Beim dritten Versuch: Lucy Redler in der Linkspartei

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Drei Versuche, zwei Jahre – für Lucy Redler war es ein weiter Weg in
die Linke. Mehrfach hatten die heute 31-Jährige und ihre Mitstreiter aus der Bundesleitung der Sozialistischen Alternative (SAV) in der Vergangenheit bereits versucht, in die Partei einzutreten (etwa hier und hier). Doch gewichtige Männer aus alten WASG-Tagen hatten der Berliner Rebellin die Konkurrenzkandidatur von 2006 nicht verziehen. Schiedskommissionen der fusionierten Partei wurden bemüht, Linke verschiedener Strömungen und Landesverbände warben für ihre Mitgliedschaft (etwa hier und hier). Und doch wurde die Angelegenheit zur Hängepartie, die erst jetzt ein Ende fand: Redler sowie Sascha Stanicic und Holger Dröge sind in den Bezirksverband Berlin-Neukölln aufgenommen worden.

Dort will sich das Trio nun in die laufende Programmdebatte einschalten und „den Flügel in der Partei stärken, der sich gegen Regierungsbeteiligungen mit SPD und Grünen wendet“. Mehr noch: Wer den Programmentwurf ernst nehme, heißt es in einer Presseerklärung der drei, müsse die Koalitionen in Potsdam und Berlin beenden. Eine ausführlichere Stellungnahme der Sozialistischen Alternative zur Linken-Mitgliedschaft ihrer Bundesleitung findet sich auf der SAV-Homepage. “Die Erfahrungen in den Regierungsbeteiligungen in Berlin und Brandenburg zeigen”, heißt es da unter anderem, “dass dadurch nicht die SPD nach links gerückt ist, sondern die Linke sich dem Sozialabbau der SPD angepasst hat.” Als Reaktion auf die öffentliche Auseinandersetzung um die Bezüge von Linkenchef Klaus Ernst wird außerdem gefordert, “die Mandatsbezüge auf einen Lohn in Höhe eines durchschnittlichen Tariflohns zu begrenzen”.

Linkenchefin Gesine Lötzsch geht laut Spiegel online nun „davon aus, dass Lucy Redler sich in der Linken für die Ziele der Linken einsetzt.“ Und die Berliner Landeslinke erklärte, da die SAV mittlerweile entschieden habe, nicht mehr bei Wahlen gegen die Linkspartei anzutreten, bestünden auch keine Gründe mehr, die einen Widerspruch gegen eine Aufnahme rechtfertigen. Man nehme es „mit Befriedigung“ zur Kenntnis, so Landessprecher Thomas Barthel, dass sich Redler entscheiden habe, nun „mit der Linken zu kämpfen und nicht gegen sie“.

Doch wo beginnt "mit uns" und wo fängt "gegen uns" an? Was die Frage der konkurrierenden Kandidaturen bei Wahlen angeht, wird man einer Partei zugestehen können, eine rote Linie zu ziehen. Aber ging es bei der Aufnahme-Debatte in Sachen Lucy Redler wirklich darum? Die Einsprüche gegen die Aufnahme der SAVler waren teils anders begründet, ihnen wurde vorgehalten, gegen die programmatische Basis der Linken zu verstoßen und Parteitagsbeschlüsse nicht zu respektieren. Und das ist eine ganz andere Geschichte. Man muss mit der Selbstbeschreibung der SAV als „kritische Marxisten“ und „kämpferische Sozialisten“ nicht übereinstimmen. Man kann deren Politikverständnis sogar für falsch halten. Oder genervt sein von der Nörgelei an Regierungsbeteiligungen und Reformorientierung. Aber die Linke, ohnehin mehr Sammlungsbewegung als Partei, wird das aushalten müssen. Und sie tut es ja an vielen Stellen, ohne dass daraus Mediengeschichten werden. Beziehungsweise jemand die Mitgliedschaftsberechtigung in Frage stellt. Wäre es anders, gebe es wohl bald zwei, drei, viele Linksparteien.

Bremens Linkensprecher Christoph Spehr hat seinerzeit in einem Brief an die Bundesschiedskommission der Partei vom Spannungsverhältnis „zwischen Selbständigkeit von Landesverbänden und zentralen Beschlüssen bzw. zwischen persönlicher Meinungsfreiheit und gemeinsamer Verbindlichkeit“ gesprochen. Sein Schreiben endete mit der Aufforderung: „Gebt Gedankenfreiheit. Und weil wir Sozialisten sind, reicht uns das Denken nicht aus, man muss auch frei reden und ungehorsam handeln dürfen.“ Lucy Redler wird davon Gebrauch machen. Das wird manchen in der Linken nicht gefallen. Aber es muss der Partei auch nicht schaden.

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Geschrieben von

Tom Strohschneider

vom "Blauen" zum "Roten" geworden

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