Bei Abriss Aufstand: Neue Proteste gegen Milliardengrab Stuttgart 21

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Man muss den Stuttgarter Hauptbahnhof nicht schön finden, um gegen seinen Abriss zu sein. Der „Nabel Schwabens“, als welcher das Steinmonster mit dem Turm ab 1914 gebaut wurde, steht heute vor allem für eins: das symbolische Bollwerk gegen ein verkehrspolitisch und finanziell abenteuerliches Vorhaben des Bahnkonzerns und der Bau-Branche (hier Infos über das S21-Kartell). Am Freitagabend hat unter Polizeischutz die Aufstellung einer Sperranlage begonnen, um den geplanten Abriss des alten Bahnhofs zu sichern. Es kam zu spontanen Straßenblockaden. Erst zu Wochenbeginn hatten Kritiker von Stuttgart 21 den Nordflügel besetzt, bei der Räumung durch die Polizei waren 50 Menschen vorläufig festgenommen worden.

Proteste am Bauzaun






Die örtliche Springerpresse, die den in Stadt und Umland breit verankerten Protest bislang vergleichsweise zurückhaltend beobachtet hatte, zürnte: „S21-Gegner, jetzt seid Ihr zu weit gegangen!“ Dass ein Stadtrat der Linken „mit von der Partie gewesen ist, gibt zu denken“, warnte ein örtlicher CDU-Mann. Die Partei ist Teil des Netzwerks aus Initiativen (etwa hier und hier und hier), die sich gegen das Milliardenprojekt wenden - und gute Gründe dafür haben. Nicht nur, dass Bäume gefällt werden. Der Bau ist überflüssig und falsch, wie eine bisher geheime Studie zeigt, die dem Bahnvorhaben ein „vernichtenden Zeugnis“ ausstellt. Auch sind abermals die Kosten nach oben korrigiert worden - auf über acht Milliarden Euro. BUND, Grüne und Linke sowie örtliche Bündnisse fordern einen Ausstieg aus dem Projekt, mindestens aber ein Bau-Moratorium.

Milliardengrab Stuttgart 21: Bericht von Frontal 21






Derweil wollen Bahn und Unternehmen mit Zaunbau und Abriss Fakten schaffen. „Bei Abriss Aufstand“, heißt es nun bei den Gegnern. Ihr Aktionskonsens: „Stuttgart 21 steht dem Willen und dem Interesse der Bevölkerung entgegen. Deshalb sehen wir uns in der Pflicht, alle gewaltfreien Mittel zu nutzen, um dieses Projekt zu stoppen. Gesetze und Vorschriften, die nur den reibungslosen Projektablauf schützen, werden wir nicht beachten. Durch Einschüchterungsversuche, mögliche Demonstrationsverbote und juristische Verfolgungen lassen wir uns nicht abschrecken. Bei unseren Aktionen des Zivilen Ungehorsams sind wir gewaltfrei und achten auf die Verhältnismäßigkeit der Mittel.“ Aktuelle Infos und Termine, etwa zu einer spontanen Demo am Samstagmittag am Nordflügel, gibt es via Twitter.

Schwabenstreich: 60 Sekunden Unmut






Bei dem vom Stuttgarter Schauspieler Walter Sittler und dem Staatstheaterregisseur Volker Lösch initiierten "Schwabenstreich" haben in dieser Woche erstmals Hunderte auf dem Marktplatz gegen das umstrittene Milliardenprojekt protestiert: 60 Sekunden lang und lautstark und jeden Tag, "so lange, bis Stuttgart 21 in seiner jetzigen Form gescheitert ist".

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Tom Strohschneider

vom "Blauen" zum "Roten" geworden

Avatar

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden