zwischen Privatwirtschaft und Politik ein paar demokratische Grundfragen. „Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit“, heißt es in der Verfassung - und dort ist nicht umsonst aufgeführt, dass sie über „Herkunft und Verwendung ihrer Mittel“ öffentlich Rechenschaft ablegen müssen. Die geforderte Transparenz soll zumindest erschweren, dass sich das Kapital genehme Entscheidungen direkt einkauft.In der Praxis funktioniert diese Schranke offenbar nicht sehr gut. Unlängst bemängelte die OSZE die Transparenz als undurchsichtig und zu langsam: Firmenspenden würden oft erst nach Monaten publik. Nicht selten verschleiern die angegebenen Unternehmensnamen die Herkunft der Gelder wie im Fall Finck, der die Spenden über die weitgehend unbekannte Substantia AG fließen ließ. Auch die Staatengruppe gegen Korruption des Europarates GRECO forderte die Bundesrepublik unlängst auf, „die zunehmende Praxis des Sponsoring erneut“ zu überprüfen. „Relevante finanzielle Information“ über die Parteien stünden „der breiten Öffentlichkeit nur nach beträchtlichen Verzögerungen von bis zu zwei Jahren zur Verfügung“.Im Fall von Spenden über 10.000 Euro nämlich erst mit den Rechenschaftsberichten der Parteien. Großspenden über 50.000 Euro müssen zwar sofort beim Bundestag angezeigt und dort veröffentlicht werden. Aber auch das führt nur in seltenen Fällen zu öffentlicher Aufmerksamkeit. Im August 2009, also kurz vor der Bundestagswahl, strichen CDU, CSU, SPD, FDP und Grüne erhebliche Beträge von der Allianz ein. Und das ist nur ein Beispiel.Vor allem von Finanzunternehmen fließt Geld auf Parteikonten - mehr als zehn Millionen Euro allein zwischen 1998 und 2006, wie die Linke errechnet hat. Gleich danach rangieren die Wirtschaftsverbände. Plusminus berichtete im Oktober: „Fast 3,5 Millionen Euro gab es 2009 für die Union von Unternehmen und reichen Persönlichkeiten. Über 1,3 Million Euro konnte die FDP an Großspenden für sich verbuchen. Die SPD musste sich dagegen mit einem guten Drittel dieser Summe – gut 460.000 Euro – begnügen. Die Grünen erhielten gerade mal 60.001 Euro und die Linke ging vollständig leer aus.“Nun ist direkte Korruption hierzulande wohl gar nicht einmal unbedingt nötig. Dem Kapital, könnte man mit einem altlinken Spruch sagen, kann es weitgehend egal sein, wer unter ihm regiert. Und wenn die Politik andere Anstalten macht, bekommt sie das schnell zu spüren. Dennoch wird selbstverständlich versucht, sich mit Geld Einfluss zu erkaufen. Zum Beispiel zur Durchsetzung von Einzelinteressen wie dem Mehrwertsteuersatzes auf Hotelübernachtungen, den andere Wirtschaftsfraktionen schon deshalb ablehnen, weil er die Möglichkeiten begrenzt, dass auch sie mit einem Klientelgeschenk bedacht werden. Oder zur Durchsetzung der Teilprivatisierung der Rente.Schon lange plädieren deshalb Parteienforscher wie Hans Herbert von Arnim oder der Potsdamer Politikwissenschaftler Michael Koß eine Begrenzung von Großspenden. Der Fall Finck hat diese Forderung nun wieder auf die Tagesordnung gesetzt. SPD-Vizefraktionschef Joachim Poß warf der FDP jetzt vor, „Politik für bestimmte Wählergruppen“ zu machen, „um deren Spenden abzugreifen“. Nötig sei eine umfassende Debatte über die Parteienfinanzierung und eine Begrenzung der Höhe von Wirtschaftsspenden.Warum aber nicht gleich deren Verbot? Das würde nicht nur eine bestimmte Form des Lobbyismus wenigstens erschweren, es würde auch eine gewisse Chancengleichheit unter den Parteien wieder herstellen. Auch sonst spricht nichts dagegen: Wenn Bankenvertreter erklären, mit den Spenden würden sie „einen Beitrag zur politischen Willensbildung“ leisten beziehungsweise ihr „gesellschaftliches Engagement“ zeigen, wird man sie getrost auf Alternativen verweisen dürfen. Für die Finanzierung der Parteien, die in deren Genuss kommen, spielen die Großspenden gar nicht einmal eine so große Rolle - Mitgliedsbeiträge und die staatliche Finanzierung sind weitaus wichtiger. 2007 etwa lag der Anteil der Unternehmensspenden an den Gesamteinnahmen bei CDU, FDP und SPD zwischen einem und sechs Prozent.Und wo die Öffentlichkeit schon einmal dabei ist, über „Fehlentwicklungen“ (Volker Beck von den Grünen) bei der Finanzierung von politischen Akteuren nachzudenken, sollten gleich auch die Abgeordneten mit in den Blick genommen werden.Auch dazu hatte nämlich die Staatengruppe gegen Korruption in ihrem Bericht etwas zu sagen: „Besonderen Anlass zur Sorge gibt die Tatsache, dass bestimmte Gruppen von Personen unter eingeschränkte Bestimmungen zur Bekämpfung der Korruption fallen. Dies könnte in der breiten Öffentlichkeit den Eindruck hervorrufen, dass Teile der deutschen Gesellschaft nicht denselben Rechtsregeln wie der Rest der Bevölkerung unterliegen“. Gemeint waren unter anderem die deutschen Parlamentarier.